[813] Noten (v. lat. nota, »Zeichen«; hierzu Tafel »Entwickelung der Notenschrift«), in der Musik die Zeichen der Tonschrift, die zweierlei auszudrücken haben: die Tonhöhe und die Dauer des Tones. Steigen und Fallen des Tones wird in unsrer heutigen Notenschrift (s. unten) ausgedrückt durch höher und tiefer gestellte Punkte (Notenköpfe), deren Abstände durch Linien und Hilfslinien geregeltsind; die absolute Tonhöhenbedeutung bestimmen die Schlüssel, in die Linien eingezeichnete Buchstaben (F, C und g, s. Buchstabentonschrift und Schlüssel). Jeder Ton der diatonischen Grundskala (C D E F G A H) hat noch heute einen Buchstabennamen wie in alter Zeit, und wenn auch bei den romanischen Völkern die Benennung der Töne mit den Solmisationssilben Ut (Do), Re, Mi, Fa, Sol, La und Si die Buchstabennamen verdrängt hat, so ist doch auch bei ihnen in den Schlüsseln ein Rest der Buchstabentonschrift erhalten. Weitere Abstufungen der Ton hohe werden durch ♯, ♭, x, ♭♭ bei diesen N. gewonnen (s. Versetzungszeichen, Erhöhung, Erniedrigung). Die rhythmischen Wertzeichen (Tondauerzeichen) sind jetzt: die Brevis (Doppeltaktnote), Semibrevis (ganze Takt note), die halbe das Viertel , Achtel (zu mehreren mit gemeinsamen. Balken ), Sechzehntel (), Zweiunddreißigstel (), Vierundsechzigstel () und Hundertachtundzwanzigstel (); jede von diesen gilt zwei der nächstkleinern Art, selten deren drei (in welchem Falle den drei zur Einheit zusammengehörigen kleinern eine 3 beigeschrieben wird): = (Triole; ähnlich auch Quintole etc.). Ein Punkt bei der Note verlängert deren Geltung um die Hälfte: = 3 = 3 etc.
Der leichtern Übersicht der rhythmischen Verhältnisse der Töne dienen die Taktstriche sowie die Taktvorzeichnung (s. d.); die absolute Dauer der Töne wird durch Metronombestimmungen (s. Metronom) oder durch Tempobezeichnung in Worten (s. Tempo) gegeben. Eine Reihe andrer Bezeichnungen durch Worte und Zeichen (< >, ⋀, ..., ^ etc.) bestimmt weitere Nuancen des Vortrags (s. Vortragszeichen).
Ein Überrest der alten Neumenschrift sind die Zeichen der Verzierungen (s. d.). Die gleichnamigen Töne der verschiedenen Regionen des Gesamttongebietes werden durch Spezialbenennungen der einzelnen Oktaven (große, kleine etc.) unterschieden, wie aus der folgenden Übersicht zu ersehen ist.
[Etnwickelung der Notenschrift.] Die Versuche, das flüchtige Element des Tones in feste Schriftzeichen zu bannen und die Erzeugnisse der musikalischen Phantasie ebenso der Nachwelt aufzubewahren wie die der dichterischen, reichen bis ins fernste Altertum zurück, finden sich aber ausnahmslos nur bei Kulturvölkern, die bereits eine ausgebildete Schriftsprache besitzen (Griechen, Inder, Chinesen), und zwar bedienen[813] sich diese ältesten Versuche der Buchstaben oder Zahlen und gehen bei der Bezeichnung der Töne von der Lage derselben auf den musikalischen Instrumenten aus, die Note ist also zunächst Griffzeichen. Die letzten derartigen Notenschriften, die nur den Ort der einzelnen Töne durch verabredete Zeichen abgeben, reichen in den Tabulaturen für Laute (Gitarre, Mandoline) bis an unsre Zeit heran. Erst im frühen Mittelalter (für die kirchlichen Gesänge) kam man darauf, das Tonbild selbst, d.h. den sinnlichen Eindruck des Verlaufs einer Melodie, durch Zeichen nachzubilden (Neumenschrift, s. Neumen 2). Die Buchstabentonschriften und Ziffernnotierungen forderten jeden einzelnen Ton mit großer Bestimmtheit, entbehrten aber durchaus der sinnlichen Anschaulichkeit; die Neumenschrift war nur anschaulich, sofern sie das Hörbare durch ein Sichtbares ersetzte, entbehrte aber der Bestimmtheit. Eine allen Forderungen genügende, zugleich anschauliche und scharf bestimmte Notenschrift erwuchs daher aus der Verschmelzung beider (um das Jahr 1000, vgl. Musik, S. 307); ihr letzter Ausbau besonders bezüglich der scharfen Bestimmung des dem melodischen gleichwertigen rhythmischen Elements erforderte noch die Geistesarbeit von Jahrhunderten, darf aber mit der Einfügung des Taktstriches (im 16. Jahrh.) als abgeschlossen gelten, da die noch weiter folgenden Veränderungen der Notenschrift teils nur praktische Vereinfachungen, teilweise nur Umgestaltungen der Form, nicht des Wesens derselben, und Ausführungen im Detail sind. Bezüglich der Notenschrift der Griechen verweisen wir auf den Artikel »Griechische Musik«; über die verschiedenartige Verwendung der lateinischen Buchstaben seit dem 9. Jahrh. ist unter »Buchstabentonschrift« das Nötige gesagt; die auf beifolgender Tafel gegebenen Beispiele sollen verschiedene Phasen in der Umgestaltung der Neumenschrift zu unsrer heutigen Notenschrift in der einfachsten Weise zur Anschauung bringen. Vgl. übrigens Riemann, Studien zur Geschichte der Notenschrift (Leipz. 1878) und Notenschrift und Notendruck (das. 1896); M. Lussy und E. David, Histoire de la notation musicale (Par. 1882); Gasperini, Storia della semiografia musicale (Mail. 1904). Die zahlreichen Vorschläge neuer Notenschriften beruhen fast ausnahmslos auf Verkennung der enormen Anschaulichkeit der gegenwärtigen Notenschrift. So ist die der Ersetzung der N. durch Ziffern (Rousseau, Natorp) nur eine Wiederaufnahme älterer unvollkommener Notierungsweisen. Auch die Bestrebungen, an die Stelle der diatonischen Grundskala und ihrer chromatischen Veränderungen die chromatische Skala (mit Identifikation der tz- und a-Töne) zu setzen (Vincent) oder gar entsprechend den Ober- und Untertasten der Klaviere schwarze und weiße N. zu gebrauchen (v. Heeringen), sind ganz verfehlt, weil sie statt einer Vereinfachung eine Verdunkelung der Tonverhältnisse bedeuten. Alle derartigen Versuche verschwinden daher nach kurzer Zeit wieder. Über die Notenschrift für Blinde s. unten.
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