Entern

[778] Entern (Seew.), ein feindliches Schiff ansegeln u. dann mit Haken u. Enterdregen an sich ziehen, um es zu ersteigen. Die Römer brauchten den Corvus (s.d.) dazu, vgl. Manus ferrea. In früherer Zeit war dieser Act gewöhnlich der Beschluß eines Seegefechtes; jetzt macht die Bestückung der Schiffe mit schwerem Kaliber diese Art von Angriff beinahe unmöglich; bei Schiffen mit Auxiliarkraft od. Dampfern kann er gar nicht angewendet werden od. nur sehr schwer, so lange beide Schiffe noch im Besitze des Gebrauches ihrer Maschinen sind, wenigstens ist dieser Fall in der neueren Geschichte der Seekriege noch nicht vorgekommen. Am häufigsten kommt das E. bei Seeräubern gegen Kauffahrer vor. Auch wenn man ein Kriegsschiff mit Booten angreift, wo dann die Bemannung der Boote das Schiff erklettern muß, nennt man diesen Angriff entern. Ein Schiff geschickt zu entern, od. das E. zu verhüten, gehört zu den schwierigsten Manövern der Seetaktik; die letzten Fälle dieses Angriffes kamen bei Trafalgar (1805) vor, wo man trotz des Kanonenfeuers noch die alte Methode beibehielt, welche beiden Parteien viele Menschenleben kostete. Schiffe vor Anker kann man auf diese Art überrumpeln, indem man sich auf ihre Kette legt u. über den Bug entert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 778.
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