Graal

[519] Graal (Gral, entstanden aus dem altfranzösischen, ursprünglich wohl aber celtischen Worte gréal, welches im Provenzalischen grazal, im Mittellatein gradalis lautet), bedeutet ursprünglich ein schüsselartiges Gesäß. Berühmt in der Poesie des Mittelalters ist der heilige Gral (altfranzösisch San gréal), ein Gefäß, welches aus einem einzigen Edelstein besteht u. mit wunderbaren Kräften ausgestattet ist. Es wurde aus dem Himmel durch Engel auf die Erde gebracht u. erst durch diese, dann durch eine unter einem Könige stehende Gesellschaft auserwählter Ritter (Tempeleisen) in einem Tempel auf dem unzugänglichen Berge Montsalvage bewacht. Die Sage entwickelte sich im Anfange des 12. Jahrh. aus arabischen, jüdischen u. christlichen Elementen unter Einwirkung der Kämpfe zwischen Mauren u. Christen u. des Tempelherrnordens in Spanien u. dem südlichen Frankreich, wo sie mehrfach poetisch verarbeitet wurde. Schon vor 1170 war die Graalsage durch Chrétien von Troyes u. andere nordfranzösische Trouvères mit dem Bretonischen Sagenkreise von Arthur u. seiner Tafelrunde[519] in Verbindung gesetzt. In letzter gilt der heilige G. für die Schüssel, aus welcher Christus beim Abendmahl speiste u. mit der Joseph von Arimathia das Blut Christi auffing (woher die unrichtige Deutung des Wortes als Sang réal, d.i. königliches Blut, Blut des Herrn). Die Gralsage ward nach 1170 von Guiot von Provins in einem verloren gegangenen altfranzösischen Gedicht behandelt; aus letzterm schöpfte Wolfram von Eschenbach (s.d.) den Stoff zum Parcival u. zum Titurel, erfüllte denselben aber mit durchaus eigenem, tiefallegorischem Sinne. Äußerlicher wird die Sage vom Verfasser des jüngern Titurel um 1270 behandelt, bei dem sie jedoch schon mit der Sage von Lohengrin verknüpft ist u. mit dem Priesterkönig Johann in Bezug gesetzt wird.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 519-520.
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