[100] Hausgesetze, die für die Familien des hohen Adels in Betreff der unter ihren Gliedern geltenden besonderen Familien- u. Erbfolgerechte bestehenden Satzungen. Die H. sind bald eigentliche Gesetze, insofern sie von dem Oberhaupte eines souveränen Staates, der zugleich Oberhaupt einer solchen hohen Adelsfamilie ist, ausgegangen sind; bald tragen sie mehr den Charakter von Verträgen (Hausverträge), wenn alle volljährigen Familienglieder ihre Einwilligung dazu gegeben haben; bald beruhen sie auch auf letztwilligen Dispositionen, Testamenten etc. Ihre geschichtliche Erklärung finden sie theils in der Autonomie der alten Geschlechter, nach welcher denselben das Recht zustand, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu ordnen; theils in dem bes. nach dem Eindringen des Römischen Rechtes häufiger gewordenen Streben, die Kraft der Familienverbindungen, welche unter den Grundsätzen des allgemeinen Rechtes leiden mußte, durch besondere Satzungen zu stützen u. zu erhalten. Die H. verbinden zunächst nur die Glieder der Familie; dritte Personen können dadurch nur insofern in ihren Rechten beschränkt werden, als ihnen gegenüber dieselben gehörig bekannt gemacht worden sind, u. nicht bereits für den Dritten wohlerworbene Rechte bestanden. In Betreff solcher Familien des hohen deutschen Adels, welche durch Auflösung des Reiches aus ehemaligen Reichsständen in die Klasse der Standesherren herabgestiegen sind, wurde durch Art. 14 der Deutschen Bundesacte nicht nur die Aufrechterhaltung der bereits bestehenden H. erklärt, sondern diesen Familien auch für die Zukunft ausdrücklich die Befugniß zugesichert, über ihre Güter- u. Familienverhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, doch so, daß dieselben dem Souverän vorgelegt u. bei den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntniß u. Nachachtung gebracht werden müssen. Zur Zeit des Reiches war eine kaiserliche Konfirmation häuslicher Dispositionen im Allgemeinen nicht vorgeschrieben; sie wurde nur dann nothwendig, wenn durch dieselben in die reichslehnrechtlichen Befugnisse od. in die Reservatrechte des Kaisers eingegriffen wurde. Die bedeutendsten neueren H. souveräner Häuser sind das Preußische Hausgesetz vom 17. Dec. 1808; der Nassauische Familienvertrag vom 14. Juli 1814; das Kurhessische Haus- u. Staatsgesetz vom 4. März 1817; das Badische Hausgesetz u. Familienstatut vom 4. Oct. 18 17; das Baierische Familiengesetz vom 18. Jan. 1816 u. das Hausgrundgesetz vom 5. Aug. 1819; das Württembergische Hausgesetz vom 8. Juni 1828; das Hannoversche Hausgesetz vom 19. Nov. 1836; das Königlich Sächsische Hausgesetz vom 30. Dec. 1837. Unter den H-n mediatisirter Häuser verdienen die Fuggerischen Hausverträge (bestätigt 1822), das Gräflich Rechbergische Erbstatut (1829), Gräflich Stadionsche (1835), Gräflich Giechische (vgl. von Gerber, Das Hausgesetz des Grafen von Giech, 1858) genannt zu werden.