Adel [1]

[115] Adel (vom althochdeutschen adal, d.i. ausgezeichnet, od. Geschlecht, Familie, während das franz. Noblesse, engl. Nobility, vom lat. nobilitas kommt u. den Stand dessen bezeichnet, der einen Namen hat, von einer lange bestehenden Familie ist), nach der früheren Dreitheilung der Stände eines Staates der erste derselben, dessen Glieder sich durch größeren Grundbesitz u. Alter ihrer Familie auszeichneten. I. Begriff des A-s. Die bloße Auszeichnung vor der großen Menge durch Reichthum, Kenntnisse, Ruhm u. Ehre begründet nicht den Begriff des A-s; die größten Dichter, Weltweisen, Gelehrten, Künstler, die reichsten Banquiers od. größten Grundbesitzer in der amerikanischen Union sind deshalb nicht adelig; A. ist der erbliche Besitz u. Genuß von Rechten einer Anzahl von Familien od. Geschlechter eines Volkes, während alle Übrigen entweder ganz davon ausgeschlossen sind, od. doch nur auf irgend eine andere Weise als durch Geburt dazu gelangen können. Der Erwerbung der A-srechte durch Geburt wird diejenige durch Verdienst od. durch Kauf od. durch Gunst u. Gnade entgegengesetzt, welche überall die höchste Staatsgewalt vermittelt. Die Rechte können entweder nutzbare, od. politische, od. Ehrenrechte sein. Der vollständige A. besteht nicht blos in einem A-stitel, sondern hauptsächlich im Besitze u. Genusse von A-srechten. Bürgerliche, denen wegen ihres Verdienstes die höchsten Stellen in der Staatsverwaltung anvertraut worden sind, haben oft A-srechte gehabt, ohne den A-stitel zu haben; umgekehrt gibt es in den europäischen Staaten Viele, welche durch Geburt den A-stitel haben, während ihnen Besitz u. Genuß von A-srechten fehlen. Die Ersteren werden überhaupt nicht zum A. gerechnet, so lange die höchste Staatsgewalt ihnen nicht den A-stitel verleiht, u. die Letzteren gelten z.B. in England nicht als adelig, so lange sie nicht im Besitze u. Genusse von nutzbaren, politischen u. Ehren-A-srechten sind. Durch Aufrechterhaltung dieses Grundsatzes erhält sich Macht u. Glanz des englischen A-s. Der A. geräth überall in Verfall, wo auch Solche dazu gerechnet werden, die nichts weiter als den A-stitel haben, weil dadurch Übelstände entstehen, die dem demokratischen Grundsatze, daß nur das Verdienst, nie die Geburt berücksichtigt werden dürfe, zur Alleinherrschaft verhelfen müssen; während da, wo der A. nur aus Solchen besteht, die A-stitel. u. große u. glänzende erbliche Rechte haben, wohl der entgegengesetzte aristokratische Grundsatz zur Geltung gelangen kann, daß nämlich nur die Geburt zu den höchsten Ämtern u. Würden im Staate befähigt, wie dies unzweifelhaft in der Erbmonarchie in Bezug auf die höchste Würde der Fall ist. Am besten ist wohl in einer Erbmonarchie für das Allgemeine gesorgt, wenn die höchste Staatsgewalt das Recht hat, neben dem eigentlichen A. Männern den A-stitel u. A-srechte erblich zu verleihen, welche sich durch Verdienst auszeichnen, wie dies in England geschieht, weil dadurch möglich wird, verdiente Männer sowohl des A-s als auch der anderen Stände zu berücksichtigen u. fürs allgemeine Wohl nutzbar zu machen. In einem Lande, wo ein Erb-A. mit der Einrichtung besteht, daß die untheilbare Macht eines jeden adeligen Hauses stets nur vom Einzelnen zum Einzelnen forterbt, ist die Erbmonarchie der Schlußstein eines abgerundeten Ganzen; daher der Ausspruch Montesquieus: Keine Monarchie ohne Adel! Wo aber eigentlich kein Geburtsadel ist, sondern nur die Gunst u. Gnade der höchsten Staatsgewalt, wie in Rom, od. auch Verdienst od. Volksgunst zu den höchsten Ämtern u. Würden den Weg bahnt, da sind, wie die Geschichte des römischen u. byzantinischen Kaiserreichs beweist, die Versuche, eine Erbmonarchie (Dynastie) zu gründen gescheitert; da ist nur noch Raum für eine Wahlmonarchie, mag nun die Wahl fest geregelt sein, wie im Kirchenstaat, od. vom Heere ausgehen. Auf der andern Seite zeigt die Geschichte Polens, daß, wo ein mächtiger A. das Staatsgebäude nicht durch Erbmonarchie zum Abschluß bringt, der Untergang erfolgt. Der verderblichste Feind des A-s ist in den europäischen Staaten das römische u. kanonische Recht gewesen; je mehr es Wurzel gefaßt u. sich ausgebreitet hat, desto mehr ist der A. gesunken,[115] schon wegen seines den A. zerstörenden Erbrechts. Daher der charakteristische Zug der neueren Geschichte der meisten europäischen Staaten, den A. entweder ganz zu beseitigen, od. ihn zum bloßen Namen abzuschwächen, welcher in den Grundrechten des deutschen Parlamentes von 1818/19 bis zu den äußersten Folgerungen ausgeprägt erschien. Wie es aber Staaten gibt, wo nur noch der Name des A-s fortbesteht, so kann es auch Länder geben, wo der Name fehlt, aber die Sache vorhanden ist. Dies ist in Norwegen der Fall, wo das Recht, freies Grundeigenthum zu besitzen, sich nach dem Odelsrecht auf die Geschlechter der sogenannten Odelser beschränkt, während es außer ihm nur Pächter geben kann. Geschlechter (Sippen, Häuser, Familien), deren Stammbäume durch Jahrhunderte gehen, lassen sich ohne A. nicht denken, u. es hat wichtige Staaten gegeben, welche lebendige Ganze waren, die hauptsächlich aus den kleineren Organismen solcher Geschlechter bestanden; andere Staaten sind u. waren lediglich aus Einzelnen zusammengesetzt, ohne das Entstehen fortdauernder Erbgeschlechter zu berücksichtigen, zu dulden od. zu befördern, z.B. die nordamerikanische Union. Doch scheint es im menschlichen Wesen begründet, daß der Einzelne, je mächtiger er ist, desto mehr darnach strebt, ein Geschlecht zu begründen, das nicht mit ihm endet, sondern Jahrhunderte überdauert; deshalb wird, wenn auch unter verschiedenen Formen u. Namen, A. sich bilden od. fortbestehen, wo es in kräftigen Staaten eine sehr große Anzahl mächtiger Familien gibt. II. Arten des A-s. Der A. ist so alt als die Geschichte der Staaten, denn von jeher zeichnete die öffentliche Meinung Personen, die mehr Tapferkeit u. Reichthum, bes. Grundbesitz, als die Andern besaßen, ehrend aus; u. da der so Hervorragende die von ihm genossenen Vorzüge rechtlich auf seine Nachkommen überzutragen suchte, so entstand A) der Erb- (Geburts-) A. In Europa bestand von jeher der Reichthum bes. in großem Grundbesitz, daher diese mit großen Grundbesitzungen Begabten a) den Grundbesitz- (Real-) A. ausmachten, der im Mittelalter seine völlige Ausbildung erhielt. Diejenigen, welche ohne Besitz die Ehren u. Rechte des eigentlichen A-s erblich ertheilt bekamen (geadelt, nobilitirt wurden), bildeten b) den Verdienst-A., auch, da er als Belohnung für persönliches Verdienst ertheilt war, uneigentlich persönlicher A. genannt. c) Zum Gnaden-A. gehörten Diejenigen, welche wegen besonderen Wohlwollens der Regierenden den A. erhielten. Hieraus entstand d) der gekaufte A., indem Begüterte sich den A. für eine gewisse Taxe kauften; doch gehört in der Regel auch zur Erwerbung der letzteren Art des A-s die Nachweisung eines Verdienstes um Land od. Fürsten. Über diese letztern Adelsertheilungen wurden von den den A. ertheilenden Regenten eigene Urkunden (Adelsbriefe) ausgestellt, u. diese Gattung des A-s daher Brief-A. genannt. Der Erb-A. zerfällt in a) Land-A., der eigentliche, auf Grundbesitz begründete A., der auf dem Lande lebt u. der Bewirthschaftung seiner Güter obliegt; b) Hof-A., der sich an den Höfen u. in der Nähe der Fürsten aufhält u. Hofämter bekleidet; c) Beamten-A. (Dienst-A., sonst in Frankreich, Noblesse de la robe), mit deren Mitgliedern die höheren Stellen des Landes besetzt sind, od. auch der, indem er zu diesen Stellen gelangt, den A. erwirbt. Hof- u. Beamten-A. stammt mein vom Grundbesitz-A., indem, während die älteren Söhne die Grundbesitzungen erhielten (s. Seniorat, Majorat), die jüngeren Söhne auswärts durch Waffen-, später auch durch Civildienst ihr Glück suchten. Diese führten die Namen von den väterlichen Grundbesitzungen fort; anderwärts, z.B. in England u. Spanien, verloren sie den Namen mit dem Grundbesitz selbst. Ein Theil dieser jüngeren Söhne siedelte sich im Mittelalter in den größeren Städten, bes. Reichsstädten an, u. bildete mit den Familien, die in diesen Städten schon seit geraumer Zeit obrigkeitliche Stellen bekleideten, einen d) Städte- (Patricier-) A., der sich von dem andern A. schon dadurch unterschied, daß er meist a statt de vor dem Namen führte. B) Der eigentliche persönliche A., der A, der nur Einer Person individuell, nicht deren Erben u. Nachkommen zukommt, eigentlich älter als der Erb-A., wurde durch Ausbildung von letzterem gänzlich verdrängt, u. kam später nur in der katholischen u. griechischen Kirche, wodurch vornehme Geistliche zu adeliger Ehre berechtigt waren, vor. Erst in neuerer Zeit ist derselbe in manchen Staaten (wie in Baiern, Württemberg u. Rußland) an gewisse Rangklassen u. Orden (z.B. an den der bairischen u. württembergischen Krone u. an den Wladimirorden) geknüpft. Ehedem gewährte auch die Doctorenwürde den persönlichen A. (Gelehrten od. Doctoren-A.). III. Es gibt auch Abstufungen des A-s; bes. hohen u. niedern A. a) Der hohe A. ist eigentlich der Überrest früher mit großen Länderstrecken, belehnter Dynasten. Außer allen regierenden fürstlichen Häusern rechnet man jetzt die großen Lehnträger, die den Titel Fürst, Herzog, Markgraf (Marquis) etc. tragen, auch die alten Grafen- u. Dynastengeschlechter dazu; in Deutschland ist der Umstand, ob ein Geschlecht sonst reichsfrei war od. nicht, ein Kennzeichen des hohen A-s; b) der niedere A. begreift die neuen Grafen (auch wohl neue Fürsten), Freiherren u. Bannerherren, od. die Geschlechter, welche nicht auf dem Reichstage Sitz u. Stimme hatten od. große Lehen besaßen, u. die gewöhnlichen Adeligen, welche das »Edle von«, od. nur das »von« führten. Indessen ist die Grenze nicht allenthalben scharf bestimmt. Der ursprüngliche Grundbesitz-A. sah den später entstandenen Brief-A. nicht für ebenbürtig an, er rühmte sich seiner Ahnen (s.d.). Deshalb kamen vom 14. Jahrh. an die Stammbäume auf, u. kein Edler wurde, wenigstens in Deutschland, zu Turnieren u. Stiftern zugelassen, der nicht c) von altem A. war od. eine Anzahl adeliger Vorfahren, meist bis ins 4. Geschlecht (16 Ahnen), od. wenigstens bis ins 3. (8 Ahnen) nachwies. Mit dieser Einrichtung stand das Verehelichen des A-s mit Damen gleichen Standes (Ebenbürtigkeit) in enger Beziehung, denn jeder Bürgerliche, welcher in dem Stammbaum vorkam, gab den Nachkommen bis in das 4. Glied einen Makel. Bei regierenden Häusern gehörte zur Successionsfähigkeit die Geburt aus standesmäßiger Ehe. Indeß kamen schon früher bei den ältesten Familien Fälle vor, wo das Herkommen nicht beachtet wurde, u. selbst in regierenden Fürstenhäusern (z.B. in Anhalt u. Baden) sind Fälle[116] nachzuweisen, wo eine sogenannte Mesalliance (Mißheirath), d. h. die Verheirathung mit einer Bürgerlichen od. einer von niederem A., stattfand, ohne daß dadurch der Successionsfähigkeit irgend Eintrag geschehen wäre. In den neuesten Zeiten aber hat die Verehelichung, bes. des niederen A-s mit Bürgerlichen, noch mehr zugenommen. Bei dem hohen A., u. bes. den regierenden Häusern, sind, um die Mesalliancen zu vermeiden, die morganatischen Ehen (s.d.) eingetreten. In England u. Frankreich hat der Begriff von Mesalliancen nie gegolten. Dem alten A. steht d) der neue A. gegenüber, der aus den durch Verdienst, Reichthum od. Gunst erst neuerdings Geadelten besteht. IV. Der A. genoß u. genießt allerhand Vorrechte, u. die wichtigsten derselben (von denen er jedoch mehrere mit dem höheren Bürger- od. Beamtenstande theilte u. noch theilt) waren wenigstens ehedem folgende: A) Rechte des alten A. im Mittelalter Turnierfähigkeit, Stiftsfähigkeit (d.i. Ansprüche auf gewisse Stellen in geistlichen u. weltlichen Stiftern), das Recht, auf gewisse Orden (z.B. den Johanniterorden) Anspruch zu machen, das Recht, Majorate, Seniorate, Minorate u. a. fideicommissarische Stiftungen aus ihren Gütern zu machen, u. das Recht, das männliche Geschlecht mit Hintansetzung des weiblichen bei solchen Stiftungen zu bevorzugen u. die Angelegenheiten der Familie, Vormundschaften u. dgl., ohne Zuziehung der Behörden anzuordnen (Siegelmäßigkeit, daß nämlich den Siegeln des A-s für gewisse Verhältnisse die Kraft öffentlicher Siegel beigelegt werde). Beides (Autonomie) wurde nach den Rechten anderer Staaten auch dem neuen A., ja selbst zuweilen jedem reichen Gutsbesitzer gestattet, aber nach 1848 auch mehrfach aufgehoben. B) Realrechte; sie sind nach den verschiedenen Staatsverfassungen verschieden: das Recht, ausschließlich adelige Rittergüter erwerben zu dürfen, u. die hiermit zuweilen verbundene Abgabenfreiheit derselben, nebst andern Rechten u. zu empfangenden Leistungen, Frohnen, Zinsen etc.; Patrimonialgerichtsbarkeit; das Recht der Siegelmäßigkeit; die Amts- u. Schriftsässigkeit u. der dadurch erwachsende privilegirte Gerichtsstand; Befreiung adeliger Güter von Einquartierungen (wenigstens in Friedenszeiten); Landtagsfähigkeit für deren Besitzer, zuweilen selbst für adelige Mitbelehnte; Kirchenpatronat auf Gütern u. hieraus resultirende Ehrenrechte, so: in das Kirchengebet eingeschlossen zu werden, Trauergeläute, so wie Befreiung vom Aufgebote, wofür bloße Ehrenverlesungen stattfanden, Recht der Haustaufe, Haustrauung etc.; Befreiung von Landfolgen, Magazinlieferungen, Kriegsfuhren, Accise etc. C) Reale Ehrenrechte; Anspruch auf den ausschließlichen Besitz gewisser Hofämter, wie der Kammerherrenstellen u. a. hoher Hofchargen; Ansprüche auf den ausschließlichen Besitz mancher Civilämter, wie der Präsidenten-, der Gesandten-, der höhern Forststellen etc., welches in manchen Staaten so weit ging, daß in Collegien, wo Adelige u. Bürgerliche zugleich saßen, es eine adelige Bank rechts u. eine bürgerliche Bank links vom Präsidenten gab; Ansprüche auf den alleinigen Besitz der Offizierstellen in gewissen Truppentheilen, so in der Garde, der Linieninfanterie, der schweren Cavallerie; Befreiung von dem Militär (Befreiung von Conscriptions- od. Cantonpflichtigkeit). D) Reine Ehreur ech te; das Recht, besondere Titel, so das Hochwohlgeboren, u. resp. bei Grafen Hochgeboren, bei Reichsgrafen Erlaucht, bei Fürsten Durchlaucht fordern zu können; das Recht, besondere Wappen zu führen; das Recht der Hoffähigkeit. Diese u. a. Rechte hatte der A. theils durch seine ursprüngliche Institution, theils durch allmäliges Ansichziehen der allgemeinen Rechte der Staatsbürger, bes. im 16., 17. u. bis zum letzten Drittheil des 18. Jahrh. nach u. nach erlangt. Die größere Ausbildung des Mittelstandes u. der fortschreitende Geist der Zeit rüttelte indessen bes. seit den 3 letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrh. gewaltig an allen Prärogativen des A-s, u. die amerikanische u. bes. die fanzösische Revolution, nebst dem Umsturz der deutschen Reichsverfassung u. zumeist die Gesetzgebungen seit 1848 gab denselben einen solchen Stoß, daß sich fast allenthalben die Rechte desselben wesentlich änderten, u. von allen Rechten im Grunde u. in den meisten Staaten (besondere Verhältnisse in einzelnen, z.B. in Österreich u. Rußland, ausgenommen) nichts mehr übrig ist, als der Anspruch auf gewisse Orden, das ausschließliche Recht die höheren Hofstellen zu bekleiden, gewisse Titel u. Wappen zu führen u. schon durch die Geburt hoffähig zu sein. V. Das Ideal wahren A-s ist Ehrenhaftigkeit, dessen Vorbild ist das Ritterthum (s.d.). Die Waffen waren seine Hauptbeschäftigung, u. der größte Theil des A-s suchte seine Sporen durch Kriegsdienst zu verdienen. Beleidigungen unter Adeligen wurden im Duell mit Blut gerächt; welcher Adelige sich dessen weigerte, den traf Schmach. Unadeliges Leben, d. h. Leben dem Grundsatz des A-s, nämlich der inneren od. der äußeren Ehrenhaftigkeit, entgegen, ward mit Verachtung der Standesgenossen od. mit Ausstoßung aus dem Stand bestraft (s. u. Ritter). Früher wurde jedes bürgerliche Gewerbe, selbst das eines Kaufmanns, u. jede Anstellung, die weniger war als ein Rath, für des A-s unwürdig geachtet, u. der Adelige schied aus dem A., wenigstens so lange er in diesen Verhältnissen war; auch seine Nachkommen, wenn er in diesen Verhältnissen starb, waren nicht mehr adelig u. mußten sich den A. restituiren lassen, wenn sie denselben wieder erlangen wollten. Jetzt hat sich dies seit Ende des 18. Jahrh. sehr geändert, u. Kaufmannschaft, Künste, Fabriken werden von dem A. betrieben, ohne daß dies ihrem A. etwas schadet. VI. Geschichte des A-s. Zu allen Zeiten u. bei Völkern auf den verschiedensten Culturstufen trifft man einen A. an A) Bis in die fernsten Zeiten zurück reicht die Casteneintheilung der Hindus (s. u. Indien), u. die Braminen u. Tschetris sind nichts als ein erblicher Priester- u. Krieger-A., wo die ersteren durch Intelligenz, die letzteren durch die Waffen herrschten; ähnlich war auch der Ständeunterschied bei den alten Ägyptiern, s. Ägypten (a. Geogr. u. Ant.); die Pasargaden bei den Persern waren edle Familien, welche nach dem Sturz des Pseudo-Smerdes über die Thronfolge entschieden. In Griechenland findet man einen A. in Sparta, in dem Verhältniß der erobernden u. herrschenden Spartiaten zu den um die Hauptstadt Sparta wohnenden Lakedämoniern, s. Sparta (Ant.); zu Athen in der Bevorzugung der Eupatriden seit Theseus u. in der um den höchsten Einfluß auf die Staatsverwaltung kämpfenden Familie der Alkmäoniden. In Rom bestand[117] in dem Gegensatz der Patricier zu der Plebs ein ziemlich ausgebildeter A., wozu noch später der Ritterstand (Equites) als ein besonderer A. (s. Rom, Gesch.), u. in der Nobilitas ein Dienstadel (Homines novi) kam; denn wer ein curulisches Amt bekleidet hatte, erlangte den A. für sich u. seine Nachkommen, u. die Bildnisse der Vorfahren (Imagines), in dem Vorplatz ihrer Häuser (Atrium) aufgestellt, waren bereits eine Andeutung der Ahnen. Bei den Germanen bestand keine eigentliche Adelseinrichtung; alle Freie waren gleich u. hatten Zutritt zu den Volksberathungen, die Fürsten waren gewählt, doch wurde Reichthum u. früheres Verdienst der Vorfahren um den Staat, u. gewisse Geschlechter, wie die Athelinge bei den Sachsen, die Balthen bei den Westgothen, die Amaler bei den Ostgothen, die Agilolfinger bei den Baiern, die Nachkommen Odins bei den nordischen Völkern bei der Wahl vorzugsweise berücksichtigt. Dagegen waren die Grafen der Franken, die Aldermänner der Angelsachsen, die Jarle der Dänen, ursprünglich Beamtete, u. die Antrustionen der Franken, die Degene (Thane) der Sachsen, die Hirdmannen u. Dingmänner der Dänen u. Normänner, nur Fortsetzung des alten, schon von Tacitus erwähnten Gefolges, das zu dem späteren A. Anlaß gab. Als die germanischen Völker sich bei der Völkerwanderung neue Wohnsitze eroberten, ward das eroberte Gebiet als Lehn unter die vornehmsten Führer derselben vertheilt, die wieder die Ländereien (als Afterlehen) an ihre Unterbefehlshaber u. diese die einzelnen Äcker an ihre Mannen vertheilten. So entstand ein Krieger-A., der schon nach Verhältniß des Besitzes ein hoher u. niederer ward. Am ausgebildetsten u. frühesten tritt diese Einrichtung bei dem von den Longobarden gestifteten Reich in NItalien hervor. Auf der andern Seite erhielt das Gefolge bei den Franken größere Wichtigkeit, u. die Hof- u. anderen Ämter erlangten unter den letzten Karolingern hohe Bedeutung. Die Nobiles (Adalingi) od. Beamten des Königs treten hier bes. hervor, zu ihnen gehörten die Fideles u. Leudes, die Palatini (Domestici), Duces u. Comites. Nach dem Aussterben der Karolinger u. der allmäligen Ausbildung des Deutschen Reichs wurden die sonstigen hohen Beamten erblich, u. aus ihnen bildeten sich die deutschen Reichsstände. Das Ritterthum gab dem Adel eine höhere Bedeutung, u. so entstand in Deutschland, Frankreich, Ober-Italien int 10. u. 11. Jahrh. eine eigene, völlig organisirte Adelseinrichtung. B) In Deutschland bildeten sich verschiedene Stufen des A-s; ein hoher A., zu welchem die regierenden Familien u. Herren gezählt wurden, welche landesherrliche Rechte u. Sitz u. Stimme auf dem Reichstage, od. wenigstens Theil an einer Curiatstimme der Prälaten u. 4 Grafencurien hatten. Der hohe A. war theils ein persönlicher (so der geistlicher Fürsten, mit od. ohne Souveränetätsrechte, Bischöfe. Äbte), theils ein erblicher, welcher den reichsständischen, fürstlichen u. gräflichen Familien zukam. Ein Unterschied wird noch unter den deutschen Häusern gemacht, welche vor u. welche nach 1580 in den Fürstenstand erhoben worden sind. Erhebungen zum Grafen kommen zuerst 1437 unter Kaiser Sigismund vor. Die alten germanischen Adelsgeschlechter sind fast sämmtlich schon im Mittelalter erloschen; die übrig gebliebenen bildeten den hohen A. Der jetzige niedere A. ist weit spätern Ursprungs. Seit dem 12. Jahrh. kommt neben dem hohen A. in Deutschland ein niederer A. vor; zum Theil ging dieser aus dem Ministerialverhältnisse, vermöge dessen Adelige sich in das Unterthanverhältniß zu Mächtigern begaben, zum Theil aus Rittern (Milites) u. Burgmannen hervor. Zu dem damaligen niederen A. wurden gezählt: Grafen, welche nicht Sitz u. Stimme auf dem Reichstage hatten; Freiherren (Barone), Bannerherren, Ritter, Edle von, Herren von (dieses »von« ist ein Rest des Ursprungs vom Grundbesitz). Seit Kaiser Karl IV., um 1350, kam der Brief-A. auf, u. gleichzeitig wurde auch strenger auf die Zahl der Ahnen u. auf die volle Ebenbürtigkeit u. makellose Reinheit des A-s mehr gesehen. Weil dies in andern Ländern weniger geschah, so erkannte der deutsche Reichs-A. fremden A., namentlich französischen u. polnischen, nicht an, u. der hohe A. achtete die fremden Herzöge u. Fürsten nicht für ebenbürtig, mit Ausnahme einiger mit hohen deutschen Häusern verschwägerten, so der 6 am franz. Hofe, vermöge ihrer Abstammung zwar von fremden, aber sonst aquitanischen u. bretagnischen Regentenfamilien, als Princes étrangers anerkannten Häuser: Lothringen, Savoyen, Grimaldi [neuerdings Monaco], Rohan, Latour d'Auvergne (Bouillon) u. Tremouille; u. von polnischen Familien die der Czartoriski u. Radziwill. Noch mehr war dies der Fall, als bes. im 16. Jahrh. der A. begann die geistlichen Pfründen zu besetzen u. einen A. von 8 od. 16 Ahnen zur Aufnahmebedingung in die Stifter zu machen (Stiftsfähiger Adel, s. u. Stift). Um Neugeadelten eine Anzahl Ahnen zu verleihen, gab der Kaiser oft 4 od. 8 Ahnen bei dem Adelsbriefe gleich mit. Während die edelsten Familien des hohen A. es nicht verschmäheten, sich mit Familien des niederen A., ja selbst mit Bürgerlichen zu verschwägern, u. dies der Successionsfähigkeit der Nachkommen solcher Ehen keinen Eintrag that, so wurde bei anderen Fürstenstämmen (z.B. dem sächsischen) streng auf Ebenbürtigkeit gehalten u. dies zur Bedingung der Successionsfähigkeit gemacht. Seit im 15. u. 16. Jahrh. das römische Recht aufkam, verließ der A. die Richterposten, wozu nun gelehrte Bildung nöthig war, u. nahm dafür die Präsidentenstellen an Landescollegien in Anspruch. Im Militär wurden erst später in einigen Armeen (so in der preußischen zu Friedrichs d. Gr. Zeit) die Offizierstellen in gewissen Waffengattungen (der Garde, der schweren Reiterei u. der Linieninfanterie) dem A. vorbehalten. Durch die französische Revolution ging der größte Theil der Rechte des A-s verloren. Als nach dem französischen Kriege u. dem Sturz Napoleons die neuen Staatsverhältnisse geordnet wurden, setzte die deutsche Bundesacte vom 8. Juni 1815, Art. 15 fest, daß die Standesherren den hohen A. bilden u. ebenbürtig sein, auch den Titel Durchlaucht, die Grafen den Titel Erlaucht erhalten sollten; die übrigen Adeligen sollten aber den niederen A. ausmachen. Über die Rechte des niederen A-s wurde nichts festgesetzt, sondern dies den einzelnen Landesgesetzgebungen überlassen. Dagegen[118] bestimmte die Wiener Schlußacte von 1820, Art. 63, daß die ehedem Reichsunmittelbaren, auch die Reichsritter, Freiheit des Aufenthalts in jedem Bundesstaate, Erhaltung der Familienstatute, mit Befugniß, über dieselben zu verfügen, Landstandschaft für den Begüterten, Patrimonial- u. Forstgerichtsbarkeit u. privilegirten Gerichtsstand gewährt bekommen sollten. Die Bewegung von 1848 richtete sich vielfältig gegen den A., theils als die großen Grundbesitzer, theils als Bevorzugte; u. bei der Berathung der Grundrechte in dem deutschen Parlamente über diesen Punkt am 1. Ang. 1848 ging eine Partei damit um, den A. aufzuheben, doch wurde nach Majoritätsbeschluß der A. selbst unangetastet gelassen, u. nur die Aufhebung der Standesprivilegien des A-s decretirt. Die meisten Rechte hat der A. in Österreich, obgleich seine Rechte in den verschiedenen Provinzen verschieden sind. Zum hohen A. rechnet man die Familien, welche nach den Grundsätzen der deutschen Bundesacte zu demselben gehören; zum niederen A. die Titularfürsten u. Grafen, u. die andern Rangstufen, wie sie oben angegeben sind. Im gemeinen Leben werden aber alle Fürsten u. Grafen, u. auch deutsche Reichsritter, sammt den ungarischen Magnaten zum hohen A. gerechnet. Der A. in den deutschen, galizischen u. italienischen Besitzungen genießt, im Fall er ein landständisches Rittergut erworben hat (was in einigen Theilen der Monarchie nur dem erbländischen, in andern nur dem A. der betreffenden Provinz erlaubt ist), Sitz u. Stimme auf dem Landtage, Besitzungsrecht von Domänen, Obereigenthums- u. Grundherrenrecht über seine Unterthanen u. deren Realitäten, nebst Real- u. Personalgerichtsbarkeit, Dorf-, Patronat-, Vogt-, Weinbergs-, Zehnt-, Jagd-, Holzschlag- u. Braurecht, wenn er aber auch kein Rittergut besitzt, ausschließliche Zulassung zu allen Hofämtern u. mehreren Pfründen, auch in mehreren Provinzen zu den Reichsämtern; derselbe darf Titel u. Wappen des A. führen, besitzt einen privilegirten Gerichtsstand u. ist von der Recrutirung u. dem Zeugeneide befreit. Dagegen ist der A. mit den übrigen Unterthanen vor dem Gesetze gleich, auch sind die Stellen im Civil u. Militär jedem österreichischen Staatsbürger zugänglich. Der Reichstag hob 1849 den A. auf, doch wurde diesem Decret von der Regierung keine Folge gegeben, u. durch kaiserliche Verordnungen im August u. December 1851 wurden besondere Statute über Stellung, Vorzüge u. Pflichten des A-s verheißen. In Preußen werden die Standesherren, Fürsten u. sehr reiche Grafen, bes. wenn sie in hohen Staatsämtern stehen, im gemeinen Leben zum hohen, die übrigen Grafen, Freiherren u. Herren »von« zum niederen A. gerechnet. Im Allgemeinen hat der A. hier seine meisten Prärogativen gesetzlich (aber nicht in der Praxis) verloren. Selbst die Landstandschaft ist zwar an den Besitz eines Rittergutes, nicht aber an den A. gebunden. Eigener preußischer A. (wie in Österreich ein erbländischer) wird in Preußen nicht verlangt, sondern es genügt jeder A., der durch Herkommen od. Urkunden erweislich ist. Das Streben nach theilweiser Wiedergewinnung der verlorenen Rechte sprach sich fast im ganzen preußischen Staate u. vorzüglich in den westlichen Provinzen aus, wo das Rheinische Adelsstatut, welches vieles Alterthümliche wieder herstellte, 1836 zu Düsseldorf entworfen u. 1837 vom König bestätigt wurde. Durch Cabinetsordre vom 10. Septbr. 1840 wurde in Preußen ein Grundbesitz-A creirt, der nur auf denjenigen Descendenten übergeht, der in dem ungetheilten Besitz folgt. Zur Regulirung u. Befestigung der Adelsverhältnisse wurde 1855 eine, schon von Friedrich I. beabsichtigte Behörde, das Heroldsamt, eingesetzt, welche zu dem königlichen Hausministerium ressortirt. Fast dasselbe Verhältniß, wie in Preußen, findet in Hessen statt, wo ebenfalls ein eigenes Hessisches Adelsstatut 1835 errichtet. u. Ende 1836 von den Ständen bestätigt wurde. Dieser Verein, wie der Rheinische, betrifft vorzüglich das Recht der Autonomie. In Mecklenburg war durch den Staat zwischen den adeligen u. bürgerlichen Rittergutsbesitzern u. durch die in Folge des Sieges der Bürgerlichen 1846 geschehene Vereinbarung einer Verfassung zwischen Großherzog u. Ständen den Rechten des Adels mit Nachtheilen gedroht, als sie in einer Schrift vom 9. October 1849 gegen die Rechtsbeständigkeit der Verfassung u. deren Publication protestirten (s. Mecklenburg, Gesch.). In Hannover ist die Stellung des A-s vorwiegend politischer Natur; er hat in den Ritterschaften, besondern Curien der Landschaften, seine Vertretung u. aus ihnen werden die Mitglieder der ersten Kammer der Allgemeinen Ständeversammlung gewählt. Dies Vorrecht, 1848 dem hannoverschen A. genommen, wurde demselben 1855 durch Bundesbeschluß wiedergegeben. In Baiern wurden die Adelsverhältnisse durch die Constitution von 1818 völlig geordnet; es gibt 5 Stufen: Fürsten, Grafen, Freiherren, Ritter u. Herren von; von ihren Vorrechten wurde 1848 die Siegelmäßigkeit (s.d.) aufgehoben. In Württemberg bestimmte die Verfassungsurkunde von 1819 u. spätere ergänzende Verordnungen von 1821 u. 1825 die Vereinigung erst des reichsritterschaftlichen, dann des landsässigen A-s in 4 Corporationen nach den 4 Kreisen; um zu diesen Corporationen gehören zu können, mußte man ein adeliges Rittergut besitzen u. adelig sein. In Folge der Ereignisse von 1848 wurden auch dem A. in Württemberg in der revidirten Verfassung mehrere seiner Rechte genommen, wogegen er in der Protestation vom 27. Mai 1850 einkam, doch ist die Angelegenheit noch nicht geordnet. Von den kleineren deutschen Fürstenthümern machte sich u. a. in der Geschichte des A-s Anhalt-Dessau dadurch bemerklich, daß der Landtag hier 1848 die Abschaffung des A-s förmlich decretirte, s. Anhalt (Gesch.); in Reuß verlangte die liberale Partei den Austritt der Ritterschaft aus dem Landtage, wogegen sich 1849 das damalige Reichsministerium entschied, s. Reuß (Gesch.); im Herzogthum Sachsen-Gotha that die Ritterschaft Schritte zur Wiedererlangung ihrer durch die neue Constitution verlornen Rechte, u. ging damit bis an den Bundestag. In neuester Zeit haben sich, bes. in SDeutschland, gewichtige Summen aus der Mitte des Standes selbst, für eine Reform des A-s erhoben (vgl. Fürst Leiningen, Beitrag zur Frage der Reorganisation des deutschen A-s). C) In Frankreich begünstigte die Schwachheit[119] der letzten Karolinger die Macht- u. Souveränetätserlangung der großen Lehnträger, so der Herzogthümer Bretagne, Burgund, Guyenne, Normandie, der Grafschaften Champagne, Flandern, Toulouse, ferner der Provence, Franche-Comte, Dauphiné etc.; indeß da die Krone alle jene großen Lehne nach u. nach mit sich vereinigte (so daß sich nur die Principate Avignon, Bouillon, Venaissin u. e. a. erhielten), u. seit Ludwig IX. die Baroniegerichte an die königlichen Oberämter u. Parlamente gebracht u. damit die Souveränetätsrechte dem Throne vorbehalten wurden: so trat hier der Unterschied des hohen u. niederen A-s nicht so scharf hervor, wie in Deutschland, doch rechnete man die Princes, Ducs, Marquis, auch einige Comtes u. Vicomtes, so wie die reichen u. vornehmen Lehnträger zum hohen, die übrigen Adeligen aber zum niederen A. Auch dort erbte der Titel nach dem Tode des Vaters nur auf den ältesten Sohn fort, der Sohn des Duc hieß nur Marquis, der des Comte hieß Vicomte etc. In den letzten Zeiten vor der Revolution achtete sich der Hof-A. für hohen A., od. vielmehr es concentrirte sich der ganze hohe A. um den Hof. Auf Erhaltung des reinen Blutes wurde sonst in Frankreich weniger gesehen, als in Deutschland, u. es dürfte außer der königlichen Familie sehr wenig französische Familien geben, die sich frei von Mißheirathen erhalten haben, u. nach dem Testamente Ludwigs XIV. war die Rede davon, selbst mit Maitressen erzeugte legitimirte Kinder, wie die Herzöge, Prinzen u. Grafen v. Vendôme, Maine, Toulouse, Penthièvre etc. wären, im Fall des Aussterbens der eigentlichen Königslinie, als successionsfähig anzuerkennen. Auch bei den Ahnenproben wurde in Frankreich nur auf die männlichen, nicht auf die weiblichen Ahnen geachtet. Später, bes. seit Ludwig XIV. u. XV., wurde es damit strenger genommen, u. nur pour réparer la fortune fanden Heirathen des A-s mit Bürgerlichen statt. Den frühesten Brief-A. ertheilte Philipp III. 1270. Unter die Vorrechte des französischen A-s gehörte, daß er allein die höheren Civilstellen bekleidete u. daß auch alle Offizierstellen eine Zeit lang einzig mit Adeligen besetzt wurden. Die Revolution hob durch die Sitzung am 4. Aug. 1789 alle Vorrechte des A-s, sammt den meisten gutsherrlichen Rechten, u. den 19. Juni 1790 den ganzen Erb-A. völlig auf. In der Schreckenszeit galt es schon als Verbrechen, adelig gewesen zu sein, u. schloß von jeder Anstellung der Republik im Civil u. Militär aus. Der Kaiser Napoleon, welcher den A. für nothwendig in einer Monarchie hielt, führte durch Decrete vom 4. Aug. 1806 u. 1. März 1808 einen neuen Erb-A. u. Adelstitel, bes. die: Prince, Duc, Comte, für wirklich um das Reich u. seine Dynastie Verdiente wieder ein, dotirte sie reichlich, zum Theil im Auslande, u. ließ Majorate stiften, gab ihnen aber keine Vorrechte vor andern Franzosen. Auf ähnliche Weise verfuhren auch die Gesetzgebungen der dem französischen Kaiserreiche nachgebildeten Staaten, so die des Königreichs Westphalen. Nach der Restauration der Bourbons hob sich der A. durch die Gunst des Hofes, u. die alten Vorrechte desselben kamen wieder zum Vorschein. Dennoch war die eigentliche Stärke desselben verloren u. die Julirevolution stimmte die Ansprüche des französischen A-s noch mehr herab, u. in Folge der Februarrevolution 1848 wurde durch Decret der provisorischen Regierung vom 29. Febr. 1850 die Abschaffung aller früheren Adelstitel ausgesprochen, u. es ist in dem neuen Kaiserreich bis jetzt noch nicht zur gesetzlichen Restituirung gekommen. D) In Italien bildete sich der A. auf ähnliche Weise wie in Deutschland aus, doch wurde die Majoratseinrichtung dort beliebter, das Land aber in sehr viele einzelne Parcellen getheilt, deren Besitzer gewöhnlich den Titel Conte (Graf) od. Marchese (Marquis) führen. Wegen der Kleinheit dieser Parcellen sind bes. in NItallen eine so große Menge Conti u. Marchesi; in dem Kirchenstaat u. in Neapel weniger, in Neapel hingegen sind eine große Menge Conti zu Duche u. Principi erhoben worden; sie sind große Grundbesitzer, die aber keine wesentlichen Vorrechte vor dem übrigen Volke haben. E) In Spanien bilden die Hidalgos (eigentlich Hijos d'algo, d.i. Söhne von Etwas) den A.; jeder kann sich für einen Hidalgo (in Catalonien Hombre de Pareja) ausgeben, der bürgerlicher Beschäftigung sich enthält u. adelig lebt, ja sogar die Findlinge sind Hidalgos, da es doch möglich wäre, daß ihre Eltern Hidalgos waren. Die Zahl der Hidalgos ist daher ungeheuer u. betrug 1794 über 484,000, die meist in Asturien, Biscaya u. Altcastilien wohnten. Die Vorrechte der spanischen Hidalgos sind: Anspruch auf alle Staats- u. Kirchenämter könne mehrere Pfründen in Einer Person verbinden, Gesandtschaftsposten allein bekleiden, sind als Zeugen nur in ihrer Behausung zu vernehmen, sollen verhaftet besser als andere Familien gehalten u. zum Tode verurtheilt mit der Garotte hingerichtet werden, sind frei von allen öffentlichen Diensten u. von mehreren Abgaben etc. Auch in Spanien gibt es hohen u. niederen A.; letzter von den gewöhnlichen Hidalgos, erster von den Granden (früher Ricoshombres. reiche Leute) gebildet, deren es 3 Classen, jede mit eigenen Prärogativen, gab, von denen die erste vor dem Könige mit bedecktem Haupt erscheinen konnte u. die sämmtlich ihre Möstas (Schafheerden) frei durch das Land treiben durften, zu welchen Zwecken an den Hauptstraßen 30 Fuß breite Streifen zur Viehweide Brache bleiben mußten etc., Privilegien, die unter der neuen constitutionellen Regierung sämmtlich aufgehoben worden sind. Zum hohen A. gehören auch sämmtliche Titulados (Betitelte), als Duques, Marqueses, Condes, Vicecondes u. Barones. Alle Titel haben einen kleinen Besitz, mit dem sie verbunden sind u. welcher Mayorazgo (Majorat) ist. Auch die Verheirathung mitadeligen Frauen pflanzt, im Fall diese Besitzerin eines Guts ist, deren Titel auf den Mann über. Jeder Titulado führt das Wort Don vor dem Namen. Sehr streng hielt man in Spanien auf alten A. Zur Hoffähigkeit gehörte sonst mindestens 400jähriger A. Ähnlich war der A. in F) Portugal organisirt; auch hier bildeten die Fidalgos die Grundlage, doch war der hohe A. weniger ausgebildet. G) Die Niederlande, so lange sie zum deutschen Reiche gehörten, hatten die deutschen Adelsinstitute; als sie aber im 16. u. 17. Jahrh. sich von der spanischen Herrschaft u. zugleich vom deutschen Reiche losgerissen hatten, gingen die Vorrechte[120] des dortigen A-s verloren, noch mehr aber bei den nachfolgenden bürgerlichen Unruhen u. bei der Hinneigung des Volks zum Handel. Als endlich Holland 1795 republicanisirt wurde, gingen auch die letzten Realrechte des A-s unter, u. bei der Erhebung des Königs Wilhelm zum König der Niederlande 1814, fand derselbe zwar adelige Familien, aber ohne die Rechte des A-s vor. Dennoch ist der Adelsstand anerkannt u. die niederländischen Adelsfamilien, Herzöge (sehr wenig), Grafen, Barone, Ritter, sind eigen eingeschrieben. Letztere betragen über 350. Der König kann in den Adelsstand erheben u. auch höhere Rangstufen ertheilen. H) Auch in Belgien findet fast dasselbe Verhältniß statt. I) In der Schweiz gab es bei der Losreißung von der österreichischen Herrschaft im 14. Jahrh. Burg- u. Landherren nach deutscher Art, aber diese starben theils aus, theils erwarben die Cantone ihren Grundbesitz nach u. nach fast ganz. Dagegen war schon früher ein Theil des A-s in die größeren Städte gezogen u. hatte adelige Genossenschaften gebildet. Aus ihnen u. aus reichen Bürgerfamilien, welche die obrigkeitlichen Stellen bekleideten, bildeten sich die Patricier, welche die Cantone mit aristokratischer Regierungsform beherrschten u. noch bestehen, während in der Mehrzahl der Cantone eine demokratische Verfassung war u. ist. Eigentliche Vorrechte haben aber diese Patricier nicht. it) In Großbritannien bestehen die jetzigen Adelsverhältnisse seit der Eroberung durch die Normannen (1066). Zur Landesherrlichkeit hat es der hohe A. in England nie gebracht; nur wenige Provinzen (früher Apanagen königlicher Prinzen, wie Lancaster u. Cornwallis) u. einige Bisthümer (Chester u. Durham) hatten als Counties palatine (Pfalzgrafschaften) beschränkte Regierungsrechte. Brief-A. kam unter Heinrich IV. im 15. Jahrh. auf. Der A. in England theilt sich in den hohen (Nobility) u. niederen A. (Gentry). Die Nobility besitzt die Peerschaft, sitzt im Oberhause, ihre Mitglieder, die Lords, führen die Titel: Herzog (Duke), Marquis, Graf (Earl, Count), Vicegraf (Viscount), u. Baron. Der A. ist mit den Gütern, an denen er haftet, von väterlicher Seite, ohne Rücksicht auf die Mutter, erblich, aber nur auf den ältesten Sohn (indem die nachgeborenen Söhne in den 2. Stand treten) u. in Ermangelung von Söhnen auf die älteste Tochter, welche ihn auf ihre Kinder vererbt; hinterläßt ein Lord gar keine Nachkommen, so tritt das älteste Glied der Familie in seine Rechte ein. Auch kann der Souverän Mitgliedern des 2. Standes den A. verleihen, der dann, wenn er mit Grundbesitz verbunden ist, erblich ist. Bei Lebzeiten des Vaters führt der älteste Sohn den Adelstitel der zunächst niederen Klasse, z.B. der älteste Sohn eines Herzogs heißt Marquis etc.; die jüngeren Söhne der 3 ersten Klassen führen den Titel Lord vor ihren Tauf- u. Familiennamen, welcher von dem Adelsnamen des Vaters verschieden ist; der älteste Sohn eines Viscount od. Baron gehört, so lange sein Vater lebt, nicht zum A., sondern zur Gentry, der 1. Klasse des 2. Standes, u. führt den Titel Sir. Mit dem Amte verknüpft ist die Peerschaft der Erzbischöfe u. Bischöfe der Staatskirche in England u. Wales (Man ausgenommen), sowie die der 4 Stellvertreter der irländischen Erzbischöfe u. Bischöfe im Parlamente, endlich die des Lordkanzlers, der zugleich erblicher Peer wird, u. der 12 Oberrichter. Der schottische u. irländische A. übt die Rechte der Peerschaft nur als Corporation aus; jener läßt sich durch 16, dieser durch 28 gewählte Mitglieder im Parlamente vertreten. Dies ausgenommen, haben alle Peers gleiche Rechte, können nicht wegen Schulden, wohl aber wegen grober Verbrechen u. vermöge Parlamentsschluß verhaftet u. nicht für gesetzlos erklärt werden, dürfen nur vermöge königlichen von 6 Geheimeräthen unterzeichneten Befehls Haussuchung erleiden, u. bei schweren Verbrechen nur von Peers (Gleichen) gerichtet werden, wegen geringerer Vergehen (Schlägen, Schmähschriften) werden sie aber vom gewöhnlichen Geschwornengericht verurtheilt. Sie haben ferner das Recht, in Gerichtshöfen mit bedecktem Haupte zu sitzen, u. können ihren A. nur durch bürgerlichen Tod od. durch Aussterben verlieren. Merkwürdig ist es, daß die wenigsten adeligen Familien ein hohes Alter haben: das Haus der Lords zählte, ausschließlich der Bischöfe etc., 1850 325 Mitglieder, von denen nur 15 ihre Peerswürde bis auf 300 Jahre zurückführen konnten. Den niederen A., welcher sich in England erst später als eigener Stand ausgebildet hat, bildet die Gentry. Zur Gentry gehören die Baronets u. die Knights Bannerets, deren Würde nach dem Rechte der Erstgeburt erblich (die Familien der Baronets schmelzen auch zusammen; von den 200 von Jakob I. creirten existirten 1850 nur noch 30 Familien), sowie die Knights Bachelors, 3 Klassen, welche den Ritterstand bilden u. den Titel Sir vor dem Taufnamen führen; sodann die nachgeborenen Söhne des A-s u. des Ritterstandes, welchen der Titel Esquire zukommt, den jedoch auch alle nicht ritterlichen freien Gutsbesitzer in England u. Irland haben (in Schottland Laird); endlich Gelehrte, Künstler, Offiziere des Heeres u. der Flotte, die großen Fabrik- u. Handelsherren (ohne offenen Laden) u. die Offiziere der Handelsmarine. Für das britische Ostindien wurde 1856 von der Regierung decretirt, daß jeder Eingeborene von A., welcher ein Verbrechen od. eine entehrende Handlung begeht, den A. verlieren soll. L) In Dänemark theilt sich der A. in einen Herzog (den von Holstein-Glücksburg), 19 Grafen, 12 Barone u. gemeinen A. Nur der A. hat das Jagd- u. Fischerei-, das Patronat-, Birk- u. Strandrecht, in den Herzogthümern Schleswig u. Holstein noch eigenen Gerichtsstand, die Besetzung der 4 Landrathsstellen, die Befugniß, Testamente u. Codicille ohne königliche Bestätigung zu errichten, Freiheit in Zöllen u. Abgaben für eigene Bedürfnisse, Befreiung vom Stempel. Königliche Beamte der 3 ersten Klassen der Rangordnung werden für sich, Frauen u. eheliche Kinder 1. Gliedes dem A. gleich geachtet. M) In Schweden macht der A. den ersten Stand aus. Die Rechte des schwedischen A-s sind groß, bes. wichtig sind sie auf dem Reichstag, wo jedes Familienhaupt nach erreichtem 24. Lebensjahre erscheinen kann; seit Karls XII. Tode riß der A. fast sämmtliche königliche Rechte an sich, bis der König Gustav III. die Macht desselben brach, dies aber freilich auch mit dem Leben büßte. Nach der Revolution von 1809 wuchs die Macht des A-s wieder, u. noch jetzt ist der schwedische A. ziemlich der mächtigste in Europa; im Ganzen aber ist er arm u. verschmähte es bis auf die neuste Zeit, sich an commerziellen u. industriellen Unternehmungen zu betheiligen. N) Norwegen[121] ist die einzige Monarchie in Europa, die gar keinen A. hat. Zwar bestand dort A., aber durch das Reichsgrundgesetz vom 4. Novbr. 1814 ward bestimmt, daß alle Norweger vor dem Gesetz gleich sein u. in keiner Weise vor einander bevorzugt werden sollten. Zwar trug der König auf das Recht der Adelsertheilung an, aber der Storthing wies diesen Antrag 1815, 1818 u. 1821 ab. O) In Polen ist der A. seinem Ursprunge nach reiner Kriegs-A., ausgezeichnete Kriegsdienste wurden dort von jeher mit dem A. belohnt. Es gab in Polen sonst keinen Unterschied zwischen hohem u. niederem A. Der Titel Fürst u. Graf rührte von auswärtigen Staaten her u. gab in Polen durchaus kein Vorrecht. Zuweilen ward jedoch diese fremde Adelserhöhung von dem Reichstag anerkannt. Der Adelige hieß Szlachcic, ein Name, der jetzt mehr auf den armen A. übergegangen ist; s. u. Polen (gesch. Geogr.). Durch kaiserlichen Ukas vom 7. Juli (25. Juni) 1836 wurden alle adeligen Familien, welche bis dahin adelige Vorrechte besaßen od. beanspruchten, aufgefordert, ihren Adel durch Documente bestimmt nachzuweisen; mindestens der Großvater mußte vom A. gewesen sein u. Grundbesitz gehabt haben. P) In Rußland war der A. in alter Zeit ein Grundbesitz-A., u. die Kneesen u. Bojaren bildeten den hohen, die übrigen Adeligen den niederen A. Erst Peter d. Gr. änderte dies durch Einführung von Rangklassen u. setzte dadurch den A. mit einem Schlage zurück, indem nur der in kaiserlichem Dienste Befindliche od. Gewesene auf Ehren u. Bevorzugungen Anspruch machen konnte. Auch gewährte eine gewisse Rangklasse den persönlichen, eine höhere den erblichen A. Die Folge dieser Maßregel war, daß der A. sich beeilte, in kaiserliche Dienste zu treten, um der Vortheile jener Rangklassen theilhaftig zu werden. Mit der Erwerbung der Ostseeprovinzen, eines Theils von Polen, Finnlands etc., waren deutsche u. andere Adelstitel nach Rußland gekommen; die Kneesen nahmen den Titel Fürst od. Graf an, u. es erfolgten nun auch von dem Kaiser Ernennungen zu diesen Würden. Der A. ist jetzt in Rußland Erb- u. persönlicher A. Vom Erb-A. gibt es 6 Arten: Diplom A., Kriegs A., Achteklassen-A., ausländische Geschlechter, Titel-A. u. altadelige Geschlechter. Der Erb-A. wird erworben durch Erhebung in den Adelstand, durch Ertheilung des Offizierrangs im Militär u. Beförderung zur achten Klasse im Civildienst, u. durch Verleihung eines russischen Ordens. Des persönlichen A-s sind theilhaftig: Civilbeamte u. Beamte des Kriegsministeriums, welche den Ober-Offiziersrang erhalten haben, d. h. von der 14. bis zur 9. Klasse einschließlich; die Offiziere der Arbeitsbataillone; die Auditoren u. Quartiermeister. Jeder erbliche Edelmann ist frei von Leibesstrafe u. von persönlichen Leistungen u. Abgaben; er kann in den Staatsdienst treten u. ihn nach Willkür wieder verlassen; genießt, mit Erlegung der Gildesteuer, die Rechte der Kaufmannschaft, u. kann daher mit den Rechten derjenigen Gilde, zu welcher er sich hat einschreiben lassen, Handel treiben (Übernehmungs- u. Lieferungscontracte zu schließen u. auf eigenem Grund u. Boden Manufakturen u. Fabriken anzulegen, ist ihm auch ohne Erlegung der Gildesteuer gestattet); hat das Recht, adeliges Vermögen, d. h. Ländereien mit Bauern, zu erwerben, zu besitzen u. zu veräußern; kann in den geistlichen Stand treten, ohne der Adelsrechte verlustig zu gehen; wird nur von seines Gleichen gerichtet; er geht seiner Standesrechte verlustig entweder durch freiwillige Entsagung, od. in Folge gewisser Criminalverbrechen (Meineid, Mord, Verrath, Raub, Diebstahl, Fälschung u. dgl.), jedoch nur auf richterlichen Spruch u. mit kaiserlicher Bestätigung; theilt seiner Gattin bürgerlicher Herkunft seine adeligen Rechte mit u. vererbt dieselben auf seine Nachkommenschaft. Ein Frauenzimmer vom A., welche mit einem Bürgerlichen in eine eheliche Verbindung tritt, geht ihrer Standesrechte nicht verlustig, ohne dieselben jedoch ihrem Manne od. ihren in dieser Ehe erzeugten Kindern mitzutheilen. Der Edelmann hat das Recht, seine ehelichen Kinder in die für den A. errichteten Anstalten zur Erziehung abzugeben. Junge Edelleute, die in keiner adeligen Kronanstalt erzogen worden sind, werden im Militärdienst als Junker, u. im Civil als Kanzleibeamte angenommen. Der persönliche Edelmann genießt der Vorrechte des A-s für seine Person u. theilt dieselben nur seiner Gattin mit, ohne sie auf seine Kinder zu vererben, doch haben diese das Recht, der Ehrenbürgerschaft einverleibt zu werden; sie können adeliges Vermögen (s. oben) weder erwerben noch besitzen u. müssen daher adeliges Vermögen, das ihnen durch Erbschaft oder sonst wie zugefallen sein sollte, an dazu berechtigte Personen überlassen; sie müssen bei Eingehung von Übernehmungs- u. Lieferungscontracten, bei Anlegung von Manufacturen, Fabriken u.s.w. die Gildesteuer erlegen; sie können, wenn ihre Väter u. Großväter dem persönlichen Adelsstande zugehört u. der Krone 20 Jahre untadelhaft gedient haben, um den Erbadel nachsuchen; dasselbe können auch Soldaten, die sich zum Offiziersrang aufgedient haben, für einen ihrer, vor ihrer Beförderung zum Offiziersrange, in gesetzlicher Ehe erzeugten Söhne. Dem A. des russischen Reichs ist ein eigener Adelsgnadenbrief verliehen, u. außerdem genießt der A. in einigen Gouvernements noch gewisser besonderer Vorrechte. Die Edelleute eines jeden Gouvernements bilden einen besonderen Adelsverein, in welchem aller 3 Jahre eine allgemeine Adelsversammlung gehalten wird. Auf diesen Versammlungen werden die das Gouvernement betreffenden Angelegenheiten verhandelt u. die Wahlen wegen Besetzungen der Dienststellen im Gouvernement abgehalten. (Q) In Ungarn bestand früher der Unterschied zwischen gewöhnlichem A. u. Magnaten nur darin, daß diese in Person, jene nur durch Abgeordnete auf dem Reichstage erschienen. Die Rechte des ungarischen A-s waren folgende: Jeder Gutsbesitzer hatte in den Versammlungen seines Comitats Sitz u. Stimme u. ernannte die Abgeordneten des Reichstags mit; er konnte, außer bei Capitalverbrechen (Hochverrath, Mord, Straßenraub, auf der That ertappter Diebstahl, Desertion), nur, des Verbrechens überführt, verhaftet u. nur vor einem adeligen Richter gerichtet werden; konnte liegende Gründe u. ein Jus dominiale in Ungarn erwerben; er war frei von Steuern, Zoll, Einquartirung, u. legte sich das, was er gewährte, selbst als Subsidie auf; erwar zur Insurrection (s.d.), nicht zum gewöhnlichen Kriegsdienst verpflichtet; er stand nur unter der Hoheit des Königs. Die hohe Geistlichkeit ward mit zu dem A. gerechnet. VII. Literatur. Historia, woher die Edelleute u. Bauern ihren Ursprung haben, Rost. 1569; Wagner, von des A-s Ankunft etc., Magdeb. 1581; Osorius, De[122] gloria it. de nobilitate civili et christiana, Lissab. 1542, Antw. 1634 (deutsch von Mayer, Kempten 1828); Winand, Bericht vom A., Köln 1602; Camutius, De nobilitate, Mail. 1640; Spener, Theatrum nobilitatis europaeae, Frkf. 1668, Fol.; v. Steck, Vom Geschlechts-A. u. Erneuerung des A-s, Berl. 1778; v. Wedekind, Über den Werth des A-s etc., Darmst. 1816 (1818); Graf M. v. Moltke, Über den A. u. dessen Verhältniß zum Bürgerstande, Hamb. 1830; Konr. v. Maurer, Ueber das Wesen des ältesten A-s, Münch. 1846; Eisenhardt, Über den Beruf des A-s im Staate, Stuttg. 1852; L. v. Maurer, Gesch. der Markverfassung, Erl. 1856; Spangenberg, Adelsspiegel, Schmalk. 1591–94, 2 Bde., Fol.; Riccius, Entwurf von dem A. in Deutschland, Nürnb. 1735; Struben, De orig. nobilit. germ., Jena 1745; Scheid, Nachrichten von dem A. in Deutschland, Hannov. 1754, 2 Bde.; Rehberg, Über den deutschen A., Gött. 1803; Fleischhauer, Die deutsche privilegirte Lehn- u. Erbaristokratie, Neust. a. O. 1831; Helbach, Adels-Lexikon, Ilmen. 1825, 2 Bde.; Strantz, Gesch. des deutschen A-s, Bresl. 1845; Fischer, Der deutsche A., Frkf. 1852; Prann, Beschreibung der adeligen u. ehrbaren Geschlechter in den vornehmsten Reichsstädten, Ulm 1667; Dietmann, Kurmärkische Adelshistorie etc., Frkf. a. d. O. 1737, Fol.; Abel, Preußischer Rittersaal, Lpz. 1735, 4.; Grundmann, Versuch einer ukermärkischen Adelshistorie, Prenzl. 1744; v. Zedlitz-Neukirch, Neues preußisches Adels-Lexikon, Lpz. 1836–39, 5 Bde.; Angeli, Holsteinische Adelschronik, Lpz. 1597, 2 Bde; Über den hannöverschen A., Hannov. 1804; v. d. Berken, Beiträge zur Geschichte des westphälischen A-s, Dortm. 1804; Reineccius, Von der Meißner Herkommen u. des A-s gem. Ursprung, Lpz. 1576; König, Genealogische Adelshistorie etc., Lpz. 1727–36, Fol.; v. Üchtritz, Diplomatische Nachrichten von adeligen Familien, ebd. 1795, 7 Bde.; Wig. Hund zu Sultzenmoß Bayrisch Stammen Buch, Ingolst. 1585, 2 Bde.; v. Lang, Adelsbuch des Königreichs Baiern, Münch. 1815, neue Aufl. 1820; Leupold, Allgemeines Adelsarchiv der österreichischen Monarchie, Wien 1789; v. Brandis, Das Tyrolische immergrünende Ehrenkränzlein, Botzen 1678; Otalora, Summa nobilitatis isbispanicae etc., Salam. 1570; Boulainvilliers, Sur la noblesse de France, Rouen 1732; Tabary, Sur la noblesse de France, Par. 1732; Mignot de Bussy, Sur l'origine de la noblesse de France, Lyon 1763; Cherin, Abrégé chronologique d'edits etc. des Rois de France, concernant le fait de Noblesse, Par. 1788; v. Eggers, Über den neuen Französischen Erb-A., Hamb. 1808; Statuten u. Verordnungen über den neuen A. in Frankreich etc., übers. von Keil, Köln 1810; Jurisprudentia heroica s. de jure Belgarum circa nobilitatem et insignia, Brüss. 1668; Bäcker, De antiq. nobilit. sup. et infer. Belg., Leyd. 1785; Salmon, Peerage of Engl., Scotl. and Ireland, Lond. 1751; The English Peerage, ebd. 1783; Debrett, The Peerage of the united kingdom of Great-Britain and Ireland, Lond. 1814, 2 Bde.; v. Helmersen, Geschichte des livländischen Adelsrechts, Dorpat 1836; Purgold, De diversis imperii Rossici ordinibus etc., Halle 1786; Okolski, Orbis Polonus, in quo antiqua Sarmat. gentilitia etc. relucent, Krak. 1641, 3 Bde., Fol.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 115-123.
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