[563] Kleinasiatische Sprachen, die Sprachen, welche im Alterthum in Kleinasien gesprochen wurden. Mit Ausnehme der Sprache der Galater, welche erst 238 v. Chr. aus dem fernen Westen nach Kleinasien eingewandert waren, u. noch zur Zeit des St. Hieronymus ehre mitgebrachte Celtische Mundart redeten, gehörten die K-n S. theils dem Semitischen, theils dein Indogennanischen Sprachstamme an. Als Scheidewand zwischen den Semitischen u. Indogermanischen Sprachen muß im Allgemeinen die Gebirgskette gelten, welche in ihren verschiedenen Theilen den Namen Temnos, Tauros u. Antitauros führt. Doch zählt man im Norden dieser natürlichen Grenze noch die Solymer mit ihren Nachkömmlingen, den Pisidern u. stammverwandten Isauriern zu den Semiten; im Sude, jenes Gebirges hingegen gehörten zu den Indogermanischen Völkern nur die Lykier u. Pamphyler. Die Sprachen der Myser, Lyder u. Karer waren höchst wahrscheinlich semitisch, wenn auch stark mit indogermanischen Elementen versetzt. Die Myser u. Lyder waren zu Lande eingewandert, die Karer erreichten die nach ihnen benannte Landschaft von dem Archipel aus zur See. Die Sprache der Kapadoker (in altpersischen Keilinschriften Katapatuka), von welcher die Kanonische nicht verschieden u. mit welcher die im N.T. erwähnte Lykaonische vermuthlich näher verwandt war, lehnte sich, wie es scheint, zunächst an das Armenische; das Phrygische, mit welchem das Paphlagonische in nahem Zusammenhange stand, ferner die nahverwandten Sprachen der Bithyner, Thyner u. Maryandyner, waren sicher indogermanischen Ursprungs u. scheinen den Sprachen der thrakischen Stämme in Europa nicht allzufern gestanden zu haben. Nach Lassen kann man sämmtliche Indogermanische Sprachen Kleinasiens, einschließlich des Armenischen einerseits u. des Thrakischen andererseits, als Glieder einer besonderen Familie des Indogermanischen Stammt unter dem Namen der Thrakisch-kleinasiatisch-armenischen zusammenfassen. Von den meisten der genannten Sprachen, welche mehr od. minder schon vor Alexander dem Großen stark von dem Griechischen beeinflußt waren, seit der Zeit der Diadochenzeit aber letzterem immer nicht zu weichen begannen, bis sie unter den römischen Kaisern allmälig völlig erloschen, sind nur wenige Wörter u. Eigennamen auf uns gekommen; nur das Phrygische ist in einigen Reineren, das Lykische jedoch in zahlreichen Inschriften (worunter die auf der Stele von Xanthos ziemlich umfangreich) auf uns gekommen, für deren Entzifferung u. Deutung nur erst wenig mit Erfolg geschahen ist (s. Lykiche Sprache). Vgl. Jablonsky, De lingua Lycaonica, Berl. 1714; vermehrt in dessen Opuscula. herausgegeben von Te Water, Leyd. 1809, Bd. 3; Heeren, De linguarum asiaticarum in antiquo Persarum imperio varietate et cognatione ( in Commentt. Soc. scientt., Götting., Bd. 3, Th. 2); P. Bötticher, Arica, Berlin 1851; R. Gosche, De Ariane linguae gentisque Armenicae indole, ebd. 1847; Lassen, Über die lykischen Inschriften u. die Sprachen Kleinasiens in der Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft, 1856, Bd. 10.
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