Medicinische Polizei

[65] Medicinische Polizei (Politia medica, fr. Police de santé), derjenige Theil der Polizeiwissenschaft, welcher sich mit den Sicherungs- u. Beförderungsmitteln des physischen Wohlbefindens der Staatsbürger beschäftigt, insoweit diese Mittel durch Anwendung medicinisch-physikalischer Kenntnisse gewonnen werden. Dieselbe ist ein Theil der allgemeinen Staatsarzneikunde (Medicina publica s. politico-forensis); von der Gerichtlichen Medicin (Medicina forensis s. legalis) aber unterscheidet sie sich insofern, als die letztere auf die besonderen Bedürfnisse der Rechtspflege berechnet ist u. daher nur lehrt, wie zu den Zwecken der Justiz mittelst naturwissenschaftlich-heilkundiger Kenntnisse, nach gesetzlichen Normen, Beobachtungen u. Untersuchungen anzustellen u. aus ihren Ergebnissen Folgerungen zu gewissen Rechtszwecken zu ziehen sind. Die Wirksamkeit der M-n P. dagegen läßt sich in folgende drei Hauptrichtungen zerlegen, als: a) öffentliche Gesundheitspflege, in welcher Hinsicht sie die Erhaltung u. Förderung des allgemeinen Gesundheitszustandes, zunächst also die Entfernung von Krankheitsursachen, zu erstreben hat; b) öffentliche Krankenpflege, wobei sie die Wiederherstellung des gestörten allgemeinen Gesundheitszustandes, durch Beseitigung ausgebrochener Krankheiten, zur Aufgabe hat; c) Medicinalordnung, der Inbegriff derjenigen Normen, welche über die wirksame Vollziehung der medicinisch-polizeilichen Anordnungen bestehen u. zu denen daher namentlich auch die Lehre von der Organisation der Medicinalpolizeibehörden zu rechnen ist, s.u. Medicinalwesen. In der früheren Zeit wurde die M. P. meist zugleich mit der Gerichtlichen Medicin vorgetragen, erst mit P. Frank (System einer vollständigen M-n P., 2. Aufl. Wien 1784, 4 Bde., u. 2 Supplementbände 1812 f.) begann eigentlich die wissenschaftliche Bearbeitung der M-n P. als einer besonderen Doctrin. Neuere Werke: Foderé, La médecine légale et l'hygiène publique, Par. 1813; Niemann, Taschenbuch der Civilmedicinalpolizei, Lpz. 1828; Parent-Duchatelet, Hygiène publique, Par. 1836; Nicolai, Grundriß der Sanitätspolizei, Berl. 1837; Tardieu, Dictionnaire d'hygiène publique, Par. 1852–54; Vogel, Die medicinische Polizeiwissenschaft, Jena 1853; Schürmayer, Handbuch der M-n P., 2. Aufl. Erlang. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 65.
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