Meerrettig

[77] Meerrettig (Kreen, Radix armoraciae), lange, walzenförmige, weiße, saftige Wurzel von Armoracia rusticana (Cochlearia armoracia), frisch gerieben von durchdringendem, scharfem, beim Trocknen u. längerem Kochen sich verlierendem Geruch u. Geschmack. Es gibt eine scharfe u. eine milde Sorte; erstere hat eine etwas ins Bläuliche spielende Farbe u. ist mit vielen Einschnitten versehen, während letztere eine fast weiße Schale hat u. glatt ist. Er gedeiht in den meisten Bodenarten, am besten aber in lehmigem Sande, weil er daselbst eine schöne Rinde bekommt, sehr weiß bleibt u. stark wird. Man darf den M. erst nach 6–7 Jahren wieder auf denselben Platz bringen, weil er sonst schwarz wird; gedüngt wird sehr stark mit Rindviehmist. Die Fortpflanzung geschieht durch 14–16 Zoll lang geschnittene, von allen Würzelchen befreite u. abgeriebene Fechser, die man zwei Fuß von einander in das zwei Fuß tief gegrabene Beet so einlegt, daß das schwächere Ende etwas tiefer zu liegen kommt als das stärkere. Im Juli streift man mit einer kleinen Hacke die Erde von den Fechsern herunter, hebt sie in die Höhe, reibt u. schneidet vom Kopfe die großen Blätter ab u. bedeckt den M. wieder mit Erde. Ende October werden die Wurzeln geerntet, im Keller in Sandeingeschlagen u. dieser öfter mit Wasser besprengt. Äußerlich als höchst schnell u. kräftig wirkendes Hautreizmittel, innerlich, wiewohl selten, gerieben, od. der ausgepreßte Saft mit Zucker, Essig, Wein, als antiscorbutisches Mittel, od. mit Branntwein gegen Magenkrampf angewendet. Der über M abgezogene Weingeist kann im Nothfall den Löffelkrautspiritus ersetzen. Sonst wurde auch durch Destillation ein Meerettigwasser (Aqua amoraciae) bereitet. In der Küche wird der M. theils roh gerieben, mit geriebenen Äpfeln, zu Wurst, Fleisch, Fischen, theils in Fleischbrühe od. in Milch mit zerstossenen Mandeln sehr kurze Zeit gekocht, als Gemüse gegeben. Er ist gesund, erregt aber für schwache Verdauungen, bes. in zu großer Quantität gegessen, leicht Blähungen.

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 77.
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