Orcin

[334] Orcin, ein von Robiquet in mehren Flechten entdeckter Körper. Man unterscheidet Alpha- u. Betaorcin. a) Das Alphaorcin (Orcit), C14H8O4 + 2HO, erhält man, wenn man den Kalkauszug der Orseilleflechten längere Zeit an der Luft kocht, den Kalk mit Kohlensäure fällt u. die Flüssigkeit eindampft, den Rückstand mit Alkohol auskocht u. die Lösung der Krystallisation überläßt. Das auf diesem Wege erhaltene O. ist mehr od. minder gefärbt. Farblos kann man es leicht erhalten, wenn man Orsellinsäure in reinem Wasser sieden läßt, wobei eine große Menge Kohlensäure frei wird; durch Abdampfen u. Krystallisirenlassen erhält man farbloses O. Es krystallisirt in vierseitigen Prismen, schmeckt widerlich süßlich, schmilzt bei Erhitzen u. läßt sich unverändert destilliren; die wässerige Lösung wird durch Bleiessig gefällt, durch Salpetersäure wird es blutroth gefärbt. O. absorbirt eine große Menge Ammoniakgas u. geht dadurch über in Orceïn. b) Das Betaorcin, C34H18O6, wird aus der Usninsäure durch trockene Destillation od. Sieden derselben mit Kali, Kalk od. Baryt erhalten; man stellt es dar aus der Usnea florida, U. hirta, U. plicata, U. barbata, Lichen rangeferinus, Ramalina calicaris, R. fraxinea u. Evernia prunastri; es sublimirt u. setzt sich in langen, gelben Nadeln ab, welche durch Digestion mit Thierkohle u. durch Umkrystallisiren gereinigt werden. Es ist ziemlich löslich in kaltem Wasser, leicht löslich in siedendem Wasser, Alkohol u. Äther, schmeckt deutlich süß u. ist vollkommen neutral. Es läßt sich entzünden u. verbrennt mit rußender Flamme. Mit Ammoniak u. feuchter Luft zusammengebracht, nimmt es eine blutrothe Färbung an; mit ätzendem od. kohlensaurem Kali entsteht ein prächtig rothes Pigment. Die kleinste Menge von Betaorcin gibt mit einer Lösung von Chlorkalk sogleich eine blutrothe Färbung, während die mit Alphaorcin erzeugte mehr violett ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 334.
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