Orseille

[382] Orseille (spr. Orsehj, Columbinfarbe), ein aus verschiedenen Flechten (bes. Roccella tinctoria, Lecanora parella, Gyrophora pustulata, Variolaria dealbata u.m.a.) dargestellter, dem Persio verwandter violetter Farbstoff zum Färben auf Wolle u. Seide. Die Flechten werden mit Urin, Ammoniak od. bei der Gasbereitung gewonnenem Gaswasser od. Kalk übergossen, öfters umgerührt, nach einiger Zeit Kalk zugesetzt u. 4–6 Wochen stehen gelassen. In den Handel kommt sie in Form eines Teiges von dunkelvioletter Farbe, welcher sich bei längerem Abschluß der Luft entfärbt, aber seine frühere Farbe wieder annimmt, wenn man ihn einige Zeit in Berührung mit der Luft umrührt. Die O. liefert schöne, aber wenig haltbare Farben, daher man sie auch meist nur als Hülfsfarbe braucht, um anderen Farben mehr Feuer zu ertheilen od. dieselben anders zu nüanciren. Die Orseillenslechten kommen bes. von Teneriffa, den Canarischen Inseln, Fuerta Santura, Ferro etc. in den Handel. Der O. nahe verwandt sind Persio u. Cudbear, welche aber im trockenen Zustande in den Handel kommen. Der Farbstoff der O. findet sich nicht fertig gebildet in den Flechten, sondern erzeugt sich erst durch die Einwirkung von atmosphärischer Luft u. Ammoniak auf dieselben. Durch Ammoniak läßt sich das Pigment ausziehen, es ist in Alkohol mit carminrother, in Alkalien mit violetter Farbe löslich. Das Chromogen dieses Pigments ist das Orcin, eine krystallinische Substanz von gelblichweißer Farbe u. süßlichem Geschmack.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 382.
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