[583] Palmerston (spr. Pahmerst'n), Henry John Baron Temple of Mount Temple, in der Grafschaft Sligo in der Peerage Ireland, dritter Viscount Palmerston of Palmerston, geb. 20. October 1784 in Irland, aus dem alten Geschlecht der Temple, deren ältere Linie als Herzöge von Buckingham in die englische Peerage kam, wurde in Cambridge mit Byron u. Peel erzogen, kam 1806 ins Unterhaus, wurde 1809 Staatssecretär für den Krieg u. behielt diese Stelle bis 1828, wo Hardinge sein Nachfolger wurde. Seitdem verließ er die Tories, zu denen er so lange gerechnet wurde, ob er gleich unter verschiedenen Ministerien gedient hatte; 1830 trat er mit dem Grafen Grey als Staatssecretär für das Auswärtige in das Ministerium u. galt nun für einen Führer der Opposition. 1834 stiftete er die constitutionelle Quadrupelalliance (Frankreich, Portugal, Spanien, England), die so erfolgreich Don Miguel u. Don Carlos bekämpfte, verwickelte aber später die Orientalischen Angelegenheiten bis zu dem Punkt, daß durch den Vertrag vom Juli 1840 Frankreich aus dem Concert der großen Mächte ausgeschlossen wurde, u. zog sich durch die indischen u. canadischen Wirren vielfachen Tadel zu. Mit seinem Schwager Lord Melbourne trat er (nachdem er schon von Novbr. 1834 bis April 1835 einmal zurückgetreten war) 1841 aus dem Ministerium, wurde Decbr. 1842 irischer Peer, bekämpfte 18421844 an der Spitze der Opposition vergeblich R. Peels Korngesetze u. andere Maßregeln. Nachdem Peel am 25. Juni 1846 seine Entlassung gab, trat P. in das am 3. Juli neugebildete Cabinet mit dem Portefeuille des Auswärtigen. Von Louis Philipp durch den raschen Abschluß der spanischen Heirathen überlistet, wurde P. der erbitterte Gegner dieses Königs, u. damit war das freundschaftliche Band zwischen England u. Frankreich zerrissen. Die Ereignisse, welche 1847 Italien zu erschüttern begannen, eröffneten den Plänen P-s ein weites Feld; durch die Sendung Lord Mintos begünstigte er die dortigen Bewegungen; in Ungarn ging er 1848 u. 1849 ermunternd zu Werke u. reizte dadurch die österreichische Regierung; die Sache Dänemarks fand bei P. den kräftigsten Schutz, u. er ging bis zu der Erklärung vor, die Deutsche Kriegsflagge gleich Seeräubern behandeln zu wollen, wenn sie sich auf den Meeren zeige. Das Auftreten gegen Griechenland im Novbr. 1849 sollte den englischen Einfluß in Constantinopel erhöhen u. Rußland bedrohen, wozu P. bereits die Türkei gegen die Drohungen Rußlands u. Österreichs in der Flüchtlingssache in Schutz genommen hatte, aber der Zweck wurde zum größten Theil verfehlt. Das Asylrecht, welches P. den politischen Flüchtlingen aller Länder in England einräumte, bes. der Empfang Kossuths, veranlaßte Frankreich, den Deutschen Bund u. bes. Österreich zu heftigen Anklagen; die übereilte Anerkennung, welche P. dem französischen Staatsstreiche vom 2. Dec. 1851 zu Theil werden ließ, wurde der Grund zu seinem Austritt aus dem Cabinet am 22. Dec. 1851. Seine Stellung im Parlament war gegen seine früheren Amtsgenossen nicht offen feindlich, gleichwohl trug er dadurch, daß sein Antrag über die Milizbill am 20. Febr. 1852 angenommen wurde, zum Sturze Russels bei; dagegen machte er gegen das Ministerium Derby (Febr. bis Decbr. 1852) Opposition. In dem Coalitionsministerium vom Decbr. 1852 wurde er Staatssecretär des Innern; am 13. Dec. 1853 gab er seine Entlassung nahm aber am 24. d. M. sein Gesuch zurück u. wurde im Febr. 1855 Premier des neuen Ministeriums, welches am 26. Febr. 1858 vor einem Torycabinet Derby-Disraeli zurücktrat, bis er am 18. Juni 1859 als erster Lord des Schatzes wieder an die Spitze des neugebildeten Whigministeriums trat; s.u. Großbritannien (Gesch.). Vgl. Graf Ficquelmont, Lord P., l'Angleterre et le Cabinet, Par. 1852, 1. Bd., deutsch Wien 1852.