Schwulst [1]

[692] Schwulst, der, 1) (lat. Ampulla, engl. Bombast, franz. Phebus), Fehler in der Schreibart, welcher darin besteht, daß man ihr bei dem Mangel an wahrer Größe eine scheinbare zu geben sucht. Der S. kann sich zeigen entweder im Ausdruck, wenn man von ganz gewöhnlichen Dingen u. Menschen mit prächtigen Worten, wortreichen Phrasen, rhetorischen Figuren etc. spricht, hauptsächlich da, wo man es gar nicht erwartet hätte u. wo es in die Gattung der Rede gar nicht paßt; od. in den beigemischten Gedanken, wenn man den Hauptbegriffen prahlende Beiwörter zulegt, welche jene zu ihrer Hervorhebung gar nicht bedürfen, od. wenn man gemeinen Gedanken eine höhere Bedeutung geben will, deren sie nicht fähig sind. Außerdem gibt es aber auch mystischen u. speculativen S., welcher in dem Gebrauch dunkler Worte besteht, welche den Schein haben, als bedeuten sie etwas Erhabenes u. Großes u. bes. Tiefsinniges. Den S. in der Musik findet man da, wo der Gefühlsausdruck gesucht u. überspannt u. die Kraft u. Erhabenheit nur scheinbar ist. Bei den Alten findet sich der S. erst in dem Verfall der Griechischen u. Römischen Literatur, wo man den Mangel an wahren Gefühlen u. erhabenen Gedanken, hauptsächlich durch den Einfluß orientalischen Geschmacks, durch Worte u. Redensarten zu ersetzen suchte; in der Deutschen Literatur zeichnet sich durch S. bes. die Hofmannswaldau-Lohensteinsche Periode aus; uz. Art des Stolzes, wo man mit Worten u. Gebehrden sich mehrer u. größerer Vorzüge rühmt, als man wirklich besitzt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 692.
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