Stolz [1]

[869] Stolz, das Gefühl persönlicher Vorzüge u. die damit verbundene Äußerung im Handeln. Bezieht sich dies Gefühl auf Vorzüge, welche der Wahrheit gemäß u. in dem allgemeinen Sittengesetze begründet sind, u. bestimmt es den Menschen nichts zu thun, was ihn derselben wieder verlustig macht od. seine moralische Natur entwürdigt, so heißt es edler S. od. Hochsinn. Liegen aber jenem Gefühle zwar wahre Vollkommenheiten zum Grunde, werden diese aber überschätzt, d.h. für größer gehalten, als sie wirklich sind, u. entspringen daraus übertriebene Ansprüche auf die Achtung u. Ehrerbietung Anderer, so heißt es schlechtweg S., u. sofern er sich vorzüglich in Mienen u. Geberden u. in der ganzen Haltung kund gibt, Aufgeblasenheit. Ist das auf eingebildete Vorzüge gegründete Benehmen mit einem Betragen, welches die größte Geringschätzung Anderer ausdrückt, u. mit dem Ansinnen verbunden, daß sich Andere gegen uns wegwerfen sollen, so heißt dies Hochmuth, u. insofern sich derselbe vorzüglich durch äußern Prunk u. auffallendes Gepränge sichtbar macht, Hoffart. In Bezug auf die Vorzüge, welche Jemand zur Erhebung über Andere verleiten, unterscheidet man den Adelstolz, welcher sich deshalb über Andere erheben zu können glaubt, weil ihm seine Geburt in der bürgerlichen Gesellschaft einen höhern Rang verschafft; Nationalstolz, der sich auf die Vorzüge gründet, welche das Volk, zu welchem Einer gehört, vor andern vorgeblich auszeichnen. In ähnlicher Weise bezeichnet der Gelehrtenstolz, der Geldstolz, der Beamtenstolz etc. besondere Arten des S. es, insofern er sich auf besondere wirkliche[869] od. eingebildete Vorzüge gründet u. das Gefühl derselben Andern gegenüber geltend macht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 869-870.
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