Sorben

[305] Sorben (Sorbenwenden), slawisches Volk, drangen im 5. Jahrh. n. Chr. aus dem untersten Theile Sarmatiens bis in die Mitte des nördlichen Deutschlands vor u. setzten sich auf der linken Seite der Oberelbe fest. Sie hatten Jahrhunderte lang das ganze spätere Markgrafthum Meißen nebst dem Osterlande od. dem heutigen Herzogthum Altenburg u. gleichzeitig einen nicht unbedeutenden Strich des Niedersächsischen Kreises inne, wo sie sich bis zur Zeit der Sächsischen Kaiser als eine unabhängige Nation zu erhalten wußten, indem sie von den stammverwandten Lutitzen in der Lausitz, den Lechen in Polen, den Czechen in Böhmen u. den Hevellern u. Ukern in Brandenburg unterstützt wurden. Seit 912 wurde aber das von den S. bewohnte Land allmälig nach hartnäckigem Kampfe zu einer Provinz des Deutschen Reiches umgestaltet. Seitdem die S. deutschen Herren unterworfen waren, zog sich das Gros derselben mehr nach dem Westen Mitteldeutschlands, in die jetzigen beiden Lausitzen, wo sie noch heute die ländliche Bevölkerung bilden. Die S. sind gegenwärtig meist germanisirt; nur in der sächsischen Oberlausitz, bes. in der Gegend von Bautzen, hat sich der slawische Dialekt ungetrübt erhalten, während in der preußischen Niederlausitz, in der Gegend von Kottbus, Sorau etc. schon der deutsche Einfluß auch auf die Sprache sich geltend macht. In der Sprache (s. Wendische Sprache) unterscheidet man überhaupt zwei Hauptdialekte, den Oberserbischen, welcher sich dem Böhmischen nähert u. von den Wenden der Oberlausitz gesprochen wird, welche sich selbst S. nennen, u. den Niederserbischen, welcher sich mehr dem Polnischen nähert u. von den Wenden der Niederlausitz gesprochen wird, die sich Sersken nennen, während die Umwohner sie im Allgemeinen Soraben, S. od. Wenden nennen. Die Sprache, in beiden Dialekten etwa noch von 160,000 Seelen geredet, geht dem Aussterben entgegen, namentlich in der preußischen Lausitz, wo wenig für die Erhaltung derselben gethan wird, während in Sachsen slawische Sprachvereine, wie die Matica srbsca für Aufrechterhaltung der slawischen Nationalität durch Unterricht u. Gottesdienst sorgen. Selbst in Dresden wird den wendischen Serben Gelegenheit zu Andachtsübungen in ihrer Volkssprache geboten. Die Literatur der S. ist noch in der Kindheit; die Heilige Schrift, Luthers Katechismus u. einige Gebetbücher sind zwar längst in ihre Sprache übersetzt, außerdem hat man aber wenige Nationalschriften. Die Haupterzeugnisse der Sorbenwendischen Literatur findet man verzeichnet in Jordan's Jahrbüchern für slawische Literatur, Kunst u. Wissenschaft, Lpz. 1843–1848, Jahrg. 1–6, u. in Schmaler's Jahrbüchern für slawische Literatur, Kunst u. Wissenschaft, Bautzen 1852–56, Jahrg. 1–4 Den werthvollsten Beitrag zu derselben bilden die Sprüchwörter, Sagen u. Volkslieder der S., welche für beide Dialekte bereits sorgfältig gesammelt sind, in Betreff der Oberlausitzer Mundart durch Schmaler u. Haupt, in Betreff der Niederlausitzer Mundart durch Hauptmann, Zwahr u. Andere.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 305.
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