[769] Trauerzeit (Tempus lugendi, T. luctus, für die nächsten Personen oft in einem Jahr bestehend, daher Trauerjahr, Annus luctus), diejenige Zeit, innerhalb deren die nächsten Verwandten eines Verstorbenen nach Sitte od. Gesetz die Trauer um denselben durch Anlegung von Trauerkleidung, Enthaltung von der Theilnahme an Festlichkeiten u. dergl. zu bezeigen haben. Die Verletzung dieser Sitte zieht nicht blos eine gewisse Geringschätzung, sondern zuweilen auch manche rechtliche Nachtheile nach sich. Bei den Römern traf alle diejenigen Verwandten, welche die T. verletzten, die Strafe der Infamie. Besondere rechtliche Wichtigkeit hat die T. bei Personen, welche durch den Tod der Ehegatten verwittwet sind, namentlich das Trauerjahr der Wittwe. Dasselbe findet seine Wurzel gleichfalls im Römischen Recht. Während dasselbe nämlich zwar dem Ehemann, welcher durch den Tod seiner Ehefrau verwittwete, sofort zu einer andern Ehe zu schreiten erlaubte, gestattete schon das ältere Römische Recht dies nicht vor Ablauf von 10 Monaten, damit nicht etwa eine Ungewißheit der Vaterschaft für die nachher von der Wittwe geborenen Kinder entstehe, sie hätte denn noch innerhalb einer Frist vom Tode des Ehegatten an geboren, wodurch die Gefahr einer solchen Ungewißheit sich beseitigte. In der späteren Zeit wurden die 10 Monate auf ein volles Jahr verlängert. Außer der Strafe der Infamie bestimmten neuere Gesetze, daß eine Frau, welche das Trauerjahr verletzte, Alles, was sie vom vorigen Manne erhalten, an dessen Descendenten, Ascendenten od. Seitenverwandte bis zum zweiten Grade, u. in deren Ermangelung an den Fiscus verlieren solle, dem neuen Ehegatten auf keine Weise mehr als ein Drittheil ihres Vermögens zuwenden könne u. daß sie unfähig sein solle durch Schenkung od. Letzten Willen Etwas zu erwerben od. andere Personen, außer Verwandten bis zum dritten Grad einschließlich, kraft Intestaterbrechts zu beerben. Diese Strafe sollte ihr selbst vom Regenten nicht erlassen werden können, wenn sie nicht sofort die Hälfte ihres Vermögens vollständig ihren Kindern abtreten würde. Nach Kaiser Justinians Vorschriften wurden diese Strafen auch der Wittwe angedroht, welche innerhalb eines Jahres ein Kind gebären würde, von dem es nicht gewiß wäre, daßihr voriger Mann der Vater desselben sei. Das Canonische Recht hob zunächst die Strafe der Infamie auf, u. darauf gestützt hat dann die Praxis überhaupt alle erwähnten Strafen beseitigt u. nur die Bestrafung einer während des Trauerjahrs von der Wittwe begangenen Unzucht durch Verlust des aus der früheren Ehe Erworbenen beibehalten. Dagegen haben die neueren Particulargesetze sehr häufig eine T. nicht blos für die Wittwe, sondern auch für den Wittwer eingeführt. So ist z.B. im Königreich Sachsen die T, binnen deren eine Wederverheirathung nicht stattfinden darf, für den Wittwer auf ein halbes, für die Wittwe auf ein ganzes Jahr festgesetzt. Doch ist bei zureichenden Gründen hiervon Dispensation zu erlangen. Aus Rücksichten auf die allgemeine Schicklichkeit, u. um den nächsten Verwandten einige freie Zeit zur Besorgung der nöthigsten durch den Todesfall veranlaßten Geschäfte zu geben, ist außerdem particularrechtlich zuweilen den Erben überhaupt eine gewisse kurze Frist eingeräumt, binnen deren Gläubiger z.B. nicht mit Anforderungen auftreten dürfen u. welche dann ebenfalls als T. bezeichnet zu werden pflegt, wie in Sachsen die Frist bis zum 30. Tage nach dem Tode, in andern Ländern die Frist bis zum neunten Tage.