Schenkung

[135] Schenkung (Donatio), ein Rechtsgeschäft, wodurch der Eine (Schenker) aus seinem Vermögen Etwas an den Andern (den Beschenkten) absichtlich solchergestalt überträgt od. ein ihm zustehendes Recht zu dessen Vortheil aufgibt, daß dieser Nichts dagegen leistet, sondern einen reinen Zugang zu seinem Vermögen, der Schenker also einen reinen Abgang daraus hat. Die S. kann in den verschiedensten, Formen vorkommen, in der Form einer Eigenthumsübertragung, Bestellung eines dinglichen Rechtes, wie in der Begründung einer Forderung gegen den Schenker (Schenkungsversprechen), ohne daß dadurch ihr Begriff u. Wesen verändert wurde. Sie bezieht sich auf keine einzelne Klasse von Rechten ausschließlich, sie kann vielmehr der Grund für Veränderungen in allen Arten von Vermögensrechten sein. Die S. geschieht unter Lebenden (D. inter vivos), wenn sie mit der Absicht erfolgt, daß sie sofort od. doch unabhängig von dem Tode des Schenkers in Kraft trete; als S. auf den Todesfall (D. mortis causa) ist diejenige zu betrachten, deren Perfection von dem Tode des Schenkers abhängig gemacht wird, so daß sie außer Kraft tritt, wenn der Schenker den Beschenkten überlebt od. noch vor seinem Tode die S. widerruft. Die letztere Art der S. hat eine große factische Ähnlichkeit mit dem Vermächtniß, welchem letztern sie auch in vielen Punkten, z.B. in Beziehung auf die Form der Errichtung, in Betreff des Verhältnisses zu den Gläubigern der Erbschaft, zu den Notherben, des Rechtes auf Abzug der Falcidischen Quart (s.u. Quarta Falcidia), das Accrescenzrecht etc. völlig gleichgestellt ist. Eine wesentliche Verschiedenheit von dem Vermächtniß besteht jedoch immer darin, daß die S. auf den Todesfall nicht als eine Gabe aus dem Nachlaß, aus der Erbschaft angesehen wird u. ihre Erwerbung daher keine Beerbung des Schenkers voraussetzt. Die Gültigkeit der D. mortis causa ist daher von Antretung der Erbschaft völlig unabhängig; sie geht deshalb auch nicht, wie ein Vermächtniß, durch Anfechtung des Testaments des Schenkers, noch durch Widerruf aller Legate von Seiten des Letztern verloren, wenn nicht der Schenker auch der D. mortis causa dabei ausdrücklich Erwähnung gethan haben sollte. Für die S-en unter Lebenden gelten insofern einige besondere Regeln, als ihre Errichtung mehren Beschränkungen unterliegt. Personen, welche nicht veräußern können, od. die wenigstens nicht zu einer Liberalität befugt sind, wie die Administratoren fremder Güter (Vormünder, Procuratoren etc.), auch Hauskinder, können auch nicht schenken; Minderjährige, welche für volljährig erklärt sind, können wenigstens keine Grundstücke verschenken; ebenso sind S-en unter Ehegatten, ingleichen S-en von u. an Personen, die mit einem der Ehegatten durch das Band der väterlichen Gewalt verbunden sind, ungültig. Ausgenommen von diesem Verbot sind nur solche S-en, welche die Ehegatten sich zur Wiederherstellung zerstörter Gebäude, zu den gewöhnlichen Bedürfnissen od. zu Luxusgegenständen, insofern damit nicht eine wirkliche Bereicherung des Beschenkten verbunden ist, gemacht haben, ingleichen S-en, welche dritten Personen zu Gute gekommen sind, u. S-en zwischen Regent u. Regentin. Außerdem convalesciren derartige S-en zwischen Ehegatten (auch nach richtiger Ansicht bloße Schenkungsversprechen) alsdann, wenn der schenkende Theil ohne Willensänderung vor dem Beschenkten verstirbt, vorausgesetzt, daß ihrer Wirksamkeit nur die Ehe zwischen den beiden Personen als Hinderungsgrund entgegenstand. Die S. gehört ferner zu den wenigen Rechtsgeschäften, welche, mindestens bei größeren Beträgen, schon gemeinrechtlich eine gewisse Form der Errichtung zu ihrer Gültigkeit bedürfen. Schon zur Zeit der Römischen Republik setzte die Lex Cincia vom Jahre 204 v. Chr. ein bestimmtes, jetzt aber unbekanntes Maß (Modus legitimus) der S-en fest, über welches hinaus alle S-en verboten wurden, u. schrieb zur Gültigkeit der übrigen S-en eine bestimmte Form, Mancipation u. Tradition, vor, so daß nicht einmal die Stipulationsform genügte. Im Unterlassungsfalle durfte die S. zu jeder Zeit widerrufen werden, insofern die Beschenkten nicht zu gewissen, bes. privilegirten Personen (Personae exceptae) gehörten. Später wurden diese Beschränkungen der L. Cincia indessen aufgehoben. An Stelle derselben trat seit Constantin der durch mehre kaiserliche Constitutionen eingeführte Grundsatz, daß S-en über eine gewisse Summe (200 Solidi) an Werth, wenn sie Bestand haben sollten, gerichtlich zu Protokoll erklärt werden mußten. Kaiser Justinian bestätigte diesen Grundsatz für alle S-en über 300, später nur für die über 500 Solidi (nach Gemeinem Recht = Ducaten zu 21/5 Thlr. preußisch) Diese Bestimmung findet nur dann keine Anwendung, wenn es sich um S-en von dem Regenten u. an ihn, zum Loskauf von Gefangenen, zum Wiederaufbau zerstörter Gebäude u. Bestellung eines Heirathsgutes handelt; S-en einer Rente, welche nicht schon für ein Jahr das gesetzliche Maß überschreitet, sind der [135] Nothwendigkeit einer Insinuation dann enthoben, wenn sie nicht auf die Erben übergehen soll. Eine Eigenthümlichkeit der S-en beruht noch darin, daß dieselben, auch wenn sie an sich gültig sind, aus gewissen Gründen einseitig vom Schenker widerrufen werden können. Diese Gründe bestehen in, dem Schenker zugefügten schweren Injurien od. Mißhandlungen, ihm verursachten bedeutenden Vermögensverlust, ihm zugezogener Lebensgefahr u. Nichterfüllung des bei der S. Versprochenen (D. sub modo). Auf u. gegen die Erben geht dies Recht des Widerrufes nicht über. Dagegen haben die Erben des Schenkers alsdann noch eine Klage auf Rückzahlung des Geschenkten, wenn ihnen das Recht des Pflichttheils zur Seite steht u. die S. sich als eine solche herausstellt, welche das Vermögen des Schenkers über den Betrag des Pflichttheils herabmindert (D. inofficiosa); ebenso die Gläubiger eines Schenkers, die sogen. Actio Pauliana (s.u. Actio), wenn die S. zum Nachtheil der Gläubiger angenommen wurde, so daß dieselben durch den Concurs ihre Befriedigung nicht erlangt haben. Eine sogen. remuneratorische S., welcher das Motiv der Dankbarkeit für eine früher von dem Beschenkten empfangene Leistung od. Wohlthat zu Grunde liegt, ist entweder gar keine S., wenn nämlich die Umstände von der Beschaffenheit sind, daß die Gabe rein als Belohnung erscheint, u. unterliegt dann natürlich auch nicht den mit den S-en verbundenen Beschränkungen; od. sie erscheint als S- u. ist dann ganz nach denselben Grundsätzen zu betrachten, wie eine gewöhnliche S., obschon Manche auch hier die Nothwendigkeit einer Insinuation, sowie die Möglichkeit einer Revocation läugnen. Die Klage auf Rückforderung des ungültiger Weise Geschenkten od. einer widerrufenen S. ist die gewöhnliche Condiction; die Forderung auf Erfüllung der S. richtet sich nach der Natur dessen, worauf die S. sich bezog. Die letztere Forderung hat insofern noch einige Besonderheiten, als der Schenker nicht für Eviction (s.d.) u. nicht für heimliche Mängel der geschenkten Sache zu haften, auch keine Verzugszinsen zu leisten hat u. dem Schenker das Beneficium competentiae (s.d.) zur Seite steht. Vgl. v. Meyerfeld, Die Lehre von den S-en nach Römischem Recht, Marb. 1835, 2 Bde.; Müller, Über die Natur der S. auf den Todesfall, Gießen 1827.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 135-136.
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