[618] Vision (v. lat.), 1) etwas innerlich Gesehenes od. Wahrgenommenes, welches sich ohne ein ihm entsprechendes äußeres Object dem Bewußtsein mit der Lebhaftigkeit einer sinnlichen Empfindung darstellt u. daher von demjenigen, welcher ein solches inneres Gesicht hat, für die Vorstellung eines wirklichen Gegenstandes gehalten wird. V-en kommen, selbst bei übrigens geistig gesunden Menschen, zunächst in der Form von Phantasmen u. Hallucinationen (s.d.) vorn, beruhen dann wahrscheinlich darauf, daß durch die phantasirende Reproduction gewisser Vorstellungsgruppen von innen heraus in den entsprechenden Sinnesnerven bestimmte Reizzustände hervorgerufen werden, welche der reproducirten Vorstellungsgruppe die Lebendigkeit der sinnlichen Gegenwart geben. Personen, deren Nervensystem nach irgend einer Richtung hin krankhaft afficirt ist (hierher gehören namentlich somnambule Personen), eben so solche, welche durch lange Einsamkeit von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten sind, oder wie z.B. verliebte u. religiöse Schwärmer, in leidenschaftlicher [618] Einseitigkeit ausschließend in bestimmte Gefühls- u. Gedankenkreise sich vertiefen, sind ihnen am meisten ausgesetzt. Wenn bei einer Person solche innere Gesichte häufig eintreten u. dieselbe durch sie wohl gar in einen unmittelbaren Verkehr mit einer unsichtbaren Geisterwelt zu kommen behauptet, vermöge dessen sie zu einer Kenntniß abwesender u. zukünftiger Dinge u. Ereignisse gelange, so nennt man eine solche Person einen Visionär, wie z.B. Swedenborg, die Seherin von Prevorst etc. 2) (Rhet.), s.u. Prosopopöie.