Wotjakische Sprache

[362] Wotjakische Sprache, zum Finnischen Sprachstamm (s.d.) gehörig, steht in grammatischer u. lexikalischer Hinsicht der Syrjänischen (s.d.) am nächsten. Sie hat, wie diese, für das Substantiv 15 Casus mit ziemlich denselben Endungen. Der Pluralis wird durch die Endung jos gebildet, z.B. murt der Mann, murtjos die Männer. Die Adjectiva werden nicht flectirt. Die Zahlwörter sind 1 odyg, 2 kyk, 3 küin, 4 nil, 5 vit, 6 kuat, 7 sizim, 8 tjamys, 9 ukmys, 10 das. Ordinalia werden daraus durch die Endung äti gebildet, z.B. odygäti der erste, kyktäti der zweite. Die Pronomina pers. mon ich, ton du, so er, mi wir, ti ihr, sojos sie, werden ähnlich wie die Substantiva[362] declinirt, die Possessiva aber werden ihrem Substantiv suffigirt. Das Verbum hat ein Präsens, Imperfectum, Plusquamperfectum u. Futurum, Imperativ, Infinitiv u. Participien u. Endungen für drei Personen in zwei Zahlen, z.B. von verany sagen, Präs. verasko ich sage, veraskód du sagst, verà er sagt, varaskòm wir sagen, veraskódy ihr sagt, veralò sie sagen. Im Negativum wird die vorangesetzte Negation flectirt, während das Verbum selbst meist unverändert bleibt. Das Passivum wird durch die Sylbe sky gebildet, z.B. uschäny loben, uschäskyny gelobt werden. Anstatt der Präpositionen gibt es hier, wie in den verwandten Sprachen, Postpositionen, welche die persönlichen Pronomina als Suffixe zu sich nehmen, z.B. dyn zu, dynäm zu mir; dynad zu dir etc. Der Anfang des Vaterunser lautet: atai miläm, ton kud ulüskod in wülün, med todonò luas pastana tünad nimjud, Vater unser, du welcher bist Himmel auf, daß bekannt werde allgemein dein Name. Grammatik, Petersb. 1775; von Wiedemann, Reval 1851.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 362-363.
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