Yang-tse-kiang

[465] Yang-tse-kiang (d.h. Oceanssohn, auch Blauer Fluß od. Kiang, d.i. Strom), der größte Fluß Chinas u. einer der mächtigsten Ströme der Erde. So weit seine Quellen bekannt sind, entspringt er aus Steppengewässern in Kuku-Noorien (bei den Mongolen Murn-Ussu, bei den Chinesen Folai-Tschu genannt) u. fließt ostwärts nach Sifan, wo er eine südliche Richtung annimmt u. sodann unter dem Namen Kin-Tscha-Kiang (Goldsandfluß) die Grenze zwischen Tibet u. China bildet. Die südliche Richtung behält der Y. von 33°–26° nördl. Breite bei, u. erst da, wo er den aus Sifan kommenden Ja od. Jar-Lung-Kiang aufnimmt, unter 118° östl. Länge, gelingt es ihm die östliche Richtung wieder zu erlangen. Hiermit endet der Oberlauf (240 Meilen lang). Neben den bisherigen Bezeichnungen erhält er nun die Namen Yang-tse-kiang, Ming-Kiang, Ta-Kiang od. Kiang. Der Mittellauf, etwa 215 Meilen lang. geht durch das chinesische Gebirgsland, zumeist in nordöstlicher Richtung bis etwa 130° östl. Länge; er geht hier durch krumme Thäler mit vielen Wirbeln, durch Felsenengen u. große Stürze in reißender Gewalt dahin u. nimmt auf dieser Strecke von Sifan her den Ming-Kiang, welcher von den Chinesen als der eigentliche Quellarm angesehen wird, mit dem Kin-Tscha-Kiang, dann den Kia-Ling-Kiang (vom Pe-Ling), von Süden her aber vom Nan-Ling den Tse-Kiang od. Ning-Kiang-Ho auf. Im Unterlaufe, welcher etwa 175 Meilen lang ist, geht der Strom zumeist ostwärts, tritt mit den beiden großen Seebecken Tong-Ting u. Po-Yang in Verbindung u. mündet unter 139° östl. Länge ins Meer. Auch hier gehen ihm noch viele mächtige Flüsse zu, so von Norden her der Jun-Kiang od. Han-Kiang, von Süden her durch den Tong-Ting die diesem vom Nanling zuströmenden Juan-Kiang u. Siang-Kiang od. Hong-Kiang, u. durch den Po-Yang der Kia-Kiang. Bei einem directen Abstand der Mündung von der Quelle von 390 Meilen, beträgt die Stromentwickelung 630 Meilen, eine Länge, wie sie durch die Stromlängen der Wolga, des Rheins u. der Weser zusammen gebildet würde. Die Fluth erstreckt sich etwa 100 Meilen weit stromaufwärts. Sein Stromgebiet ist neuerdings auf 54,175 QM. berechnet worden. Der Strom hat für China eine ganz hervorragende Bedeutung, trotzdem hat man sich früher bei Schilderung seiner Schiffbarkeit mancher Übertreibung hingegeben. Einerseits Versandungen u. daraus hervorgehende Untiefen, andererseits der ungemein große Unterschied des Wasserstandes je nach der Jahreszeit, beschränken die Beschiffung derart, daß er, wie die neuesten Untersuchungen dargethan haben, im Sommer für Fahrzeuge von 16–18 Fuß u. im Winter für solche von 8–10 Fuß Tiefgang benutzbar ist, daß jedoch oceanische Schiffe denselben nicht befahren können, od. doch nur auf kleinere Strecken.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 465.
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