[7] Baukosten (cost of construction; frais de construction; spese di costruzione), die bei Herstellung einer Eisenbahn bis zur Betriebsfähigkeit aufzuwendenden Kosten.
Zu den B. im weitesten Sinne gehören:
1. die den Gründern zu bezahlenden Beträge für Voreinleitungen, die Kosten der gesamten Vorerhebungen und Vorarbeiten, der Gutachten von Sachverständigen und der allgemeinen Verwaltung;
2. die Ausgaben für Grunderwerb, Kultur- und Nutzungsentschädigungen, Wirtschaftserschwernisse, Entschädigungen für Wertverminderungen, feuersichere Herstellungen und Bergbaubeschränkungen;
3. die Kosten für den gesamten Unterbau einschließlich Tunnel, für Oberbau, die Sicherungsanlagen und Hochbauten;
4. die Ausgaben für die Bahnausrüstung und die Einrichtung der Gebäude, ferner die Betriebsvorauslagen;
5. die Kosten der ersten Ausstattung der Bahn mit Fahrzeugen, und
6. die während der Bauzeit gezahlten Zinsen.
Die B. unterscheiden sich daher von den Anlagekosten (s.d.) dadurch, daß in ersteren nur die wirklich für die Herstellung der Bahn bezahlten Beträge enthalten sind, während das [7] Anlagekapital außerdem noch die Zuschläge für die Kosten der Geldbeschaffung, der Kursverluste u.s.w. enthält. Auch die Bauzinsen werden den B. oft nicht zugerechnet. Die Anlagekosten decken sich mit den B. nur in dem seltenen Falle, wenn das Geld zum Parikurse beschafft ist.
Unter B. im engeren Sinne versteht man oft nur die Summe der unter 2, 3, 4 und 5 angeführten Kosten, im engsten Sinne zuweilen auch nur die Kosten des Unterbaues, Oberbaues und Hochbaues, d.h. der Arbeiten, die meist an Bauunternehmer vergeben und von der Bauleitung (s.d.) überwacht werden.
Die vom Deutschen Reichseisenbahnamt herausgegebene Statistik der Eisenbahnen Deutschlands unterscheidet Baukosten, Bauaufwendungen und Anlagekapital (s.d.).
Zu den B. werden gerechnet die Auslagen für: I. Grunderwerb und Nutzungsentschädigung, einschließlich der dadurch entstehenden Kosten; II. Erd-, Fels- und Böschungsarbeiten (sowie Futtermauern u.s.w.) zur Herstellung des Bahnkörpers, einschließlich derjenigen der Wegübergänge u.s.w. nebst den zur Ausführung erforderlichen Gerätschaften; III. Einfriedigungen, jedoch ausschließlich derjenigen der Bahnhöfe; IV. Wegübergänge, einschließlich der Unter- und Überführungen von Wegen und Eisenbahnen nebst allem Zubehör; V. Durchlässe und Brücken; VI. Tunnel; VII. Oberbau der freien Bahn und der Stationen; VIII. Signale nebst dazugehörigen Buden und Wärterwohnungen; IX. Stationen; X. Werkstättenanlagen; XI. Außerordentliche Anlagen; XII. Fahrzeuge; XIII. Verwaltungskosten; XIV. Insgemein.
Zur Ermittlung der Bauaufwendungen werden den B. zugerechnet: etwaige Ausfälle beim Betrieb einer Strecke auf Kosten des Baufonds, Zinsen während der Bauzeit, Kursverluste, die erste Dotierung des Reserve- u.s.w. Fonds, sonstige Aufwendungen; hingegen abgerechnet: etwaiger Überschuß beim Betrieb einer Bahnstrecke für Rechnung des Baufonds, Rückeinnahmen, soweit sie nicht bei den einzelnen Bautiteln abgesetzt worden sind, Kursgewinn, Verwendungen aus Betriebseinnahmen und aus Fonds, die aus Betriebseinnahmen dotiert sind, Subventionen oder Zahlungen à fond perdu seitens Dritter und Zinsen für angelegte Geldbestände sowie sonstige Einnahmen.
Hier deckt sich also die Summe der Bauaufwendungen mit der des Anlagekapitals, außer wenn beim Verkauf einer Eisenbahn für diese ein höherer oder niederer Preis erzielt wurde als die Bauaufwendungen betrugen. In diesem, namentlich bei Verstaatlichung von Eisenbahnen vorkommenden Falle sind die Erwerbungskosten als Anlagekosten zu betrachten.
Die auf vorstehend angegebene Art gegliederten B., die Bauaufwendungen und das Anlagekapital sind jedoch in der Statistik des Deutschen Reichseisenbahnamtes nur bei den vollspurigen deutschen Bahnen angegeben; bei den Schmalspurbahnen ist nur das Anlagekapital ausgewiesen.
In der vom Eisenbahnministerium bearbeiteten »Österr. Eisenbahnstatistik« sind die B. (u. zw. die Gesamtbaukosten) nur bei den vom Staate erbauten Bahnen angeführt. Bei den vom Staat erworbenen Privatbahnen ist der Kaufpreis, und bei den Privatbahnen das Anlagekapital, u. zw. getrennt für »Bau und Einrichtung der Bahn«, »Beschaffung der Fahrbetriebsmittel«, »Kursverlust bei den Aktien- und Prioritätsemissionen« und »Sonstige Auslagen« ausgewiesen.
Die schweizerische Eisenbahnstatistik weist unter B. I. Allgemeine Kosten und II. Bahnanlage und feste Einrichtungen aus, mit der weiteren Unterteilung für I 1. Organisation, Verwaltung und technische Bauleitung, 2. Verzinsung des Baukapitals; für II 1. Landerwerb, 2. Unterbau, 3. Oberbau, 4. Elektrisches Leitungsnetz, 5. Hochbau und mechanische Stationseinrichtungen, 6. Telegraph, Signale, Bahnabschluß, Orientierungs- und Ordnungszeichen.
Oft ist es nicht leicht, die B. einer Bahn genau festzustellen, besonders wenn das Gesamtanlagekapital einer Bahn im voraus festgestellt und sämtliche Titel einer Generalbauunternehmung zur Veräußerung und Durchführung des Eisenbahnbaues in Pauschakkord übergeben wurden, somit eine Nachweisung der B. im einzelnen nicht erfolgt.
Die Höhe der kilometrischen B. ist im allgemeinen sehr verschieden und abhängig von der gewählten Bahnart (Haupt-, Neben-, Kleinbahn; vollspurig, schmalspurig), von dem Charakter der Gegend (Flach-, Hügel-, Gebirgsland), von den üblichen Arbeitslöhnen, den Bodenpreisen, den Preisen der Baustoffe, der Baudauer u.s.w. und läßt sich daher im voraus nur auf Grund eingehender Erhebungen und Vorarbeiten zuverlässig bestimmen. Den ersten Eisenbahnen kamen die billigen Bodenpreise, die niedrigen Arbeitslöhne, die geringen Kosten des Holzes (besonders der Schwellen) und der anderen Baustoffe zugute; daher stellen sich die B. der älteren Eisenbahnen, trotz der damals bezahlten bedeutend höheren Eisenpreise, verhältnismäßig niedriger.
Die durchschnittlichen B. für sämtliche vollspurigen Bahnen Deutschlands betragen nach der Statistik des Reichseisenbahnamtes für das Rechnungsjahr 1910 für das km 296.000 M., bei den Deutschen Staatsbahnen 308.000 M. und bei den Privatbahnen 109.000 M. Nachstehend die B. für 1 km einiger in den Jahren 19051910 eröffneten deutschen Bahnen:
Zweigleisige Hauptbahn:
Mark | |
Donauwörth-Treuchtlingen | 580.000 |
Nach der Statistik des Reichseisenbahnamtes:
Eingleisige Nebenbahnen:
Mark | |
Mittweida-Dreiwerden-Ringelthal | |
(Sachsen) | 215.455 |
Freien Grunder Eisenbahn (Westfalen) | 146.432 |
Esperstedt-Oldisleben (Weimar) | 139.429 |
Oberschefflenz-Billigheim (Baden) | 116.500 |
Butzbach-Lich (Rheinprovinz) | 83.327 |
Reinickendorf-Liebenwalde- | |
Groß-Schönebeck (Brandenburg) | 81.180 |
Elmshorn-Barmstedt-Oldesloe | |
(Schleswig-Holstein) | 58.984 |
Bentheimer Kreisbahn (Hannover) | 50.221 |
Löwenberg-Lindow-Rheinsberg | |
(Brandenburg) | 42.584 |
[8] Von den in Österreich in den letzten Jahren erbauten Bahnen betragen nach der österreichischen Statistik für das Jahr 1908 die Gesamtkosten für 1 km Länge:
Mark | |
Karawanken- und Wocheinerbahn | 841.000 | 1
Karawanken- und Wocheinerbahn | 578.000 | 2
Tauernbahn, Nordrampe | |
(Schwarzach-St. Veit-Badgastein) | 511.000 |
Pyhrnbahn | 428.000 | 3
Pyhrnbahn | 238.000 | 4
Lemberg-Sambor-Sianki | |
(ungarische Grenze) | 211.000 |
Vintschgaubahn | 200.000 |
Marienbad-Karlsbad | 180.000 |
Valsuganabahn | 180.000 |
Hartberg-Friedberg | 170.000 |
Karlsbad-Johanngeorgenstadt | 160.000 |
Tannwald-Grünthal (Zahnradbahn) | 5596.000 |
Zum Vergleiche seien die Kosten einiger älterer, hauptsächlich österreichischer Alpenbahnen angeführt:
Mark | |
Semmeringbahn | |
(Gloggnitz-Mürzzuschlag) | 965.000 | 6
Gotthardbahn | 1,057.000 | 7
Gotthardbahn | 598.000 | 8
Arlbergbahn (Innsbruck-Bludenz) | 520.000 | 9
Arlbergbahn (Innsbruck-Bludenz) | 302.000 | 10
Brennerbahn (Innsbruck-Bozen) | 340.000 | 11
Von kostspieligeren Schmalspurbahnen seien erwähnt:
a) Bahnen mit 1·0 m Spurweite:
Mark | |
Brohltalbahn (Rheinland) | 12200.000 |
Stubaitalbahn | 13130.000 |
Die rhätische Bahn: | 14|
Reichenau-Ilanz | 187.000 |
Landquart-Davos | 138.000 |
Landquart-Thusis | 138.000 |
Davos-Filisur | 232.000 |
Albulabahn | 326.000 | 15
Albulabahn | 261.000 | 16
b) Bahnen mit 0∙76 m Spurweite:
Süddalmatinische Staatsbahn | 17173.000 |
Niederösterreichisch-Steirische Alpenbahn18:
St. Pölten-Kirchberg a. d. Pielach. | 58.000 |
Kirchberg a. d. Pielach-Mariazell. | 164.000 |
Bregenzer-Wald-Bahn | 19150.000 |
So verschieden die auf das km Bahnlänge berechneten B. sind, ebenso verschieden sind auch die einzelnen Beträge, aus denen sie sich zusammensetzen, nämlich die Kosten der einzelnen Leistungen (Titel). In den Tabellen 1 und 2 sind getrennt nach den verschiedenen Bautiteln die B. der den wichtigsten Bahnverwaltungen Deutschlands gehörenden Bahnen, sowie einiger bereits erwähnter, in den Jahren 19051910 eröffneter deutschen Nebenbahnen nach der Statistik des Reichseisenbahnamtes für das Rechnungsjahr 1910 dargestellt (s. Tab. 1, S. 10, und Tab. 2, S. 11).
Die bedeutendsten Kosten erfordert in den meisten Fällen die Herstellung des Unterbaues. Hieran reihen sich die Kosten des Oberbaues, der Fahrzeuge, der Bahnhöfe und Hochbauten. Bei den Nebenbahnen verursacht der Oberbau im allgemeinen den größten Aufwand. Die Kosten des Unterbaues stehen in der Regel erst an zweiter Stelle, weil durch Anwendung größerer Steigungen und kleinerer Krümmungshalbmesser die Bahn dem Gelände besser angepaßt wird; auch jene für die Stationen und Hochbauten spielen hier meist eine geringere Rolle. Es kann aber, wie aus den angegebenen B. voll- und schmalspuriger Nebenbahnen hervorgeht, trotz der größeren Anpassungsfähigkeit dieser Bahnen an das Gelände der Unterbau selbst bei Schmalspurbahnen außerordentlich kostspielig werden.
Große Ersparnisse an den B. können durch sehr genaue Vorarbeiten erzielt werden. Je mehr Sorgfalt auf die Entwurfsarbeiten verwendet wird, desto geringer werden die B.; auch ist die Wahl des richtigen Bausystems (s.d.) und die Bestellung tüchtiger Techniker für die Leitung und Durchführung des Baues von großer Bedeutung.
Über die Bestimmung der Baukostensumme in Rücksicht auf die Ertragsfähigkeit des Unternehmens s. Bauökonomie und Bauwürdigkeit.[9]
Tab. 1.
[10] Tab. 2.
[11] Tab. 3. Durchschnittliche Baukosten von eingeleisigen Eisenbahnen in Mark für 1 km.
Die schätzungsweise Bestimmung der B. auf Grund von Erfahrungswerten ist nur zulässig, wenn es sich um die Aufstellung eines allgemeinen Bauprogrammes und die annäherungsweise Beurteilung der Bauwürdigkeit einer Eisenbahn handelt. Tabelle 3 gibt Erfahrungswerte für eingleisige Haupt- und Nebenbahnen bei verschiedener Bodengestaltung.
In diesen Preisangaben sind die Kosten langer Scheiteltunnel nicht enthalten. Bei Bahnen geringerer Länge sind im allgemeinen etwas höhere Werte anzunehmen. Für zweigleisige Eisenbahnen erhöhen sich die angegebenen Beträge um 3060%, unter sehr ungünstigen Bodenverhältnissen zuweilen auch um 70%.
Vgl. Anlagekosten, Baukapital.
v. Enderes.
1 | Einschließlich des Scheiteltunnels. |
2 | Ausschließlich des Scheiteltunnels. |
3 | Einschließlich des Scheiteltunnels. |
4 | Ausschließlich des Scheiteltunnels. |
5 | Zeitung d. VDEV. 1902, Nr. 56. |
6 | Einschließlich des (kurzen) Scheiteltunnels. |
7 | Einschließlich des Scheiteltunnels. |
8 | Ausschließlich des Scheiteltunnels. |
9 | Einschließlich des Scheiteltunnels. |
10 | Ausschließlich des Scheiteltunnels. |
11 | Besitzt keinen Scheiteltunnel. |
12 | Deutsche Statistik f. d. Jahr 1909. |
13 | Österr. Statistik f. d. Jahr 1908. |
14 | Nach einem von der Direktion der rhätischen Bahn herausgegebenen Reiseführer. |
15 | Einschließlich des Scheiteltunnels. |
16 | Ausschließlich des Scheiteltunnels. |
17 | Österr. Statistik f. d. Jahr 1908. |
18 | Geschichte der österr. Eisenbahnen. |
19 | Österr. Statistik f. d. Jahr 1908. |
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