Dienst- und Ruhezeit

[358] Dienst- und Ruhezeit (duration of service and rest; durée du travail et des repos; durata di servizio e di riposo).


I. Allgemeines. – II. Regelung in den einzelnen Ländern. 1. Deutschland. 2. Österreich. 3. Ungarn. 4. Belgien. 5. Frankreich. 6. Italien. 7. Niederlande. 8. Rußland. 9. Schweiz. 10. England. 11. Vereinigte Staaten von Nordamerika.


I. Allgemeines. Der Betrieb der Eisenbahnen muß sich den Anforderungen des Verkehrs anpassen. Dementsprechend wird der Fahrplan aufgestellt und der sich so ergebende Zugverkehr bildet das Gerippe für die Bereitstellung des in den verschiedenen Betriebszweigen jeweilig erforderlichen Personals. Dieses Personal einmal unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Betriebsführung und sodann unter Berücksichtigung der normalen Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers und Geistes den dienstlichen Anforderungen gemäß vorzuhalten und bereit zu stellen, ist Aufgabe der Diensteinteilung. Hierbei ergibt sich die Anzahl der zu den verschiedenen Tages- und Nachtzeiten, an Werk-, Sonn- und Feiertagen, auf den einzelnen Posten jeweils benötigten Kräfte aus der Menge und Art der zu bewältigenden Arbeit. Die Gesamtzahl der zur Bewältigung dieser Arbeit nötigen Kräfte hängt aber von dem Maß des zeitlichen Umfanges der Inanspruchnahme des einzelnen Bediensteten ab. Um in diesem Punkt keine Überanstrengung des Individuums eintreten zu lassen, hat sich im Eisenbahnverkehr überall das Bedürfnis geltend gemacht, Grenzen festzusetzen, innerhalb deren das Personal zum Dienst herangezogen werden darf. Die sich hieraus ergebenden Grundsätze müssen notwendigerweise neben den Normen für die Dienstdauer auch solche über die Ruhezeiten umfassen, denn der menschliche Körper verlangt nach ehernem Naturgesetz, nach jeder Zeit der Kraftanstrengung eine Zeit der Ruhe, um leistungsfähig zu bleiben. Dienstdauer und Ruhezeit sind deshalb nicht zwei verschiedene parallele Begriffe, sondern die beiden Erscheinungsformen des einheitlichen Begriffes der zulässigen Inanspruchnahme des Personals. Soweit der Zugverkehr, die Fahrplangestaltung, keinen Einfluß auf die Bereithaltung des Personals übt, bedarf es besonderer Bestimmungen über D. nicht. Dies ist z.B. der Fall beim Bureaudienst und im Dienst von sog. Nebenbetrieben, wie dem Werkstättendienst, denn hier hängt die Beanspruchung des Personals nicht von dem Lauf der Züge ab; es kann deshalb ebenso wie in Fabriken und Kontors ein täglich gleichmäßiger Dienst angesetzt werden, der, wie im Geschäftsleben überhaupt, durch die Festsetzung der Dienststunden ohneweiters dem menschlichen Ruhebedürfnis Rechnung trägt. Soweit für solche Dienstzweige, wie z.B. den Werkstättenbetrieb, auch Bestimmungen über D. bestehen, sind sie ein Ausfluß des allgemeinen, nicht nur die besonderen Verhältnisse des Eisenbahnverkehrs berührenden Arbeiterschutzes und dementsprechend auch in dem Artikel »Arbeiterschutz« erörtert.

Die Regeln über die zulässige Inanspruchnahme des Eisenbahnbetriebspersonals setzen der Natur der Sache nach Höchstzeiten für den Dienst, Mindestzeiten für die Ruhe fest, wirken sonach nicht unmittelbar auf die Festsetzung des Dienstes der Einzelperson ein, sondern geben nur eine Richtschnur für die Aufstellung der Diensteinteilungen. Diese, die die Grenzen der zulässigen Inanspruchnahme nicht überschreiten dürfen, sie aber keineswegs zu erreichen brauchen, bringen erst die tatsächliche Inanspruchnahme des Personals zum Ausdruck. Für die Beurteilung dieser letzteren ist es offenbar ausschlaggebend, wie sich die Tätigkeit des einzelnen im Verlaufe einer Folge von Tagen gestaltet. Folgt auf einen verlängerten Dienst eine längere Ruhe, treten längere Diensttouren seltener auf und wechseln mit normalen und kürzeren Touren ab, so muß sich als Gesamtbild das einer angemessenen,[358] nicht überspannten Inanspruchnahme ergeben, obwohl einzelne Touren das Durchschnittsmaß mehr oder minder erheblich übersteigen. Damit ergibt sich, daß als ein wesentlicher Faktor für die Normierung der dienstlichen Inanspruchnahme neben der Festsetzung von Höchstdienstleistungen und Mindestruhezeiten auch der tägliche Dienstdurchschnitt in Betracht gezogen werden muß.

Wo die Dienstdauerregelung diesen letzteren Gesichtspunkt außer acht läßt, müssen die Grenzen, innerhalb deren die Heranziehung des Personals zum Dienste gestattet wird, wo also nicht die Gesamtdienstleistung sondern allein der Einzeldienst ins Auge gefaßt ist, als scheinbar sehr weit gesteckt erscheinen.

Die Notwendigkeit, einen größeren Spielraum in der Bemessung der Einzelschicht zu gestatten, macht sich umsomehr geltend, je enger der Dienst mit dem Zuglauf verbunden ist, am meisten sonach bei dem eigentlichen Fahrpersonal. Das Fahrpersonal kann nicht beliebig nach einer bestimmten Stundenzahl abgelöst werden. Ablösungen können nur auf Stationen stattfinden, wo anderweites Personal dazu vorhanden ist; auch muß berücksichtigt werden, daß die Diensteinteilung danach streben muß, dem Zugpersonal möglichst oft seine Ruhe in der Heimatstation zu verschaffen. So ist es bei diesem und in geringerem Umfange auch bei dem stationären Personal gar nicht zu vermeiden, daß neben Dienstschichten von normaler Länge auch solche von längerer und kürzerer Dauer auftreten. Um dort, wo über die Dauer der D. Statistik geführt wird, die Länge der einzelnen Dienstschichten zur Darstellung zu bringen, hat man für den Ausdruck der verhältnismäßigen Verteilung der verschiedenen täglichen Dienstlängen kein anderes Mittel, als die Einsetzung von Kopfzahlen für jede dieser Dienstlängen gehabt. Wenn z.B. 10 Bedienstete sich in einem Dienst abwechseln, der an 3 Tagen 8 Stunden, an 5 Tagen 9 Stunden, an 1 Tage 11 Stunden und an 1 Tage 14 Stunden dauert, so erscheint das – obwohl alle 10 Bedienstete genau den gleichen Dienst verrichtet haben – in der Statistik so, als hätten 3 Bedienstete stets 8 Stunden, 5 Bedienstete stets 9, und je 1 Bediensteter stets 11, bzw. 14 Stunden Dienst getan. Bei einer Würdigung statistischer Zahlenangaben über die Dienstdauer darf man dies nicht außer acht lassen.

II. Regelung in den einzelnen Ländern. Die Regelung der D. in den einzelnen Ländern erfolgte auf sehr verschiedenartige Weise. Teilweise ist sie den Eisenbahnverwaltungen ohne Beschränkung überlassen, teilweise sind im Verwaltungswege Normen aufgestellt, teilweise hat die Gesetzgebung unmittelbar eingegriffen. Auch ist ein Unterschied in der Behandlung dieser Frage bemerkbar, je nachdem in den Ländern das Staatsbahn- oder das Privatbahnsystem herrscht.

1. In Deutschland, wo es abgesehen von Kleinbahnen, hauptsächlich nur noch Staatsbahnen gibt, haben die Bundesregierungen mit Staatsbahnbesitz für das Eisenbahnbetriebspersonal – Beamte wie Arbeiter – Bestimmungen über die planmäßige D. vereinbart, die Höchstdienstschichten, Durchschnittsdauer der Einzelschichten und Ruhezeiten behandeln. Diese Bestimmungen sind auch den Privateisenbahnen mitgeteilt worden. Sie unterscheiden zwischen Bahnbewachungspersonal, Stationspersonal, Zugbegleitpersonal und Lokomotivpersonal.

Beim Bahnbewachungspersonal soll die Dauer der täglichen Dienstschicht 14 Stunden nicht überschreiten. Nur bei einfachen Betriebsverhältnissen kann sie bis zu 16 Stunden ausgedehnt werden. Für das Stationspersonal darf die durchschnittliche Dienstdauer 12 Stunden, die der einzelnen Schicht nicht mehr als 14 Stunden betragen. Erfordert der Dienst angestrengte, ununterbrochene Tätigkeit, so muß. sich die tägliche Durchschnittsdauer innerhalb der Grenzen von 8 Stunden halten, die Einzelschicht darf nicht länger als 10 Stunden sein. Ausnahmen sind für einfache Betriebsverhältnisse, wie namentlich auf Nebenbahnen, wo der Dienst durch längere Pausen unterbrochen ist, gestattet. Aber auch hier ist die Höchstdienstschicht auf 16 Stunden begrenzt. Für das Zugpersonal ist eine durchschnittliche Dienstdauer bis zu 11 Stunden zugelassen. Die Einzelschicht darf höchstens 16 Stunden betragen, wenn sie durch ausgiebige Pausen unterbrochen wird. Außerdem soll auf jede längere Dienstschicht eine längere Ruhe, u. zw. möglichst in der Nachtzeit und in der Heimat folgen.

Für das Lokomotivpersonal ist die Durchschnittsdauer auf höchstens 10 Stunden bemessen. Nur bei einfachen Betriebsverhältnissen darf sie bis zu 11 Stunden betragen. Die Einzelschicht kann unter denselben Bedingungen wie beim Zugbegleitpersonal bis zu 16 Stunden ausgedehnt werden. Eine weitere Beschränkung tritt hier aber noch insofern hinzu, als die planmäßige Fahrzeit, einschließlich der Zugaufenthalte keinesfalls 10 Stunden überschreiten darf. Eine noch weitergehende Einschränkung der Dienstdauer ist für ununterbrochenen, anstrengenden Rangierdienst vorgesehen;[359] hier darf die Dienstschicht nicht 10, der Durchschnittsdienst nicht 8 Stunden übersteigen.

Die Zahl der monatlichen Ruhetage ist allgemein auf mindestens 2 festgesetzt. Nur bei einfachen Betriebsverhältnissen genügt für das Bahnbewachungs- und das Stationspersonal ein monatlicher Ruhetag. Als Ruhetag gilt nur eine Dienstbefreiung von mindestens 24 zusammenhängenden Stunden.

Als Ruhezeit gilt nur eine Dienstbefreiung von mindestens 8 aufeinanderfolgenden Stunden. Nur beim Zugbegleit- und Lokomotivpersonal kann außerhalb der Heimat und unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise auch in der Heimat schon eine Dienstbefreiung von 6 Stunden als Ruhezeit angesehen werden. Alle Dienstpausen von geringerer Dauer als 8 bzw. 6 Stunden gelten ebenso als Dienst wie bloße Dienstbereitschaft (Reserve). Die Dienstschicht umfaßt sonach Arbeitszeit und dazwischenliegende Pausen.

Der tägliche Durchschnittsdienst wird so ermittelt, daß die Gesamtdauer der Dienstschichten eines Zeitabschnittes, nach dessen Ablauf der Dienstplan sich wiederholt, durch die Anzahl der Dienst- und Ruhetage dieses Abschnittes geteilt wird.

Allgemein ist endlich bestimmt, daß kein Bediensteter länger als 7 Nächte hintereinander im Nachtdienst beschäftigt werden darf.

Besonders hervorzuheben ist an diesen Normen, daß sie der im Eisenbahndienst so wichtigen Verschiedenheit in den Anforderungen an den Bediensteten je nach der Schwierigkeit des Dienstes, der Dichtigkeit des Verkehrs und der dadurch bedingten mehr oder minder ausgedehnten Dienstpausen in weitem Maße Rechnung tragen. Eine solche Berücksichtigung der verschiedenartigen Wirklichkeitsverhältnisse würde im Rahmen gesetzlicher Vorschriften kaum durchzuführen sein und schon wegen der den erforderlichen Spielraum lassenden Begriffe »einfache Betriebsverhältnisse« »angestrengte Tätigkeit« u. dgl. bei der Durchführung auf mannigfache Unzuträglichkeiten stoßen.

Über die Anwendung der verschiedenen Grundsätze geben die Übersichten Auskunft, die von fast allen beteiligten Bundesregierungen alljährlich den Parlamenten mitgeteilt werden.

2. In Österreich sind durch Ministerialerlaß vom 1. März 1908 für die Staatseisenbahnen Grundsätze über die D. aufgestellt, die auch von den Privateisenbahnen angenommen worden sind. In ihren großen Zügen entsprechen diese Grundsätze ungefähr den in Deutschland üblichen. Als Dienstzeit gilt auch hier die gesamte Zeit, die zwischen 2 Ruhezeiten liegt. Die Dienstpausen zählen somit als Dienstzeit. Auch die zur Vorbereitung des eigentlichen Dienstes und nach dessen Beendigung notwendige dienstliche Anwesenheit rechnet hierbei als Dienst. Als Ruhezeit gilt für das Zugpersonal eine Dienstunterbrechung von mindestens 10 Stunden in der Heimat und von mindestens 6 Stunden außerhalb; für das übrige Personal eine solche von mindestens 8 Stunden.

Die einzelnen Dienstschichten dürfen für das Zugpersonal im allgemeinen die Dauer von 14 Stunden nicht übersteigen. Ausnahmsweise können für Lokalpersonenzüge, Güterzüge und auf Nebenlinien Dienstschichten bis zu 18 Stunden festgesetzt werden, wenn sie von ausreichenden Pausen durchsetzt sind. Der ununterbrochene Dienst auf der Lokomotive darf bei Personenzügen höchstens 9, bei Güterzügen höchstens 12 Stunden dauern. Nach 2 aufeinanderfolgenden Dienstschichten von mindestens je 10 Stunden muß eine Ruhe am Heimatsorte bewilligt werden, die in die Zeit von 7 Uhr abends bis 7 Uhr früh fällt. Im Monatsdurchschnitt darf die tägliche Dienstdauer des Zugpersonals 11 Stunden nicht überschreiten.

Die Dienstdauer des übrigen Personals auf Strecken mit durchgehendem Tag- und Nachtdienst darf zwischen 12 und 16 Stunden mit darauf folgenden Ruhezeiten von gleicher Dauer betragen. Im Notfall darf eine Schicht bis auf 18 Stunden ausgedehnt werden, wenn Ruhezeiten von derselben Länge voraufgehen und nachfolgen. Auf Strecken mit starkem Zugverkehr dürfen die im Zugmeldedienst beschäftigten Personen höchstens 12 Stunden hintereinander Dienst tun. In diesem Falle müssen Pausen von gleicher Dauer folgen.

Zum Nachtdienst darf niemand öfter als in 7 aufeinanderfolgenden Nächten herangezogen werden.

Als Ruhe gilt nur eine Dienstunterbrechung von mindestens 8 Stunden. Ausnahmsweise wird eine Unterbrechung von 6 Stunden dann als Ruhe angesehen, wenn die Dienstzeit von ausgiebigen Pausen unterbrochen ist und die Ruhe in die Zeit zwischen 9 Uhr abends und 7 Uhr früh fällt.

Dem gesamten Personal sind monatlich 2 Ruhetage von mindestens 16 Stunden Dauer und falls das nicht möglich, ein solcher von 24 Stunden Dauer zu gewähren. Außerdem hat jeder einmal im Monat Anspruch auf Gewährung der erforderlichen Zeit zum Kirchenbesuch an Sonn- oder Feiertagen.[360]

3. In Ungarn ist die Regelung der D. den Eisenbahnen überlassen. Die ungarischen Staatsbahnen haben in dieser Beziehung für ihr Netz Grundsätze aufgestellt, die sich inhaltlich an die ministeriellen österreichischen Bestimmungen anlehnen, bezüglich der vorgeschriebenen Ruhetage aber über jene hinausgehen, indem sie davon ausgehen, daß dem Zugpersonal in der Regel allwöchentlich ein Ruhetag von 24 Stunden gewährt werden soll. Die ungarischen Privatbahnen nähern sich in ihren Grundsätzen über die Diensteinteilung im allgemeinen den für die Staatsbahnen angenommenen.

4. In Belgien liegt die Sache wie in Ungarn, indessen mit der Maßgabe, daß das Gesetz über die Sonntagsruhe vom 17. Juli 1905 auch für die Eisenbahnen gilt. Dieses geht zwar von der allgemeinen Sonntagsruhe aus, schreibt aber für eine Reihe von Gewerben, darunter auch für den Eisenbahnbetrieb nur vor, daß von 14 aufeinanderfolgenden Tagen nur an 13 oder an 7 aufeinanderfolgenden Tagen nur an 61/2 Tagen gearbeitet werden darf. Der Ruhetag braucht hierbei nicht notwendig auf den Sonntag zu fallen. Der halbe Ruhetag kann entweder vor oder nach 1 Uhr mittags gewährt werden. Die Arbeit darf aber an diesem Tage 5 Stunden nicht übersteigen. Diese Regelung der Sonntagsruhe hat die schon vor Erlaß des Gesetzes bei den belgischen Staatsbahnen geübte Art der Diensteinteilung nicht beeinflußt. Die Zahl der jährlich bei den Staatsbahnen gewährten Ruhetage beträgt im allgemeinen 28, für die Schaffner und Zugführer steigt sie nach Maßgabe der dienstlichen Möglichkeit bis auf 52. Daneben werden allen Bediensteten an jedem Sonntag Vormittag, an dem er Dienst hat, 2 Stunden zum Kirchenbesuch freigegeben.

Die Mindestruhezeit zwischen 2 Dienstschichten beträgt überall 8 Stunden. Die Maximaldienstzeit ist für das Zugpersonal auf 13 Stunden, für das Bahnhofspersonal auf 12, für das übrige Personal bei wichtigeren Posten auf 12, in Posten von untergeordneter Bedeutung auf 16 Stunden bemessen. Beim Fahrpersonal, dem noch 11/2–2 Stunden für Vorbereitung des eigentlichen Dienstes und zur Abrüstung nach demselben Dienst angerechnet werden, gelten alle zwischenfallenden Pausen als Dienst. Beim übrigen Personal werden Dienstpausen von mehr als 2 Stunden nicht als Dienstzeit berechnet.

Die Privatbahnen nähern sich im allgemeinen den auf den Staatsbahnen gültigen Grundsätzen ziemlich an.

5. In Frankreich ist der Minister für öffentliche Arbeiten durch die Ordonnanz vom 15. November 1846, abgeändert durch Dekret vom 1. März 1901, ermächtigt, im Interesse der Betriebssicherheit Vorschriften über die Dauer der Arbeitszeit des Eisenbahnpersonals zu treffen. Dies ist gegenüber den großen Hauptbahnen (État, Nord, Est, Ouest, Orléans, Paris-Lyon-Méditerranée, Midi, Ceintures de Paris) in 4 Erlassen geschehen, die das Lokomotivpersonal, das Zugbegleitpersonal, das Stationspersonal und das Streckenpersonal einschließlich der Block-, Signal- und Handweichenwärter betreffen. Als Grundlage gilt überall die wirkliche Arbeitszeit, so daß dienstfreie Pausen nicht in die Arbeitszeit eingerechnet werden. Für das Lokomotivpersonal regelt die D. der Erlaß vom 4. November 1899. Er ist mit 20. Mai 1902 und 9. Mai 1906 abgeändert. Die effektive Arbeitszeit soll durchschnittlich höchstens, die Ruhezeit mindestens 10 Stunden betragen. In einem Zeitraum von 10 Tagen sollen beide höchstens bzw. mindestens 90 Stunden ausmachen. Als Zeitraum für die Durchschnittsrechnung ist durch Rundschreiben vom 10. April 1909 jedoch anstatt der Dekade der Monat empfohlen, in dem mithin Arbeit und Ruhe auf 270 Stunden im Durchschnitt begrenzt sind. Die Einzelschicht darf 17 Stunden mit höchstens 12 Stunden effektiver Arbeit nicht übersteigen. Die Einzelruhe muß in der Heimat mindestens 10, außerhalb mindestens 7 Stunden umfassen. Mehr als 2 Ruhen von weniger als 10 Stunden außerhalb dürfen aufeinander nicht folgen; beide zusammen müssen mindestens 17 Stunden betragen. Der Dienst muß im Durchschnitt mindestens alle 10 Tage durch einen mindestens 30stündigen Ruhetag unterbrochen sein. Nur wenn keine Übernachtungen nach außerhalb fallen, genügt ein Ruhetag alle 14 Tage. Als Übernachtung außerhalb wird es auch angesehen, wenn der Beamte nicht in der Zeit von 6 Uhr abends bis Mittag 10 Stunden hintereinander zu Hause Ruhe hat. Im Rangierdienst genügt es, wenn alle 14 Tage ein 30stündiger oder alle 10 Tage ein 24stündiger Ruhetag gegeben wird. Ist auf der Rangiermaschine nur ein Mann vorhanden, so verkürzen sich diese Fristen auf 12, bzw. 8 Tage. Weiter als 20 Tage dürfen 2 Ruhetage nicht auseinander liegen.

Die Bestimmungen für das Zugbegleitpersonal gründen sich auf den Erlaß vom 4. November 1899, abgeändert unterm 9. Mai 1906. Die Organisation der D. ist in ihrem Aufbau derjenigen für das Lokomotivpersonal fast gleich. Die Anforderungen an die Leistungen sind indessen etwas größer zulässig. Durchschnitts-, Arbeits- und Ruhezeiten sind die gleichen mit 10 Stunden täglich, da aber nicht alle 10,[361] sondern nur alle 14 Tage im Durchschnitt ein Ruhetag erforderlich ist, erhöht sich der vierzehntägige Durchschnitt auf 140 und der monatliche auf 280 Stunden (gegen 270 bei dem Lokomotivpersonal). Auch die Einzelschicht darf nicht mehr als 17 Stunden mit 12 Stunden wirklicher Arbeit betragen. Die effektive Arbeitszeit darf aber bis 121/2 Stunden steigen, wenn auf die Schicht eine 12stündige Ruhe in der Heimat unmittelbar oder nach einer weiteren Schicht von nur 8 Stunden folgt. Der 10stündige Arbeitsdurchschnitt kann auf 11 Stunden erhöht werden, wenn der Beamte stets zu Hause übernachtet. Als Übernachtung zu Hause gilt es nicht, wenn der Beamte nicht mindestens 9 Stunden (beim Lokomotivpersonal 10 Stunden) ununterbrochener Ruhe in der Zeit von 6 Uhr abends bis Mittag hat. Als Ruhe gilt nur eine Dienstunterbrechung von mindestens 9 (beim Lokalpersonal 10) Stunden zu Hause und 7 Stunden außerhalb. Außerhalb dürfen sich nur 2 Ruhezeiten von weniger als 9 (beim Lokomotivpersonal 10) Stunden folgen, die aber zusammen mindestens 16 (beim Lokomotivpersonal 17) Stunden erreichen müssen. Ein Ruhetag von 24 (beim Lokomotivpersonal 30) Stunden muß alle 14 Tage (beim Lokomotivpersonal alle 10) gewährt werden. Der Zwischenraum zwischen zwei Ruhetagen darf 30 (beim Lokomotivpersonal 20) Tage nicht überschreiten.

Anders ist durch Erlaß vom 23. November 1899 die D. für das Stationspersonal, dessen Dienst für die Sicherheit des Zuglaufes von Einfluß ist, festgesetzt. Die Höchstdauer des täglichen effektiven Dienstes ist auf 12 Stunden, die Ruhe auf mindestens 9 und beim Wohnen auf dem Bahnhof auf 8 Stunden festgesetzt. In den Dienst müssen 2 Pausen von je etwa 1 Stunde zum Einnehmen der Mahlzeiten gegen Mitte und gegen Ende des Dienstes eingeschaltet sein. Im Monat muß mindestens 1 ganzer oder 2 halbe Ruhetage gewährt werden. Es ist auch zulässig, an deren Stelle für den Zeitraum von 2 Monaten einmal 2 zusammenhängende Ruhetage zu gewähren. Es dürfen aber die Ruhetage nie 2 volle Monate auseinanderliegen. Den Ruhetagen, auch den halben, muß stets eine Nachtruhe unmittelbar voraufgehen oder folgen. Nachtdienst darf höchstens 14 Nächte hintereinander geleistet werden. Beim Wechseln von Tag- und Nachtdienst ist eine Ruhe von mindestens 24 Stunden einzuschalten. Hierdurch ist zugleich dem Anspruch auf Ruhetage genügt.

Für das Streckenpersonal ist durch den Erlaß vom 10. Oktober 1901 eine ähnliche Regelung wie für das Stationspersonal eingeführt. Im wesentlichen besteht nur ein Unterschied in bezug auf die Pausen zur Einnahme der Mahlzeiten. Für das Bahnbewachungspersonal ist nur eine solche von etwa 1 Stunde in der Mitte des Tages vorgesehen, zu der eine weitere von 1/2 Stunde morgens oder nachmittags nur kommt, wenn der effektive Dienst länger als 11 Stunden dauert. Die Signal-, Block-, Weichen- und Schrankenwärter sind darauf angewiesen, ihre Mahlzeiten während der Zeiten einzunehmen, wo es ihnen der Dienst gestattet, ohne daß eine förmliche Pause für sie vorgeschrieben wäre. Für die Heranziehung zum Nachtdienst gelten dieselben Bestimmungen wie für das Stationspersonal. Doch kann zur Schrankenbewachung, bei Verwendung von Frauen im Tagesdienst, der Mann dauernd zum Nachtdienst herangezogen werden. Er muß dann aber einen 36stündigen Ruhetag im Monat erhalten.

Neben dieser Regelung der D. geht eine freiwillige Bindung für die Gewährung von Ruhetagen einher. Das Gesetz vom 13. Juli 1906 über den wöchentlichen Ruhetag findet, abgesehen von den in den Werkstätten und sonstigen fabriksähnlichen Betrieben beschäftigten Bediensteten auf die Eisenbahnen keine Anwendung. Aus Anlaß dieses Gesetzes haben sich aber die oben genannten großen Eisenbahngesellschaften dem Minister für öffentliche Arbeiten gegenüber verpflichtet, allen ihren Angestellten 52 Ruhetage im Jahr zu gewähren. Hierüber sind Grundsätze aufgestellt, die der Minister mit Rundschreiben vom 12. Juni 1907 gebilligt hat und deren wesentlicher Inhalt darin besteht, daß neben den Pflichtruhetagen zur Ergänzung auf 52 Tage im Jahre weitere ganze oder halbe Ruhetage, u. zw. möglichst an Sonntagen, sowie Urlaubstage unter Berücksichtigung der Anforderungen des Dienstes gewährt werden sollen.

Zur Überwachung der Bestimmungen über die D. auf den Eisenbahnen ist durch Gesetz vom 11. März 1902 ein Arbeitskontrollamt (contrôle du travail) errichtet, dessen Organisation im Erlaß vom 15. April 1902 gegeben ist. Ein Bericht über die Tätigkeit der Arbeitskontrolleure ist im »Journal officiel« zu veröffentlichen (Art. 29, Ges. v. 31. Dezember 1903).

6. In Italien sind durch königliche Verordnung vom 7. November 1902 folgende Regeln für die großen Netze (jetzt Staatsbahnen) aufgestellt. Für das nicht im Zugdienst beschäftigte Personal ist für eine Dienstschicht höchstens der Zeitraum von[362] 17 Stunden festgesetzt und bestimmt, daß kein Bediensteter mehr als 20 Nachtdienste im Monat leisten soll. Dabei wird als Nacht nur die Zeit von 2 bis 31/2 Uhr früh betrachtet. Innerhalb der Dienstschicht darf die effektive Arbeitszeit für das Stationspersonal bei schwierigem Dienst nicht 10, bei einfachem nicht 12 Stunden, für das Bahnbewachungspersonal nicht 14 (für das weibliche 12) und für das Bahnunterhaltungspersonal nicht 13 Stunden übersteigen. Pausen von weniger als 1 Stunde gelten als Arbeitszeit. Bei ununterbrochenem 12stündigem Dienst muß eine 1stündige Pause zur Einnahme einer Mahlzeit eingeschaltet sein. Die Ruhezeit muß im allgemeinen mindestens 8 Stunden betragen; 7 Stunden genügen, wenn der Beamte auf dem Bahnhof oder nicht weiter als 500 m von seinem Posten entfernt wohnt; 9 Stunden sind im Winter für die weiblichen Schrankenwärterinnen vorgeschrieben. Beim Zugpersonal ist neben den Bestimmungen über die Höchstlänge der effektiven Einzelschicht auch ein Höchstmaß für den durchschnittlichen Tagesdienst (Ruhetage hierbei mitgezählt) eingeführt. Es beträgt für das Lokomotivpersonal 10, für das Zugbegleitpersonal 11 Stunden. Die effektive Arbeitszeit darf beim Lokomotivpersonal im allgemeinen nicht 13, beim Zugbegleitpersonal nicht 15 Stunden übersteigen. Nur wenn der Dienst durch Ruhepausen unterbrochen ist, kann das Lokomotivpersonal 14 Stunden herangezogen werden. Keine Dienstschicht darf im allgemeinen 17 Stunden übersteigen, nur wenn in die Schicht Pausen von zusammen wenigstens 4 Stunden fallen, kann eine Schicht beim Zugbegleitpersonal 19 Stunden betragen. Als Ruhe gelten nur Dienstunterbrechungen; außerhalb der Heimatstation 7, in der Heimat beim Lokomotivpersonal von 9, beim Zugpersonal von 8 Stunden. Jedoch sind auch hier Herabsetzungen auf 6 Stunden außerhalb und 7 Stunden in der Heimatstation mit Genehmigung des königl. Generalinspektors zulässig.

Zu diesen allgemeinen Regeln ist angeordnet, daß dann, wenn die effektive Arbeitszeit beim Lokomotivpersonal 12 und beim Zugbegleitpersonal 14 Stunden übersteigt, mindestens 10stündige Ruhezeiten voraufgehen und folgen müssen. Ebenso muß die Ruhezeit nach einer ausnahmsweisen 19stündigen Dienstschicht des Zugbegleitpersonals mindestens 10 Stunden betragen. Als Dienst werden auch die vor und nach dem eigentlichen Dienst nötigen Zurüstungs- und Abrüstungszeiten gerechnet. Ebenso gelten Umschlagszeiten zwischen zwei Zügen dann als Dienst, wenn sie beim Lokomotivpersonal nicht 11/2, beim Zugbegleitpersonal nicht 1 Stunde übersteigen. Ruhetage sind nur für das Zugpersonal vorgeschrieben, u. zw. für das Lokomotivpersonal monatlich 2 von 24 Stunden, für das Zugbegleitpersonal monatlich 1 von 32stündiger Dauer oder 18 im Jahre von je 24 Stunden.

7. In den Niederlanden sind die Bestimmungen über D. auf Grund des Eisenbahngesetzes vom 9. April 1875 durch kgl. Verordnungen vom 9. Februar und 17. April 1899 getroffen. Danach sind als Dienstschichten alle Zeiträume anzusehen, die zwischen 2 Ruhezeiten von mindestens 10 Stunden liegen. Alle in die Dienstschichten fallenden Pausen gelten somit ohne Rücksicht auf ihre Länge als Dienst. Für die zulässige Höchstdauer einer Dienstschicht ist zu unterscheiden zwischen dem Stationspersonal, das einen ununterbrochenen anstrengenden Dienst zu verrichten hat und allem übrigen Personal. Die Entscheidung darüber, welches Personal derartig anstrengenden Dienst verrichtet, steht dem Minister zu. Die Einzelschicht darf für dieses Personal nicht 10 Stunden, und wenn die Tätigkeit zwar ununterbrochen aber weniger anstrengend ist nicht 12 Stunden hintereinander und innerhalb der Zeit von Mitternacht zu Mitternacht übersteigen. Bei allen übrigen Beamten ist die Höchstdauer der Einzelschicht auf 16 Stunden mit der Maßgabe festgesetzt, daß innerhalb 14 Tagen nicht mehr als 168 – also im Tagesdurchschnitt 12 – Dienststunden anfallen. Während der Dienstzeit müssen kurze Pausen zur Einnahme der Mahlzeiten gewährt werden. Abweichungen von diesen Regeln kann der Minister für weniger bedeutende Stationen und für Bedienstete, deren Dienst von Pausen unterbrochen ist, gestatten. Ruhetage sind dem Personal jährlich 26 zu gewähren, von denen 8 auf einen Sonn- oder Feiertag fallen müssen. Sie müssen eine Dauer von 24 Stunden haben, wenn sie aufeinander folgen, und eine Dauer von 30 Stunden, wenn in der folgenden oder vorhergehenden Woche kein Ruhetag gewährt ist.

8. In Rußland besteht ein vom Ministerium der Verkehrswege erlassenes, für alle Eisenbahnen verbindliches Reglement, das zuerst am 27. Juni 1883 erlassen, in den Jahren 1890, 1891, 1896, 1897 und 1898 ergänzt und erweitert wurde. Als Grundsatz für die Verteilung von Dienst und Ruhe ist in diesem hinsichtlich des Zugpersonals die Regel aufgestellt, daß innerhalb einer Zeitperiode, als welche für das Zugbegleitpersonal 6, für das Lokomotivpersonal 10 Tage gelten, die Gesamtzahl der Dienststunden nicht größer sein soll als die Gesamtzahl der. Ruhestunden. Die[363] Einzelschicht darf beim Zugbegleitpersonal 18 Stunden nicht übersteigen, beim Lokomotivpersonal soll die wirkliche Arbeitszeit im allgemeinen nicht mehr als 12 Stunden umfassen. Ausnahmsweise kann sie bis auf 16 Stunden gesteigert werden – von denen aber höchstens 14 Stunden auf den Fahrdienst entfallen dürfen –, wenn einer solchen Schicht eine mindestens gleich lange Ruhezeit folgt. Im Durchschnitt darf in solchen Fällen die Zahl der Ruhestunden in einer Woche nicht geringer als 63 sein. Für Vorbereitung und Abrüstung sind dem gesamten Zugpersonal 2 Stunden als Dienst anzurechnen. Umschlagszeiten zwischen zwei Zügen von weniger als 3 Stunden gelten stets, von mehr als 3 Stunden dann als Dienst, wenn die Bediensteten während dieser Pause nicht völlig dienstfrei sind und keine Gelegenheit haben in Aufenthaltsräumen der Ruhe zu pflegen. Was die Länge der Ruheschichten im einzelnen betrifft, so müssen sie beim Zugbegleitpersonal in der Heimat mindestens halb, außerhalb mindestens 1/3 so lang sein wie die vorhergehende Dienstschicht. Die Mindestruhezeit für Lokomotivbeamte beträgt 8 Stunden. Reservedienst wird, wenn während dessen Lokomotiven zu bewachen sind, zur Hälfte als Dienst gerechnet, zählt aber bei Berechnung des Gesamtdienstes während der 10tägigen Periode voll. Ist keine Maschine zu bewachen, so rechnet der Reservedienst nicht als Dienst und bei Berechnung der periodischen Gesamtdienstzeit nur zur Hälfte; das gleiche gilt auch für den Reservedienst der Zugbegleitbeamten.

Der Dienst des Stationspersonals soll im Durchschnitt 12 Stunden nicht überschreiten. Die Mindestruhezeit ist auf 6 Stunden festgesetzt. Im einzelnen kann der Dienst innerhalb einer 4tägigen Periode beliebig verteilt werden, sofern nur im ganzen 48 Stunden Ruhe gewährt werden und die dem Dienst folgende Ruhe mindestens halb so lang ist wie der voraufgehende Dienst. Es ist danach beispielsweise zulässig, innerhalb 4 Tagen Dienstschichten von 24, 16 und 8 Stunden mit im ganzen 48 Stunden Ruhe anzusetzen. Nur die Weichensteller und Telegraphisten dürfen nicht 24 Stunden hintereinander Dienst tun. Auf Posten mit schwierigeren Dienstverhältnissen darf ihr Dienst 12 Stunden nicht übersteigen. Wege vom und zum Dienst gelten insoweit als Dienst, als sie mehr als 1/2 Stunde Zeit erfordern. An Ruhetagen müssen im Monat mindestens 2 von 24stündiger Dauer gewährt werden.

Beim Streckenpersonal ist die Dienstdauer nicht nach Zeit, sondern nach der zu überwachenden Streckenlänge begrenzt. Die täglich abzugehende Strecke darf 17 km nicht übersteigen. Schrankenwärter an ständig zu bedienenden Schranken dürfen nicht mehr als 12 Stunden täglich herangezogen werden, handelt es sich um ständig verschlossene Schranken, die nur auf Verlangen geöffnet werden, so darf die Dienstschicht bis zu 24 Stunden ausgedehnt werden.

9. In der Schweiz hat die Gesetzgebung schon frühzeitig in die Regelung des Dienstes bei den Transportanstalten eingegriffen. Bereits im Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872 war bestimmt, daß wenigstens jeder dritte Sonntag dienstfrei sein müsse. Nach einem wenig erfolgreichen Versuch, auf dem Verordnungswege einen Maximalarbeitstag einzuführen, wurde sodann durch Gesetz vom 7. Juni 1890 eine Reihe von Bestimmungen erlassen, deren wesentlichste die folgenden waren: Tägliche Höchstdauer der Arbeitszeit 12 Stunden, in deren Mitte eine Pause von mindestens 1 Stunde liegen muß. Die Ruhezeit muß für das Fahrpersonal wenigstens 10, für die übrigen Angestellten 9 Stunden, bei Amtswohnung in der Nähe der Arbeitsstelle 8 Stunden betragen. Im Jahr sind 52 bezahlte Ruhetage, von denen 17 auf einen Sonntag fallen müssen, zu gewähren. Sonntagsruhe für den Frachtgutdienst. Die Bewilligung von Abweichungen sind dem Bundesrat vorbehalten. Im Jahre 1894 wurde beschlossen, die Ausführung des Gesetzes durch besondere Organe des Eisenbahndepartements kontrollieren zu lassen. Nach Verstaatlichung der hauptsächlichsten Eisenbahnen erfuhren diese Schutzbestimmungen eine Erweiterung und Ausdehnung durch das Bundesgesetz betreffend die Arbeitszeit beim Betrieb der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten vom 19. Dezember 1902. Die effektive Arbeitszeit ist dadurch für das gesamte Personal auf den Höchstbetrag von 11 Stunden täglich festgesetzt, deren weitere Kürzung in besonderen Fällen dem Bundesrat in gleicher Weise vorbehalten ist, wie die Gewährung von Erleichterungen (für Nebenbahnen ist beispielsweise zwölfstündige Arbeitszeit zugelassen). Die effektive Arbeitszeit umfaßt nicht die zwischenfallenden Pausen. Einschließlich solcher Pausen darf die Dauer einer Dienstschicht beim Zugpersonal 14 Stunden, beim übrigen Personal 15 Stunden betragen. Hinsichtlich der Ruhezeiten ist die frühere Norm von 10 Stunden für das Fahrpersonal, von 9, bzw. 8 Stunden für das übrige Personal beibehalten. Eine Verschiebung der einzelnen Dienst- und Ruheschichten bis zu 16 Stunden Dienst hinauf und bis zu[364] 8 Stunden Ruhe hinunter ist zulässig, wenn sich für einen Zeitraum dreier aufeinanderfolgenden Tage im Durchschnitt kein längerer Dienst und keine kürzere Ruhe als die normale ergibt. Die Verwendung derselben Person im Nachtdienst (die Zeit von 11 Uhr abends bis 4 Uhr früh) ist, abgesehen von den Nachtwächtern, auf 14 Tage im Monat beschränkt. Die Zeitdauer des Nachtdienstes ist mit einem Zuschlag von 25% zu bewerten. Die Vorschriften über die Ruhetage sind dahin ausgebaut, daß die jährlichen 52 Ruhetage eine Dauer von mindestens 24 Stunden haben müssen, die sich auf 32 Stunden verlängert, wenn keine volle Nachtruhe vorhergegangen ist, und daß jeder Ruhetag mit einer Nachtruhe enden muß. Eine Erweiterung hat die Dienstbefreiung durch die Anordnung von Erholungsurlaub erfahren. Alle Bediensteten, die 10 Jahre im Dienste stehen, oder das 33. Lebensjahr zurückgelegt haben, haben neben den Ruhetagen Anspruch auf einen zusammenhängenden Urlaub von 8 Tagen. Für die bei Hauptbahnen Beschäftigten erhöht sich dieser Urlaub mit je weiteren 3 Dienstjahren hoch um je 1 Tag. Denjenigen, die auf diesen Urlaub noch keinen Anspruch haben sind von den 52jährlichen Ruhetagen 8 in ununterbrochener Folge als Urlaub zu gewähren.

10. In England hat man davon Abstand genommen, die Arbeits- und Ruhezeiten zu regeln oder gesetzliche Maßnahmen gegen die Gefahren des Eisenbahndienstes anzuordnen. Es wurde vielmehr den Behörden die Befugnis verliehen, von Fall zu Fall entscheidend einzugreifen. Durch den Railway regulation act vom Jahre 1893 ist das Handelsamt (Board of Trade) ermächtigt, Beschwerden von Eisenbahnbetriebsbediensteten über die Regelung ihres Dienstes zu prüfen. Ergibt die Prüfung übermäßige Inanspruchnahme oder ungenügende Ruhezeiten, so veranlaßt das Amt die Eisenbahngesellschaft, einen Dienstplan aufzustellen, der unter Berücksichtigung der bestehenden Verkehrsverhältnisse der Beschwerde abhilft. Kommt die Gesellschaft dieser Auflage nicht nach, oder hält sie den vom Handelsamt gebilligten neuen Dienstplan nicht inne, so bringt das Amt die Angelegenheit vor ein Verwaltungsgericht, die Railway and canal commissioners. Diese Kommission, von der das Handelsamt anzuhören ist, kann nun ihrerseits der Gesellschaft aufgeben, binnen bestimmter Frist die Einreichung einer Diensteinteilung zu bewerkstelligen, die die für berechtigt erachteten Beschwerdepunkte beseitigt. Diese Anordnung sowie die korrekte Durchführung der eingereichten und von der Kommission gebilligten Diensteinteilung kann durch Strafen bis zu 100 für jeden Tag des Verzuges oder der Zuwiderhandlung erzwungen werden. Sowohl das Handelsamt als auch die Kommission können die von ihnen getroffenen Anordnungen und Entscheidungen jederzeit wieder aufheben, ändern oder ergänzen. Der Aufsicht der genannten Behörden sind die Diensteinteilungen des Bureau- und des Werkstättenpersonals nicht unterworfen.

Das Handelsamt hat alljährlich dem Parlament über die auf Grund des Gesetzes getroffenen Maßregeln Bericht zu erstatten. Das Handelsamt hat bei Ausführung des Gesetzes niemals eine geringere Dienstzeit als 10 Stunden auferlegt.


Interessante Mitteilungen über D. bei englischen Eisenbahnen enthält der im Jahre 1912 vom englischen Handelsamte veröffentlichte Bericht über die Löhne und Arbeitszeiten der Eisenbahner im Jahre 1907. Die Unterlagen dazu rühren von den Eisenbahngesellschaften her, deren Material vom Railway Clearing House in London gesichtet und statistisch zusammengefaßt worden ist. Von den Bediensteten, die Eßpausen hatten, machten 98∙4% der Lokomotivführer, 99% der Lokomotivheizer, 95∙5% des Güterzugbegleitpersonals und 73∙7% der Personenzugschaffner nach Abzug der Eßpausen täglich mindestens 10 Stunden Dienst, davon 12 Stunden und mehr: 13∙2% des Lokomotivpersonals, 8∙3% des Güterzugpersonals und 18∙8% der Personenzugschaffner. Im Dienst am Stationsort standen die Rangierer in dieser Beziehung am günstigsten; von ihnen hatten 44∙8% täglich mindestens 10 Stunden Dienst (nach Abzug der Eßpausen), davon 12 Stunden und mehr nur 0∙9%. Nach ihnen kamen die Weichensteller mit 59∙5% und 13∙2%, die Lokomotivputzer mit 71∙9% und 0∙3%, die Gepäckträger mit 84∙8% und 4∙3% sowie die Güterbodenarbeiter mit 89∙8% und 0∙9%. Dienstleistungen von nicht mehr als 8 Stunden täglich kamen in erheblicherem Umfange nur bei den Weichenstellern (33∙2% der Gesamtzahl) und den Rangierern (35%) vor. Bei den Bediensteten, deren etwaige Eßpausen an der Dienstdauer nicht gekürzt sind, zeigt sich zunächst, daß das Lokomotivpersonal planmäßig fast ausschließlich 60 bis 62 Stunden Dienst wöchentlich, also 10 bis 101/3 Stunden täglich verrichtete. Vom Güterzugbegleitpersonal waren nur 48∙1% in diesem Maße in Anspruch genommen; weitere 35% hatten aber noch längeren Dienst, unter ihnen 25∙5% 12 Stunden und mehr täglich. Bei den Personenzugschaffnern betrugen die beiden letzten Verhältniszahlen 67% und 38%. Von den Weichenstellern hatte ein erheblicher Teil (43% der Gesamtheit) 8stündigen Dienst täglich, 39∙2% hatten 10stündigen und 16∙1% 12stündigen und längeren Dienst.


Seit 1908 wirken in England auf Grund des von einer großen Zahl von Eisenbahngesellschaften angenommenen Abkommens, betreffend die Einrichtung eines Einigungs- und Schiedsgerichtsverfahrens, Einigungsausschüsse für Streitigkeiten über Lohnfragen und Arbeitszeit. Bei den auf Grund dieses Abkommens gepflogenen Verhandlungen hat das Personal fast überall die Forderung einer 8stündigen[365] Arbeitszeit für die im Betriebsdienst verwendeten Bediensteten, einer 10stündigen Arbeitszeit für die übrigen Bediensteten und einer mindestens 9stündigen Ruhezeit zwischen zwei Dienstschichten erhoben. Diesen Forderungen haben die Einigungsausschüsse in ihren Schiedssprüchen nur zum geringen Teile Rechnung getragen und die Dienststunden (ausschließlich der Essenszeiten) je nach den Verhältnissen mit 48, 60 und 72 Stunden in der Woche festgesetzt.

In den übrigen europäischen Ländern ist in die Dienstregelung bei den Eisenbahnen weder durch Gesetz noch im Verwaltungswege eingegriffen.

11. In Amerika hat die Bundesgesetzgebung der vereinigten Staaten nur bezüglich desjenigen Personals eingegriffen, das an der Zugbeförderung unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Durch Gesetz vom 4. März 1907 ist die Höchstdauer eines zusammenhängenden Dienstes auf 16, die Mindestruhe auf 10 Stunden festgesetzt. Umfaßt ein unterbrochener Dienst während eines Tages 16 Stunden, so muß darauf eine mindestens 8stündige Ruhe folgen. Für den Telegraphendienst besteht eine weitere Beschränkung. Dieser darf bei ununterbrochenem Tag- und Nachtdienst nicht 9, wo nur Tagesdienst stattfindet, nicht 13 Stunden übersteigen. Eine Ausnahme ist bei besonders schwierigen Verhältnissen gestattet. Hier darf der Dienst an 3 Tagen der Woche um höchstens 4 Stunden verlängert werden. Für jeden Verstoß gegen diese Normen können Strafen bis zu 500 Doll. verhängt werden. Die Strafverfolgung wird durch den Staatsanwalt bei dem zuständigen Distriktsgericht des betreffenden Bundesstaats betrieben. Mit der Durchführung des Gesetzes, das erst ein Jahr nach seiner Veröffentlichung in Kraft getreten ist, wurde die Interstate commerce commission betraut. Neben diesem Bundesgesetz bestehen in einer Reihe nordamerikanischer Staaten Gesetze und Verordnungen über diese Materie, die teils allgemeiner Natur sind, also nicht nur den Eisenbahndienst betreffen, teils Bestimmungen enthalten, die durch das Bundesgesetz nicht überholt und erledigt sind.

Literatur: Bulletin de la commission internationale du congres des chemins de fer. 1904, S. 591 ff. – Rev. gén. d. chem. 1907, Bd. 2, S. 171. – L. Meunier, Conditions et reglementation du travail. Paris et Liège 1911. – Festsetzung der Löhne und Arbeitszeiten der englischen Eisenbahner durch Einigungsausschüsse und Schiedsrichter. Arch. f. Ebw. 1911, S. 677 f. – Ztg. d. VDEV. 1912, S. 215.

Leese.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 358-366.
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