Sächsische Eisenbahnen

[287] Sächsische Eisenbahnen (mit Karte).


A. Geschichtliches. – B. Gestaltung des Eisenbahnnetzes. – C. Die bauliche Anlage. – D. Eisenbahnverwaltungsrecht in Sachsen. Verwaltungsordnung der sächsischen Staatseisenbahnen. – E. Statistisches. – F. Staatliche Straßenbahnen und Kraftwagenlinien in Sachsen.


A. Geschichtliches.


I. 1833–1839. Gründung und Bau der Leipzig-Dresdener Eisenbahn.

Die Leipzig-Dresdener Privatbahn ist die erste größere Lokomotivbahn Deutschlands. Sie verdankt ihre Entstehung vornehmlich dem Volkswirt Friedrich List (s.d.) und dem Unternehmungsgeist Leipziger Bürger. Am 6. Mai 1835 erfolgte die Bestätigung der Salzburger Gesellschaft und zugleich die Erteilung der Konzession.


Die erste Teilstrecke Leipzig-Alten wurde am 24. April 1837, die weiteren Teilstrecken bis Risa wurden 1838 eröffnet. Die ganze Linie wurde am 7. April 1839 in Betrieb gesetzt.


Über die Entstehung und den Bau dieser Bahn s. Bd. VII, S. 85 f.

II. 1839–1852. Ausbau weiterer Hauptlinien, meist als Privatbahnen mit staatlicher Beteiligung. Anfänge der sächsischen Staatseisenbahnen.

Für die weitere Entwicklung des sächsischen Eisenbahnwesens ist das ausführliche, mit wenig Änderungen von der Ständeversammlung gutgeheißene Dekret der Regierung vom 8. Februar 1843 maßgebend gewesen. Darnach sollten in erster Linie Bahnen zum Anschluß an das Ausland gebaut werden. Als Mittelpunkt war Leipzig angenommen, u.zw. sollte von dort neben einer Nordbahn nach Magdeburg und Hamburg und einer Westbahn nach Frankfurt a. M. eine Südwestbahn für den Verkehr mit Bayern, der Schweiz und Italien (Linie Leipzig-Hof) eine Südbahn für den Verkehr mit Österreich, Prag, Wien (die an die Leipzig-Dresdener Bahn anschließende Linie Dresden-Bodenbach) und eine Südostbahn für den Verkehr mit Schlesien, Polen, Rußland (Linie Dresden-Görlitz) ausgeführt werden. Außerdem wurde die Verbindung der Industriegegenden von Chemnitz und Zittau mit dem Eisenbahnnetz durch die Linien Chemnitz-Riesa (unter Umständen auch Chemnitz-Zwickau) und Löbau-Zittau in Aussicht genommen. Die Bahnen sollten als Privatbahnen, aber mit namhafter Beteiligung des Staates (insbesondere durch Übernahme eines Teiles der Aktien und Zinsbürgschaft) ausgeführt werden, wogegen dem Staat maßgebender Einfluß auf die Verwaltung eingeräumt wurde. (Näheres s. v. Reden, Die Eisenbahnen Deutschlands, Berlin u.s.w. 1845, 2. Abschn., 3. Lfg., S. 1442–1448.) Die genannten Linien wurden, außer der lediglich auf Staatskosten gebauten Linie Dresden-Bodenbach und der erst später zur Ausführung gelangten Linie Chemnitz-Zwickau, als Privatbahn gebaut. Finanzielle Schwierigkeiten aber brachten die Mehrzahl noch vor ihrer Vollendung in den Besitz des Staates.


1. Die sächsisch-bayerische Bahn (Leipzig-Hof), am 1. Juli 1841 begonnen, Teilstrecke Leipzig-Altenburg 19. September 1842, die ganze Bahn 15. Juli 1851 eröffnet.

Vom 1. April 1847 ab wurde die Bahn vom sächsischen Staat übernommen.

Für den Betrieb wurde vom 1. April 1847 ab die erste sächsische Staatseisenbahndirektion unter der Bezeichnung »Kgl. Staatseisenbahndirektion in Leipzig« begründet.[287]

2. Die sächsisch-schlesische Bahn (Dresden-Görlitz), 102∙18 km, nach einem zwischen Preußen und Sachsen abgeschlossenen Staatsvertrag vom 24. Juli 1843 von der sächsisch-schlesischen Eisenbahngesellschaft erbaut und am 1. September 1847 vollständig eröffnet. Am 31. Januar 1851 erfolgte die Abtretung der Bahn an den sächsischen Staat, im Friedensvertrag vom 21. Oktober 1866 wurde die in Preußen gelegene Strecke Landesgrenze-Görlitz (14∙85 km) an Preußen abgetreten und später wieder an Sachsen verpachtet.

3. Die sächsisch-böhmische Eisenbahn (Dresden-Bodenbach), 65∙25 km, wurde am 1. Dezember 1845 als erste lediglich auf Staatskosten aus zuführende Bahn begonnen. Am 6. April 1851 wurde mit der letzten Teilstrecke Krippen-Bodenbach die ganze Linie eröffnet.

Die den Anschluß an die österreichische Nordwestbahn vermittelnde Verbindungsstrecke Mittelgrund-Tetschen, 3 km, wurde am 4. Oktober 1874 eröffnet.

4. Die niedererzbergische Bahn (Chemnitz-Riesa), 66∙1 km, wurde zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem Erzgebirge und der Elbe am 9. Mai 1845 begonnen. Am 31. Dezember 1850 erfolgte die Abtretung der Bahn an den Staat.

5. Die Löbau-Zittauer Bahn, 33∙982 km, wurde von einer besonderen Aktiengesellschaft ausgeführt. Die Eröffnung fand am 10. Juni 1848 statt. Der Betrieb wurde zunächst von der sächsisch-schlesischen Eisenbahngesellschaft, nach deren Auflösung vom Staat geführt. Am 1. Januar 1871 wurde die Bahn durch den sächsischen Staat erworben.

Zu Ende dieser Periode (1852) befanden sich mit alleiniger Ausnahme der Linien Dresden-Chemnitz und Reichenbach-Eger bereits die hauptsächlichsten Durchgangslinien, d. s. Dresden-Leipzig, Dresden-Bodenbach, Dresden-Görlitz, Leipzig-Hof und Chemnitz-Riesa, im Betrieb.

III. 1852–1872. Weiterausbau des sächsischen Netzes im wesentlichen durch den Staat. Begründung der Generaldirektion der Staatseisenbahnen.

Von Beginn dieser Periode an trat die Absicht, Verbindungen mit dem Ausland zu erlangen, gegenüber der Pflege lokaler Interessen mehr in den Hintergrund. Insbesondere baute man Bahnen nach den sächsischen Kohlengebieten und nach den Industriegegenden des Gebirges.

Von Durchgangslinien kam die zur Vollendung der Verbindung Görlitz-Hof erforderliche Strecke Dresden-Chemnitz-Zwickau allmählich zur Ausführung, u.zw.:

1. Dresden-Tharandt (Albert-Bahn), 13∙56 km. Die Hauptbahn wurde am 28. Juni 1855 eröffnet; die Zweigbahnen nach den Kohlenschächten und nach der Elbe folgten allmählich nach. Am 1. Juli 1868 ging die Bahn in das Eigentum des sächsischen Staates über.

2. Zwickau-Chemnitz, 48∙76 km, wurde zunächst für den Kohlenverkehr, lediglich auf Staatskosten erbaut. Die Eröffnung erfolgte zugleich mit der Zweigbahn Schönbörnchen-Gößnitz (12∙57 km) am 15. November 1858.

3. Die Teilstrecke Tharandt-Freiberg (26∙393 km), vom Staat erbaut, wurde am 11. August 1862,

4. die Teilstrecke Chemnitz-Flöha (12∙50 km) als Teil der Chemnitz-Annaberger Staatsbahn am 1. Februar 1866 und die Schlußstrecke

5. Flöha-Freiberg (26∙943 km) zugleich mit der Zweigbahn von Niederwiesa nach Hainichen (17∙87 km) am 1. März 1869 eröffnet.


Die bisherigen getrennten Direktionen in Dresden wurden vom 1. Juli 1869 ab zur kgl. Generaldirektion der sächsischen Staatsbahnen in Dresden verschmolzen.


Die zweite Durchgangslinie ist:

6. die voigtländische Eisenbahn (Herlasgrün-Eger), 101∙80 km. Sie wurde am 1. November 1865 eröffnet.

Die wichtigeren Staatseisenbahnen sind:

7. die Staatskohlenbahn Zwickau-Kainsdorf, 4∙05 km, am 1. November 1854 eröffnet,

8. die am 15. Mai 1858 eröffnete obererzgebirgische Bahn Kainsdorf-Schwarzenberg, 40∙74 km, mit der am 19. September 1859 eröffneten Zweigbahn Niederschlema-Schneeberg, 5∙21 km,

9. die Chemnitz-Annaberger Bahn, 55∙44 km, eröffnet am 1. Februar 1866. Fortsetzung nach Weipert s.u.

10. Borna-Chemnitz, 53∙70 km, zur direkten Verbindung der Städte Leipzig und Chemnitz mit den Zweigbahnen Wittgensdorf-Limbach (6∙45 km), Narsdorf-Rochlitz (9∙32 km) und Narsdorf-Penig (10∙30 km) erbaut. Die Eröffnung erfolgte im April 1872.

11. Zittau-Großschönau-Warnsdorf, eröffnet am 15. August 1871, von der Einmündung in die Linie Löbau-Zittau bei Scheibe, 15∙60 km.

12. Radeberg-Kamenz 24∙89 km, von der sächsisch-schlesischen Linie bei Kleinwolmsdorf abzweigend, am 1. Oktober 1871 eröffnet. Die zum Anschluß an die Berlin-Görlitzer Bahn in der Richtung auf Lübbenau erbaute Strecke Kamenz-Landesgrenze, 10∙63 km, eröffnet am 1. Februar 1874, ist an die preußische Staatseisenbahnverwaltung verpachtet.

An Privatbahnen gehören hierher:

a) Vom Staat betrieben und später erworben:

13. Die Chemnitz-Würschnitzer Eisenbahn (Wüstenbrand-Lugau), 12∙233 km, zur Verbindung der Steinkohlenlager bei Lugau (Ölsnitz) mit der Chemnitz-Zwickauer Staatsbahn von einer Aktiengesellschaft erbaut. Die Eröffnung erfolgte am 15. November 1858.

14. Die Zittau-Reichenberger Bahn, mit 4∙97 km in Sachsen und 26∙61 km in Böhmen gelegen, zur Verbindung des Reichenberger Fabrikgebietes mit Sachsen vom sächsischen Staat in den Jahren 1857–1859 erbaut, jedoch nicht als sächsische Staatsbahn, sondern für die Aktiengesellschaft Zittau-Reichenberger Eisenbahngesellschaft. Den Betrieb und die Unterhaltung hatte der sächsische Staat übernommen. Der nicht mehr aufzuschiebende Umbau des Bahnhofs Reichenberg, dessen anteilige Kosten zu tragen die Aktiengesellschaft nicht in der Lage war, gab den Anlaß zum Übergang in den sächsischen Staatsbesitz.

15. Greiz-Brunn, 10∙19 km, von einer Aktiengesellschaft zur Verbindung der Industriestadt Greiz mit der Leipzig-Hofer Linie erbaut, größtenteils in Reuß ä. L. gelegen. Betrieb am 23. Oktober 1865 eröffnet. Der Erwerb durch den Staat erfolgte vom 1. Januar 1876 ab.

16. Gößnitz-Gera, 34∙56 km, von einer Aktiengesellschaft erbaut (28∙064 km in Altenburg, 6∙496 km in Reuß j. L.). Die Betriebseröffnung erfolgte am 28. Dezember 1865, der Übergang auf den Staat am 1. Januar 1878.

17. Borna-Kieritzsch, 6∙938 km, von der Stadtgemeinde Borna zum Anschluß ihrer Stadt an die Leipzig-Hofer Hauptlinie erbaut. Die Eröffnung erfolgte[288] am 14. Januar 1867, der Übergang auf den Staat am 1. Oktober 1870.

18. Altenburg-Zeitzer Eisenbahn, mit 13∙60 km im Herzogtum Sachsen-Altenburg und mit 18∙10 km im Königreich Preußen gelegen, von einer Aktiengesellschaft erbaut, ist am 19. Juni 1872 dem Betrieb übergeben worden. Am 1. Januar 1896 kaufte der sächsische Staat die Bahn.

19. Sächsisch-böhmische Verbindungsbahn (Annaberg-Weipert), 18∙435 km, eröffnet am 3. August 1872. Der Übergang auf den Staat erfolgte am 1. Juli 1878.

b) Privatbahnen unter selbständiger Verwaltung, u.zw. hauptsächlich Linien der Leipzig-Dresdener Eisenbahn:

20. Zweigbahn Coswig-Meißen, 8∙70 km, eröffnet am 1. Dezember 1860, und

21. deren Fortsetzung Meißen-Döbeln-Borsdorf, 95∙27 km, zum Wiederanschluß an die Leipzig-Riesa-Dresdener Hauptbahn, am 22. Dezember 1868 vollständig eröffnet.

22. Zweigbahn Großenhain-Priestewitz, 5∙04 km, von einer Aktiengesellschaft als erste reine Lokalbahn Sachsens erbaut, am 14. Oktober 1862 eröffnet. Der Übergang an die Leipzig-Dresdener Gesellschaft erfolgte am 1. Juli 1869.

IV. 1873–1876. Privatbahnbau infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs; Durchführung der Verstaatlichung.

Auch in Sachsen entstanden ebenso wie im übrigen Deutschland zu Anfang des Jahrzehnts 1870–1880 nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges zahlreiche Bahnen, zu deren Anlage – zunächst wenigstens – ein Bedürfnis nicht vorlag und die zumal nach dem Rückschlag der Jahre 1873–1878 eine angemessene Rente nicht ergeben konnten, dergestalt, daß der Staat sich gezwungen sah, sie schließlich zur Aufrechterhaltung des Betriebs selbst zu übernehmen. Der Staatseisenbahnbau dieser Periode war wenig bedeutend.

a) Notleidende Privatbahnen und deren Verstaatlichung.

1. Hainichen-Roßwein, 19∙74 km, von einer Aktiengesellschaft erbaut; eröffnet am 10. März 1874, Übergang auf den Staat am 10. August 1876.

2. Chemnitz-Komotau (Flöha-Reitzenhain), 57∙951 km, mit Zweigbahn Pockau-Obernhau, 11∙20 km, von einer Aktiengesellschaft erbaut; eröffnet am 12. Juli 1876. Schon am 16. Dezember 1876 ging die Bahn an den Staat über.

3. Sächsisch-thüringische Eisenbahn (Wolfsgefährt-Weischlitz), 54∙95 km, auf Grund des Staatsvertrags vom 19. Dezember 1871 von einer zunächst als »Thüringisch-Voigtländische Eisenbahngesellschaft« bezeichneten Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Greiz erbaut. 25∙118 km liegen in Sachsen, 16∙857 km in Weimar und 12∙975 km in Reuß. Die vollständige Eröffnung erfolgte am 20. September 1875. Der Übergang auf den sächsischen Staat fand am 1. Juli 1876 statt.

4. Chemnitz-Aue-Adorf, 113∙671 km, mit der Zweigbahn Zwota-Klingenthal, 8∙299 km, von einer Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Dresden erbaut. Die vollständige Betriebseröffnung erfolgte Ende 1875. Die vom Staat bereits begonnene Teilstrecke Aue-Jägersgrün, 31∙28 km, baute die Gesellschaft auf Rechnung des Staates weiter, kaufte sie ihm aber schließlich ab. Der Übergang auf den Staat erfolgte am 15. Juli 1876. Die Verlängerung bis zur Landesgrenze bei Klingenthal, 0∙21 km, wurde am 1. Oktober 1886 eröffnet.

5. Zwickau-Lengenfeld-Falkenstein, 35∙265 km, von einer Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Zwickau erbaut, eröffnet am 29. November 1875. Am 15. Juli 1876 ging die Bahn an den Staat über.

6. Sächsisch-thüringische Ostwestbahn (Werdau-Weida), 33∙150 km, auf Grund des Staatsvertrags vom 13. November 1872 von einer Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Weimar erbaut. 16∙549 km liegen im Königreich Sachsen, 11∙628 km in Weimar, 4∙047 km in Altenburg, 0∙926 km in Meiningen. Eröffnung am 29. August 1876. Der Übergang auf den sächsischen Staat erfolgte am 1. April 1882.

7. Muldentalbahn (Glauchau-Wurzen), 84∙546 km, von einer Aktiengesellschaft erbaut. Vollständig eröffnet am 30. Juni 1877. Der Übergang auf den Staat erfolgte am 1. August 1878.

b) Ankauf der Leipzig-Dresdener Eisenbahn.

Das Netz dieser Bahn hatte zu Beginn dieser Periode eine Länge von 282∙92 km. Von der Linie Elsterwerda-Riesa-Nossen-Freiberg-Bienenmühle-Moldau befanden sich die Teilstrecken Mulda-Bienenmühle (11∙849 km) und Riesa-Lommatzsch (14∙534 km) im Bau.

Nach wiederholten vergeblichen Verhandlungen wurde das gesamte Bahnunternehmen, dessen Aktien sich z.B. im Jahre 1873 mit 161/3%, 1874 mit 141/3% und 1875 mit 102/3% verzinst hatten, für den Gesamtpreis von 101,927.212∙30 M. (Bauaufwand der Gesellschaft 83,387.451∙98 M.) vom sächsischen Staat angekauft. Die Aktien erhielten 10% Zinsen in 3%iger sächsischer Rente; außerdem übernahm der Staat 1,500.000 M. Kassenbilletts und 29,231.900 M. Anleiheschulden.

c) Staatseisenbahnbau (Lokalbahnen).

1. Pirna-Arnsdorf, 20∙85 km, eröffnet am 15. Oktober 1875.

2. Von den Südlausitzer Staatsbahnen die Linie Löbau-Ebersbach, 15∙6 km, eröffnet am 1. November 1873, und zur Verbindung dieser Bahn mit der Zittau-Warnsdorfer Linie die Teilstrecken Ebersbach-Seifhennersdorf, 14∙56 km, eröffnet am 1. November 1874, und Seifhennersdorf-Warnsdorf, 4∙95 km, eröffnet am 15. September 1876, sowie von der direkten Verbindung Bischofswerda-Wilthen-Zittau die Teilstrecke Ebersbach-Sohland, 13∙52 km, eröffnet am 1. Mai 1875.

d) Gaschwitz-Meuselwitzer Privatbahn, 27∙83 km, 7. September 1874 eröffnet, von einer Aktiengesellschaft erbaut. 20∙26 km liegen in Sachsen, 7∙57 km in Sachsen-Altenburg. Den Betrieb führte die sächsische Staatseisenbahnverwaltung auf Rech nung der Gesellschaft. Vom 1. Januar 1886 ab ging die Bahn auf den Staat über.


V. Von 1877 bis zur Gegenwart. Vollendung der Verstaatlichung. Erwerb von Bahnen anderer Staaten. Bau von Nebenbahnen, namentlich schmalspurigen. Neugestaltung der Bahnanlagen in Dresden, Leipzig und Chemnitz.

In diesen Zeitraum fällt der Erwerb der Privatbahnen Gößnitz-Gera, Annaberg-Weipert, Muldentalbahn, Chemnitz-Würschnitzer Bahn, Werdau-Weida, Gaschwitz-Meuselwitz, Altenburg-Zeitz und Zittau-Reichenberg, die bereits oben unter III und IV erwähnt worden sind.


Am 1. Januar 1900 wurde die vollspurige Industriebahn Zwickau-Crossen-Mosel, 7∙49 km, vom[289] Staat gekauft. Am 1. Juli 1906 wurde die schmalspurige Nebenbahn Zittau-Oybin mit der Zweigstrecke Bertsdorf-Jonsdorf (14∙41 km) verstaatlicht. Sie war von der Zittau-Oybin-Jonsdorfer Eisenbahngesellschaft gebaut worden; den Betrieb führte seit der Eröffnung am 25. November 1890 der Staat.


Im Jahre 1915 befindet sich – abgesehen von Straßenbahnen (innerstädtischen Straßenbahnen und Überlandbahnen) – im Königreich Sachsen nur noch eine einzige dem öffentlichen Verkehr dienende Privatbahn. Es ist dies die vollspurige, nur für den Güterverkehr bestimmte Bahn Mittweida Bahnhof-Dreiwerden mit der Zweigstrecke Mittweida Ladestelle-Ringethal (zusammen 10∙53 km); die Bahn gehört einer Aktiengesellschaft und wird von der Staatseisenbahnverwaltung auf deren Rechnung betrieben.

Seit dem Jahre 1877 sind auch eine Reihe von Eisenbahnstrecken, die anderen Staaten gehörten, auf den sächsischen Staat übergegangen. So erhielt Sachsen auf Grund des Staatsvertrags vom 24. Januar 1887 vom 1. April 1888 ab die Teilstrecke Dresden-Elsterwerda (54∙45 km) der am 17. Juni 1875 eröffneten Berlin-Dresdener Eisenbahn (s.d. Bd. II, S. 212).


Schönberg-Schleiz, 15∙17 km, davon 8∙97 km in Neuß j. L, war zur Verbindung des reußischen Oberlandes mit dem sächsischen Netz von Sachsen hergestellt und am 20. Juni 1886 eröffnet worden. Das Eigentum stand jedem Staat in seinem Gebiet zu, der Betrieb der Gesamtstrecke war Sachsen überlassen. Durch Staatsvertrag vom 26. Juli 1890 trat Neuß sein Eigentum an Sachsen ab.

Meuselwitz-Ronneburg, 25∙41 km, von Sachsen erbaut, ganz in Sachsen-Altenburg gelegen, eröffnet am 17. Oktober 1887, gehörte nach dem Staatsvertrag vom 19. Dezember 1884 dem altenburgischen Staat und war an Sachsen verpachtet. Am 1. Januar 1895 ging die Bahn an Sachsen über.

Zittau-Nikrisch, 23∙14 km, davon 21∙68 km in Sachsen und 1∙11 km in Preußen, war von der Berlin-Görlitzer Eisenbahngesellschaft erbaut und von dieser an Preußen zu Eigentum überlassen worden. Als eine Gegenleistung für den Verzicht Sachsens auf den Erwerb der ausschließlich im preußischen Eisenbahngebiet gelegenen Linie Weimar-Gera überließ Preußen am 1. April 1896 die Bahn an Sachsen.


Die Bahnen, die seit 1877 vom sächsischen Staat neugebaut worden sind, sind ausschließlich Nebenbahnen. Ein namhafter Teil ist als Schmalspurbahnen mit 0∙75 m Spurweite ausgeführt worden. Auf diese Weise hat das Königreich Sachsen ein sehr ausgedehntes Netz von Schmalspurbahnen erhalten (Anfang 1915: 511∙16 km).

In den letzten Jahrzehnten sind in Dresden, Leipzig und Chemnitz unter Aufwendung hoher Kosten große, allen Anforderungen der Neuzeit entsprechende Bahnhofsanlagen geschaffen worden und im Zusammenhang damit ist auf einer Anzahl Vorortstrecken der 4gleisige Betrieb eingeführt, ferner sind in Dresden und in Riesa für den Elbeumschlagsverkehr bedeutende Hafen- und Uferanlagen errichtet worden.


B. Gestaltung des Eisenbahnnetzes.


Der Charakter des Landes, das im Süden von nicht unbedeutenden, allmählich nach Norden abfallenden Gebirgen begrenzt und zum fünften Teil aus Tiefebene, im übrigen aber aus Gebirgs- und Hügelland besteht und das außer dem Elbestrom mit seinem lebhaften Schiffsverkehr von zahlreichen, auf dem südlichen Gebirgskamm entspringenden größeren und kleineren Gewässern durchzogen wird, ist von wesentlichem, wenn schon nicht allenthalben Ausschlag gebendem Einfluß auf die Gestaltung des sächsischen Eisenbahnnetzes gewesen. Die erste Eisenbahn von Leipzig nach Dresden läuft an der Nordgrenze des Hügellandes entlang, bis sie sich, dem Lauf des Elbestroms folgend, nach Süden wendet. Ihre Fortsetzung nach Böhmen (über Bodenbach-Tetschen), zugleich die zweckmäßigste Verbindung zwischen diesem Land und Norddeutschland, bleibt durchaus im Elbtal, während schon die östliche Fortsetzung über Dresden hinaus nach Schlesien wegen der Lage der zu berührenden größeren Städte (Bautzen, Löbau, Görlitz) die Durchschneidung der nördlichen Ausläufer des Gebirges nicht zu vermeiden vermochte. Die übrigen Hauptlinien konnten, wenn sie ihren vornehmlichsten Zweck – Vermittlung des Durchgangsverkehrs – erfüllen wollten, der Bodenbeschaffenheit noch weniger Rechnung tragen, so die Linie Leipzig-Hof (nebst Abzweigung nach Plauen-Eger), die zur Verbindung von Berlin und Leipzig mit dem Süden die westliche Fortsetzung des Erzgebirgskamms überschreitet, desgleichen die Linie Riesa-Chemnitz, die unter Überwindung vielfacher Bodenschwierigkeiten den Hauptort des sächsischen Maschinengewerbes mit Norddeutschland und zugleich mit dem wichtigen, neben Dresden immer mehr an Bedeutung gewinnenden Elbeumschlagsplatz Riesa verbindet, und endlich die vielfache Wasserscheiden überschreitende Linie Dresden-Chemnitz-Zwickau-(Werdau-)Reichenbach, die den Verkehr zwischen Dresden und Bayern und dabei gleichzeitig den zwischen Dresden und Chemnitz mit dem Zwickauer Kohlenbecken vermittelt.

Die später entstandenen, vorwiegend örtlichen Zwecken dienenden Bahnen schmiegen sich weit mehr als die vorgedachten der Bodengestalt an und folgen größtenteils den Flußtälern, in denen sich eine äußerst lebhafte Industrie entwickelt hat. In der südwestlichen Hälfte, in der die Grenzgebirge höher und die Wasserkräfte ausgiebiger sind, ist das sächsische[290] Eisenbahnnetz am dichtesten, während es im Nordosten, zumal nördlich der Linie Dresden-Görlitz, wo die flache Bodenbeschaffenheit die Entwicklung der Industrie weniger begünstigt, noch größere Lücken aufweist. Aus der Lage des Gebirgskamms erklären sich zugleich die zahlreichen Sack- (Stich-) Bahnen im Süden des Landes. Dabei führte aber das Bestreben, die Entfernung nach dem böhmischen Braunkohlenbecken abzukürzen, zu zahlreichen, meist äußerst kostspieligen Gebirgsübergängen, so bei Klingenthal, Weipert, Reitzenhain, Moldau.

Die Höhenunterschiede sind verhältnismäßig sehr bedeutend; die niedrigste Station des Netzes, Elsterwerda, liegt 91∙64 m, die höchste, Oberwiesenthal, 892 m über Normal-Null.


C. Die bauliche Anlage.


Diese erklärt sich zum großen Teil aus der geographischen Gliederung des Landes. Die S. erscheinen nur im Norden des Landes als Flachbahnen mit größeren Horizontalen und längeren geradlinigen Strecken, sonst aber fast ausschließlich als Gebirgsbahnen. An den Hauptlinien, soweit sie die Bodengestaltung wenig berücksichtigen konnten, finden sich vielfach größere Kunstbauten, so an der Linie Leipzig-Hof der Göltzschtalviadukt bei Netzschkau, 79 m hoch (seinerzeit die höchste Brücke in Deutschland), 574 m lang, in den Jahren 1846–1851 erbaut, und der Elstertalviadukt bei Jocketa, 68 m hoch, 281 m lang, an der Linie Riesa-Chemnitz der Viadukt bei Waldheim, 52 m hoch, u.a.m. Die Anlagekosten dieser Linien sind daher auch außergewöhnlich hohe; bei Dresden-Werdau rd. 460.000 M., bei Leipzig-Hof 437.000 M/km; bei Chemnitz-Riesa kosteten die Viadukte und Dämme allein 71/2 Mill. M. (die sog. Bankerottmeile nördlich von Waldheim). Die nicht dem großen Durchgangsverkehr dienenden Bahnen dagegen, bei denen ein enges Anschließen an die Bodenoberfläche zulässig und geboten war – eine Bauweise, die zugleich auch den Anschluß der anliegenden industriellen Werke durch Zweiggleise wesentlich erleichtert – weisen demgemäß vielfache und starke Krümmungen und Steigungen auf. Am ausgeprägtesten ist dies bei den schmalspurigen Nebenbahnen der Fall, insbesondere bei den entlang der Wasserläufe aufsteigenden Sackbahnen des Gebirges (z.B. nach Ehrenfriedersdorf, Oberrittersgrün, Kipsdorf, Geising u.s.w.). Bei der geringen Fahrgeschwindigkeit führen diese Bahnen oft mitten durch belebte Ortschaften und die infolge der schmalen Spur zulässige Leichtigkeit der Betriebsmittel gestattet die Anwendung ungewöhnlich starker Neigungen (höchste 1 : 20) und enger Bogen (kleinster Halbmesser 30 m).

Von den gesamten S. sind etwa 75% geneigt und 26% wagrecht, 58% in gerader Linie und 42% in Krümmungen. Dabei wiegt, wie allgemein in Deutschland, die Höhenlage vor: 59% der Bahnen liegen im Auftrag, 33% im Abtrag und 8% in Bodengleiche. Demgemäß sind auch von den nicht in Bodengleiche kreuzenden Wegübergängen etwa 77% überführt und nur 23% unterführt.


D. Eisenbahnverwaltungsrecht in Sachsen.


Wie überall im Deutschen Reich, so ist es auch in Sachsen Rechtens, daß niemand Eisenbahnen betreiben darf als der Staat selbst oder der, dem er sein Recht überträgt. Dies steht auch mit § 6 der Reichs-Gewerbeordnung im Einklang. Die Übertragung geschieht in der Form der Verleihung (Konzession) (Bd. VI, S. 396 ff.).

Während der Zeit, in der der Betrieb eines Eisenbahnunternehmens in der Hand eines Dritten liegt, hat der Staat das Recht und im öffentlichen Interesse auch die Pflicht, das Unternehmen zu beaufsichtigen. Dieses staatliche Aufsichtsrecht umfaßt außer der technischen Überwachung der Betriebführung vor allem das für die allgemeine Volkswirtschaft wichtige Recht, die Beförderungspreise und sonstigen Beförderungsbedingungen zu regeln: die sog. Tarifhoheit des Staates.

Die staatlichen Eisenbahnen werden vom Staat (in Sachsen dem Finanzministerium) beaufsichtigt und unterstehen der Reichsaufsicht nach den Bestimmungen der Verfassung. Die in der deutschen Reichsgesetzgebung durchgeführte Unterscheidung in Haupteisenbahnen und Nebeneisenbahnen gilt auch in Sachsen. Dagegen ist der Begriff Kleinbahnen dem sächsischen Verwaltungsrecht zurzeit noch fremd. Indessen steht eine gesetzliche Regelung des Kleinbahnwesens in Aussicht.

In Sachsen sind für die allgemeine Prüfung und Beurteilung und für die Verleihung von Eisenbahnunternehmungen die Ministerien des Innern und der Finanzen zuständig; vgl. Verordnung vom 26. Juni 1851 (RGB. 1851, S. 285 f.). Die technische Aufsicht liegt in den Händen des Finanzministeriums. Dies gilt auch für Straßenbahnen; doch ist zu deren Beaufsichtigung zunächst ein den Ministerien unmittelbar unterstellter Regierungskommissar für elektrische Bahnen bestellt worden.

Von sächsischen Landesgesetzen, die mehr oder weniger auch das Eisenbahnwesen berühren, sind zu nennen: das Enteignungsgesetz vom 24. Juni 1902, das allgemeine Baugesetz vom 1. Juli 1900 nebst Abänderungsgesetz vom 20. Mai 1904 und das Wassergesetz vom[291] 12. März 1909. Bestimmungen über die Sonntagsruhe im Güterverkehr enthält das Ges. vom 10. September 1870 nebst Ausführungsverordnung. Für die Besteuerung gilt, daß die sächsischen Staatseisenbahnen innerhalb Sachsens von Staatsteuern befreit sind, während die Privatbahnen solche grundsätzlich zu entrichten haben. Gemeindeumlagen werden vom Staatseisenbahnbetrieb nicht erhoben, wohl aber vom Grundbesitz; doch sind Grundstücke, auf denen sich Schienengleise der Eisenbahn befinden, auch von der Grundsteuer befreit.


Verwaltungsordnung der sächsischen Staatseisenbahnen.


Die sächsischen Staatseisenbahnen werden unter der Oberaufsicht des Finanzministeriums von der Generaldirektion der Staatseisenbahnen im Bau und Betrieb geleitet und verwaltet. Die Generaldirektion, die ihren Sitz in Dresden hat, ist in 4 Abteilungen (I. Allgemeine Verwaltungsabteilung, II. Verkehrsabteilung, III. Bau- und Betriebsabteilung, IV. Neubauabteilung) gegliedert, in denen die Geschäfte je von einer Anzahl Referenten (höhere Verwaltungsbeamte oder Techniker mit abgeschlossener Hochschulbildung) unter Leitung eines Abteilungsvorstands bearbeitet werden. An der Spitze der Generaldirektion steht ein Präsident, dessen Wille für die Entschließungen der Generaldirektion – unbeschadet der Zuständigkeit des Finanzministeriums – maßgebend ist. Der Generaldirektion sind – jedoch im allgemeinen ohne daß sie selbständige Entschließungsbefugnisse nach außen hin besitzen – folgende höhere technische Bureaus und Hauptverwaltungsstellen beigegeben:


Das Allgemeine technische Bureau (für Entwürfe und Anschläge), das Brückenbaubureau (für Eisenkonstruktionen, namentlich Brücken), das Elektrotechnische Bureau (für Telegraphen-, Signal- und Sicherungs- sowie für Starkstromanlagen), das Fahrdienstbureau (für Fahrplan-, Fahrdienst- und Wagenangelegenheiten), das Hochbaubureau, das Maschinenbetriebsbureau, das maschinentechnische Bureau (für Fahrbetriebsmittel und maschinentechnische Anlagen), das Oberbaubureau, das Bureau für Arbeiterversicherung, das Hauptbureau (für den Kanzlei- und Bureaudienst), die Hauptbuchhaltern, die Hauptkasse, das Statistische Bureau, die Verkehrskontrolle I (Tarife, Abfertigungsvorschriften und Abrechnung im Personen- und Gepäckverkehr), die Verkehrskontrolle II (Abrechnung im Güterverkehr), das Verkehrsbureau (Tarife und Abfertigungsvorschriften sowie Beschwerden und Entschädigungsansprüche im Güterverkehr), die Wirtschaftshauptverwaltung (Bekleidungswesen, Wirtschaftsmaterialien und Drucksachen), das Revisionsbureau (für die Prüfung der Wirtschaftsführung, der Rechnungen und der Materialbestände).


Zur Ausführung und Überwachung des Betriebs, des Verkehrs und der Abfertigung bestehen als Behörden erster Instanz unter der Generaldirektion 6 Betriebsdirektionen (Dresden-A., Dresden-N., Leipzig I, Leipzig II, Chemnitz und Zwickau), denen auch die Erledigung bestimmter allgemeiner Verwaltungssachen (z.B. gewisser Personalsachen) obliegt. Außerdem bestehen, jedoch ohne die Eigenschaft von Behörden, 28 Bauämter (mit 217 Bahnmeistereien), 5 Maschinenämter, 4 Werkstättenämter, 3 Elektrotechnische Ämter und 23 Bahnverwaltereien. Die Bahnverwaltereien bestehen nur für Nebenbahnen untergeordneter Bedeutung, namentlich Schmalspurbahnen, und haben für die ihnen unterstellten Strecken den gesamten Betriebs-, Verkehrs-, Abfertigungs-, Bahnbewachungs- und Bahnunterhaltungsdienst sowie die erforderlichen Bauten auszuführen. Für größere Neubauten werden von Fall zu Fall Neubauämter eingerichtet.


E. Statistisches.


Im Gebiet des Königreichs Sachsen waren Ende 1913 einschließlich der im Eigentum anderer Staaten und Privater stehenden Strecken 3187∙63 km Eisenbahnen im Betrieb, d. s. bei 14.993 km2 Flächenraum des Landes 21∙26 km auf je 100 km2 und bei 4,985.500 Einwohner (1. Dezember 1910) 63∙94 km auf je 100.000 Einwohner1. Von diesen 3187∙63 km gehören dem sächsischen Staat einschließlich der verpachteten Strecken 3011∙47 km, der vom Staat betriebenen Privatbahn Mittweida-Dreiwerden-Ringethal 10∙53 km, außersächsischen Verwaltungen 165∙63 km. Außerhalb des Königreichs Sachsen besitzt der sächsische Staat 332∙94 km, während 373∙86 km von der sächsischen Staatseisenbahn außerhalb Sachsens betrieben werden.

Die Eigentumslänge der sächsischen Staatseisenbahnen betrug Ende 1913 3342∙31 km. Da hiervon 12∙92 km an die preußisch-hessischen Staatsbahnen, die österreichischen Staatsbahnen und die Buschtěhrader Bahn verpachtet sind, während die sächsischen Staatsbahnen anderseits 42∙22 km vom preußischen, bayerischen und österreichischen Staat, von der Buschtěhrader Bahn und den Friedländer Bezirksbahnen gepachtet haben und 0∙80 km im Mitbetrieb mit den preußisch-hessischen Staatsbahnen stehen, so beträgt die Betriebslänge einschließlich der[292] vom Staat betriebenen Mittweidaer Industriebahn (10∙29 km) 3382∙94 km. Von dieser Betriebslänge sind 2871∙78 km vollspurig und 511∙16 km schmalspurig; von den ersteren werden 1840∙33 km als Hauptbahnen und 1031∙45 km als Nebenbahnen betrieben. Dem Personen- und Güterverkehr dienen 3275∙27 km, nur dem Güterverkehr 107∙67 km.

Über die allmähliche Ausbreitung der Staatsbahnen und das Anwachsen des Anlagekapitals gibt nachstehende Übersicht Auskunft:


Sächsische Eisenbahnen

Die gepachteten Strecken sind hierbei nicht berücksichtigt. Bei den angekauften Bahnen ist der teils unter den Baukosten bleibende, teils sie überschreitende Kaufpreis eingestellt.

Von dem Anlagekapital der Staatsbahnen von 1207 Mill. M. im Jahre 1913 kommen 1147 Mill. M. auf die vollspurigen, d. s. 405.100 M. auf 1 km, und 60 Mill. M. auf die schmalspurigen Bahnen, d. s. 117.700 M. auf 1 km.

Der Oberbau weist eine Gleislänge von 6987 km auf. Auf den Schnellzugstrecken liegen größtenteils Stahlschienen Form VI von 147 mm Höhe, 10 und 15 m Länge und 46∙3 kg Metergewicht. Die Schmalspur hat 0∙75 m Spurweite mit Ausnahme der Bahn Reichenbach-Oberheinsdorf (Spurweite 1 m). Als Schwellen werden fast ausschließlich getränkte Holzschwellen verwendet.

Im Zuge der S. befinden sich 1752 Brücken und Viadukte, hiervon zahlreiche mit über 30 m Lichtweite der einzelnen Öffnungen.

An Betriebsmitteln waren Ende 1913 vorhanden 1637 Lokomotiven (146 schmalspurig), 2 Triebwagen, 4712 Personenwagen (545 schmalspurig) mit 239.171 Plätzen – die Triebwagen und ihre Plätze sind hier mit berücksichtigt –, 44.140 Güter- und Gepäckwagen mit 547.593 t Ladegewicht. Die Beschaffungskosten für diese Fahrzeuge belaufen sich auf 274,060.745 M. In den Fahrpark sind noch eingestellt 1028 Privatwagen.

Bei der sächsischen Staatseisenbahnverwaltung waren angestellt Ende 1913:


BeamteArbeiter Im
u.s.w.ganzen
Verwaltungsdienst 2.008 210 2.218
Bahnunterhaltungs- und
-bewachungsdienst 1.867 8.88410.751
Unterhaltung der
Telegraphen- und elektrischen
Anlagen 74 277 351
Bahnhofs-, Abfertigungs- und
Zugbegleitungsdienst12.25014.06326.313
Zugförderungs- und
Werkstättendienst 3.213 8.06411.277
Neu- und Erweiterungsbau 274 121 395
19.68631.61951.305

Es kommen hiernach auf 1 km Betriebslänge 15∙17 Bedienstete.


An Wohlfahrtseinrichtungen für die Bediensteten der Staatsbahnen bestehen außer einem Spar- und Darlehensverein, einer Sterbekasse eine Betriebskrankenkasse, die sämtliche außerhalb des Beamten Verhältnisses beschäftigten Personen umfaßt und in der Dauer sowie in der Höhe der Leistungen bedeutend über die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen hinausgeht.

b) Eine Arbeiter-Pensionskasse. Die Abt. a ist eine Sonderanstalt im Sinne der Reichs-Versicherungsordnung und hat für ihre Mitglieder alle Aufgaben einer reichsgesetzlichen Versicherungsanstalt zu er füllen. Die Abt. b trifft eine weitergehende besondere Fürsorge für die ihr angehörenden Mitglieder und deren Hinterbliebene.

Die Arbeiterpensionskasse hat ein Erholungs- und ein Invalidenheim errichtet.

c) Eine Unfallversicherung für die dem Gewerbeunfall-Versicherungsgesetz unterworfenen Betriebe der Staatseisenbahnen.


Verkehr. Im Jahre 1913 wurden 1,346.388 Züge mit einer Durchschnittsstärke von 37 Achsen gefahren. Befördert wurden 127 Mill. Reisende und 411/2 Mill. t Güter, darunter 161/2 Mill. t Kohlen. Von dem Güterverkehr kommen 42∙16% auf den Binnenverkehr, 51∙50% auf den direkten Verkehr und 6∙34% auf den Durchgangsverkehr.

Der Elbeumschlagsverkehr (namentlich Getreide, Petroleum, Rohzucker, Roheisen, Baumwolle) bezifferte sich im Jahre 1913 für Dresden und Riesa auf insgesamt 1,046.545 t.

Das Anwachsen des Verkehrs ergeben nach stehende, nur für die Staatsbahnen ermittelte Ziffern. Befördert wurden:


PersonenAuf 1 km Güter in tAuf 1 km t
1850 709.594 85.798 183.269 41.403
1860 3,400.000190.454 2,500.000226.727
1870 5,900.000226.688 4,700.000412.441
1880 18,400.000252.049 9,700.000396.740
1890 33,600.000323.63916,400.000474.301
1900 67,200.000472.89825,800.000580.598
1910103,557.792676.30035,081.800689.474
1913126,869.237812.83540,285.543769.005

Einnahmen und Ausgaben. Im Jahre 1913 betrugen die Einnahmen aus dem Personen-[293] und Gepäckverkehr 69,706.738 M. (gegen 58,481.449 M. im Jahre 1910 und gegen 40,490.957 M. im Jahre 1900), d. s. 32∙4% der Gesamteinnahmen, aus dem Güterverkehr 121,983.649 M. (gegen 107,677.115 M. im Jahre 1910 und gegen 79,442.883 M. im Jahre 1900), d. s. 60∙9% der Gesamteinnahmen, und aus sonstigen Erträgnissen 15,480.191 M. Der hiernach sich ergebenden Gesamteinnahme von 207,170.578 M. stand im Jahre 1913 eine Gesamtausgabe von 154,615.338 M. (gegen 127,003.856 M. im Jahre 1910 und gegen 103,891.273 M. im Jahre 1900) gegenüber.

Die Betriebsüberschüsse betrugen:


Sächsische Eisenbahnen

Das Verhältnis der Ausgaben zur Gesamteinnahme (die Betriebszahl) betrug 1913 74∙63 gegen 70∙99 im Jahre 1910 und 75∙90 im Jahre 1900.


F. Staatliche Straßenbahnen und Kraftwagenlinien.


Während auch in Sachsen im allgemeinen die Einrichtung von Straßenbahnen privaten Unternehmern und den Gemeinden überlassen worden ist, hat der Staat in der näheren Umgebung Dresdens selbst eine Anzahl Straßenbahnen gebaut. Der Betrieb dieser insgesamt 28∙27 km langen staatlichen Straßenbahnen wird von der Stadt Dresden für Rechnung des Staates geführt.

Im Jahre 1913 hat die sächsische Staatseisenbahnverwaltung damit begonnen, in verschiedenen Teilen des Landes staatliche Kraftwagenlinien (zunächst nur für Personen- und Gepäckverkehr) einzurichten. Diese Kraftwagenlinien haben in der Hauptsache den Zweck, dem örtlichen Verkehr zwischen den von ihnen berührten Gemeinden zu dienen und diese zugleich an das Netz der staatlichen Eisenbahnen anzuschließen. Die Kraftwagenlinien werden von der Staatseisenbahnverwaltung für Rechnung des Staates betrieben; die Gemeinden müssen die zum Betrieb nötigen Wagenhallen und Werkstatträume zur Verfügung stellen, auf Entschädigung für Benutzung ihrer Wege verzichten und die Gewähr dafür übernehmen, daß die Betriebseinnahmen wenigstens die Abschreibungen (jährlich 121/2% der Anschaffungskosten der Wagen) decken. Ende Juli 1914 waren in Sachsen 254 km staatlicher Kraftwagenlinien im Betrieb, die Einrichtung weiterer etwa 500 km wird vorbereitet. Die Fahrpreise betragen im allgemeinen 5 Pf. für 1 km.

Kittel.

Tafel IX.
Tafel IX.
1

1∙67 km in Sachsen liegende Strecke der Kleinbahn Görlitz-Weißenberg (Görlitzer Kreisbahn) blieb hierbei unberücksichtigt.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 287-294.
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