[443] Gegensatz. Contrasubject. (Musik)
Ist in der Fuge eine, währendem Gesang des Führers eintretende Zwischenstimme, wovon in dem Artikel Fuge ein Beyspiel zu sehen ist. Es ist eben nicht allemal nothwendig, solche Gegensätze in den Fugen anzubringen, bisweilen aber werden sie nothwendig. Dieses geschieht 1. wenn das Hauptthema oder der Führer so beschaffen ist, daß er den Ton nicht hinlänglich bestimmt, welches bisweilen geschieht, wenn er in der Dominante eines dur Tons anfängt und seinen Umfang eine Octave aufwärts nihmt. Wenn z. E. eine Fuge in C dur so anfienge:
So würde der Hauptgesang noch eher den Ton G dur, als C dur bestimmen. Dieses zu verhindern dienet der gleich von Anfang eintretende Gegensatz, da die Töne e und c im ersten Takt, und der Ton f im zweyten, so gleich den Ton bestimmen. 2. Auch ist ein Gegensatz nöthig, oder doch sehr gut, wenn eine Fuge mit ganzen Takten und sehr langsam anfängt, da denn ein solches Zwischenspiel das Langweilige des Gesanges unterbricht. 3. Wenn [443] in dem Hauptsatz Pausen vorkommen; denn da in der Fuge der Gesang, wie ein Strohm, in einem fortfließen muß, so muß das Stillschweigen der Hauptstimmen durch eine Zwischenstimme bedekt werden. 4. Wenn in dem Hauptsatz, vornehmlich im Anfang, öftere Bindungen vorkommen; denn weil dadurch die Bewegung des Gesanges einigermaaßen gestöhret oder verdunkelt wird, so kann dieselbe durch einen Gegensatz wieder merklich und bestimmt gemacht werden.
Jeder Gegensatz muß sich so wol durch die Melodie, als durch die Bewegung von dem Hauptsatz merklich unterschieden; er muß den Hauptsatz nicht nachahmen, wie der Gefährte, doch muß er aus dem Hauptsatz genommen seyn, weil sonst keine wahre Einheit in dem Stük wäre. Auch muß er so beschaffen seyn, daß er sich in mehr als einen Contrapunkt versetzen lasse, damit man bey jeder Wiederholung des Hauptsatzes eine hinlängliche Abändrung mit dem Gegensatz machen könne.