Kaisern

[1098] * Einen kaisern.Frischbier2, 1857.

Nach Frischbier bedeutet der Ausdruck dasselbe, was man hier und anderwärts stuttêrsen nennt. Nach dem Erläuterten Preussen, I, 311 (vgl. Frischbier, S. XII), hat es damit folgende Bewandtniss. Vor dem friedländer Thor lag ein grosser Stein, der »ungefähr 10 Ellen oder drüber« im Umfange hielt. An diesen Stein, der »propter eminentiam« der Kaiser hiess, wurden die jungen Burschen, welche sich dem Speichergeschäft widmeten, nachdem sie sich in ein hierzu bestimmtes Buch eingeschrieben und zum mindesten einen Thaler erlegt hatten, von den Kaufgesellen »solenniter« geführet, daran gestossen und also, vor das Thor zu kommen, tüchtig erkannt. Hiervon waren selbst die Söhne der angesehensten Kaufleute nicht ausgeschlossen; doch widerfuhr ihnen für ein höheres Einschreibegeld die Ehre, dass die Gesellen mit ihren Mänteln, womit sie damals allezeit gegangen, den Kaiser bedecket und sie daran gestossen. Von dem Steine wurde dem Einfältigen vorgeredet, »dass er sich, wenn er den Hahn des Nachts umb zwölff Uhr krähen höret, dreimal selbst umbkehren solle«. Die Gewohnheit des Kaiserns wurde später von den »Jungens auff der Lastadie« und in der kneiphöfischen Vorstadt ebenfalls eingeführt; jene hatten dazu einen besondern Eckstein bestimmt, diese wählten den ersten Stein, der ihnen vorkam.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 1098.
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