1. Auch vor unserm Thor wird einmal die Sonne scheinen.
Ill.: Sinut če sunasšce i pred naša vrata. (Čelakovsky, 197.)
Kroat.: Svehne i meni kadteda sunce. (Čelakovsky, 197.)
Poln.: Będzie teź słońze przed naszymi wroty. (Čelakovsky, 197.)
2. Das Thor ist gesegnet, da eine todte Tochter ausgetragen wird. – Winckler, V, 31.
3. Ein Thor, zu dem jeder einen Schlüssel hat, kann offen stehen. – Altmann VI, 468.
4. Erbrich nicht die Thore eines fremden Harems, wenn du willst, dass die deinen unerbrochen bleiben. (Türk.)
5. Es ist leichter ein Thor aufzumachen, als zu schliessen.
Besonders bei grossem An- und Zudrange.
6. Ist auch das Thor geschlossen, ist nur das Pförtchen offen.
Span.: Donde una puerta se cierra, otra so abre. (Don Quixote.)
7. Man darf niemand vor die Thore rufen. – Graf, 437, 298.
Der Beklagte hat nur der Ladung seines heimatlichen als zuständigen Gerichts (im allgemeinen) Folge zu leisten. (S. ⇒ Mann 236.)
Holl.: Men sal nyement rope voer die tore. (Mieris, I, 309, 11.)
8. Wenn das Thor zu nahe beym Rathhauss stehet, so wird ein Regiment gemeiniglich zu sumpff (stumpf?) getrieben. – Petri, II, 631.
9. Wenn man einem gleich zum Thor aussstreicht, so entläufft er doch dem Galgen nicht. – Petri, II, 665.
10. Wer am Thor ist, hat nicht mehr weit in die Stadt.
Wenn jemand nahe am Ziele ist, sagen die Polen: Daleko jak św Michal öd Nieśieźa. (Lipiński, 40.)
11. Wer nicht über's Thor springen kann, muss drunter weggehen. – Altmann VI, 502.
12. Wer sich ein gutes Thor bauen will, muss täglich einen Nagel dazu schmieden.
Holl.: Die een goude poorte wil maken, breng er elken dag een nagel. (Bohn I, 308.)
13. Wer sich zum Thor heraus gemacht, der hat den längsten Weg verbracht.
Eyering (III, 536) sagt erklärend: »Dis sprichwort zeiget an so frei, kein weg dem wanderer lenger sei, weder die port, dadurch er geht, darum er offt still helt vnd steht, vorm freunden nicht fortkommen kan, jeder wil vor red mit jm han.«
14. Wer zum Thor hinaus ist, hat ein gut Stück Weg gethan.
*15. Das Thor ist (wird) grösser als die Stadt.
*16. Das Thor steht bei ihm immer offen zum Mist ausführen.
Sein Mund fliesst stets von unsaubern Reden über.
*17. Dear moachd och earschd 's Doar zua, woann de Kuah scho' aus 'n Stoall is. (Niederösterreich.)
*18. Er bräche ein Thor auf, da ein Kuhschwanz vorhinge. – Fischart.
So verliebt ist er, weil ihm der Kuhschwanz als Schleier erscheinen würde.
[1159] *19. Er kommt vor das greifenberger Thor.
In Treptow an der Rega um zu sagen: er wird sterben oder begraben werden, weil dort der Kirchhof liegt. (Schmidt, Jubelschrift, 33.)
*20. Er macht ein grosses Thor an ein klein Kämmerlein.
Holl.: Eene groote deur aan een klein vertrekje. (Harrebomée, II, 127b.)
*21. Er muss zum Thore hinauslaufen. – Philippi, I, 9.
In dem Sinne: Der Bettelmann ist fertig. Er mag sein Bündel schnüren. Er kann alle Tage den Stecken zur Hand nehmen.
Holl.: Hij moet de poort uit. (Harrebomée, II, 193a.)
*22. Es wehret lang, eh man auss dem Thor kompt. – Petri, II, 304.
*23. Gehe mir vom Thore.
»Gaut ihr uns vurm Thaure.« (Keller, 168b.)
*24. Sein1 Thor kennt jede Kuh. – Fischart, Gesch.
1) Grimm (Grammatik, IV, 345) sagt hierüber: »Das Possessivum sein behält den umfang bei, der ihm in der althochdeutschen und mittelhochdeutschen periode angewiesen war. Die volkssprache gibt ihm hin und wieder im reflexiven fall, seine alte organische ausdehnung (Schmeller, Bair. Mundarten, § 1742); selbst in einzelnen sprichwörtern der schriftsprache sitzen hiervon noch spuren fest: sein thor kennt jede kuh (Garg., 50b); untreu schlug seinen eignen herrn (Schweinichen, III, 162), wofür H. Sachs (II, 2, 38d) untreu ihren herren schlug. Man dürfte freilich auch untreu als männlichen eigennamen fassen.«
*25. Sie gehn all durch ein thor zu kirchen. – Franck, II, 92b; Simrock, 1972.
*26. Wäre ich aus dem Thore, ich wäre weit genug!
*27. Zu einem Thor hinaus, zum andern wieder herein.
Holl.: De eene poort uit, de andere weder in. (Harrebomée, II, 193a.)
28. Was soll dem ein Thor, der kein Haus hat!
»Wehe dem, der kein Haus hat, sich aber ein Thor bauen lassen will.« (Löwenheim, 37, 152.)
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