1. Alle gute Gewohnheit soll man behalten. – Graf, 12, 145; Lünig, I, 360.
Frz.: Les bonnes coustumes sont à garder et les mauvaises à laisser. (Leroux, II, 250.)
2. Alte Gewohnheit ist stärker als Brief und Siegel. – Pistor., IX, 38; Graf, 12, 141; Steiger, 364; Simrock, 3641; Hillebrand, 8, 223; Estor, I, 20, 49; Sailer, 251.
Unter Brief und Siegel sind die Stadt- und Landesgesetze, landesherrlichen Verordnungen u.s.w. zu verstehen, die oft wegen der daranhängenden Wappen und Siegel selbst so genannt wurden. Die alten Deutschen hielten viel auf alte Gewohnheiten; daher das Sprichwort sagen will, dass der Richter vor Abfassung seines Erkenntnisses oder vor Fällung seines Urtheils zuvörderst auf die Gewohnheit eines jeden Orts sehen soll, da viele Gesetze nur aus Gewohnheiten entstanden sind. Es versteht sich übrigens wol, dass nur der Gesetzgeber einer Gewohnheit Gültigkeit geben kann und dass das Sprichwort nicht so zu verstehen ist, als habe das Gewohnheitsrecht überhaupt grössere Kraft als die Gesetze.
Böhm.: Dávnost svĕdek nemalý. (Čelakovský, 339.)
Frz.: Nule chose est plus grand d'acoustumance. (Leroux, II, 270.)
It.: Dal mal uso è vinta la ragione. (Pazzaglia, 302, 3.) – L'usanza del paese non è mai vergogna. (Pazzaglia, 360, 3.)
Span.: Costumbre buena, costumbre mala, el villano quiere que vala. (Bohn I, 209.)
Ung.: Nehéz a régi megrögzött szokást elhagyni. (Gaal, 725.)
[1678] 3. Alte gewonheit lasst sich schwerlich veränderen. – Henisch, 1608, 36.
Dän.: Vane er ond af at lade. (Prov. dan., 539.)
Frz.: Il faut laisser le moustier (moutier) où il est. (Kritzinger, 463b.)
Holl.: Oude gewoonten zijn kwaad om te laten. (Harrebomée, I, 236.)
Lat.: Difficile est longam consuetudinem corrigere.
4. Alte Gewohnheit macht viel Noth vnd verlässt uns erst im Tod.
Böhm.: Zvyk se rád mĕní, když duše v tĕle není. (Čelakovský, 221.)
5. Alte Gewohnheiten legen sich nicht so leicht ab als alte Hemden.
»Die Gewohnheit aller Zeiten ist schwer los zu werden und die bösen Säfte des Mittelalters ziehen noch immer durch die Adern unserer Zeit.« (Deutsche Jahrbücher, Halle 1842, S. 105.)
Dän.: Gammel sædvane kand ei saa snart aflegges som et par gamle buxer. (Prov. dan., 485.)
Frz.: Gateau et mauvaise coutume se doivent rompre. (Leroux, II, 118.)
Lat.: Quidquid primis inolevit ab annis, non facile aufertur, naturam parturit usus. (Gaal, 725.)
6. Alte Gewohnheiten sind nicht stets die besten. – Müller, 21, 4.
7. Alte Gewonheit soll man nicht brechen. – Lehmann, 314, 6; Pistor., IV, 89; Körte, 2162; Körte2, 2659; Simrock, 3642; Hillebrand, 87; Graf, 12, 142.
Nämlich wenn sie gut ist; ist sie aber schlecht, je eher, je lieber. – Als unsere Vorfahren noch keine geschriebenen Gesetze hatten, richteten sie sich blos nach ihren guten Sitten und Landesgewohnheiten, die durch Sprichwörter dem Volke bekannt gemacht wurden. Das Sprichwort will also sagen, dass man eine gute Gewohnheit nicht abkommen lassen soll, weil sie ein von alters hergebrachtes Recht in sich enthält, worauf man sich bei Gelegenheit berufen kann. Die Venetianer gehen so weit, zu behaupten, es sei besser, einen Ort zu verbrennen, als einen Gebrauch zu lassen. (Reinsberg III, 117.)
8. Alte Gewonheit vnd alte fass wollen von jhrem geschmack nicht lassen. – Eyering, I, 46; III, 109.
9. Auss gewonheit wirdt zuletzt Recht. – Henisch, 1608, 40; Petri, II, 29; Graf, 11, 129.
Span.: Costumbre hace ley. (Bohn I, 210.)
10. Böse Gewohnheit ist ein eisernes Pfeid. – Parömiakon, 464, 473, 477, 479, 516 u. 1846.
11. Böse Gewohnheit ist ein Rost, den sobald keine Feile ausraspeln kann. – Parömiakon, 2427.
Holl.: Geene kwade gewoonte verschoont eene zaak. (Harrebomée, I, 236.)
It.: Cattivo costume non si lascia si presto. (Pazzaglia, 72, 1.)
12. Böse Gewohnheit lohnt übel.
»Böss gewohnheit endlich böss lohnt.« (Froschm., LIVb.)
13. Böse Gewohnheit macht unrecht Leben. – Graf, 13, 176.
Mhd.: Bose gewonheit machet vnrecht leben. (Endemann, II, 47, 82.)
14. Böse Gewohnheit soll man abthun. – Graf, 13, 182.
Es mag schwer gehen, aber es geht.
Mhd.: Bose gewonheit sal me abethun. (Endemann, II, 47.)
Böhm.: Obyčej zmĕní, kdo se nelení. (Čelakovský, 221.)
Poln.: Nałog odmieni, kto się nieleni. (Čelakovský, 221.)
15. Böse Gewohnheit soll man nicht halten. – Klingen, 103, a. 2; Graf, 13, 181.
16. Böse Gewohnheit und Wanzen wird man schwer los.
Holl.: Kwade gewoonten zijn kwaad af te leeren. (Harrebomée, I, 236.)
17. Böse Gewohnheiten machen gute Gesetze.
It.: Da cattivi costumi nascono le buone leggi. (Pazzaglia, 191, 1.)
18. Böse Gewohnheiten machen kein Recht. – Estor, I, 20, 45; Graf, 13, 185.
19. Bösen Gewohnheiten muss man die Füsse brechen. – Winckler, XI, 15.
Böhm.: Zvyk není kůlna, abys hned přestavil. (Čelakovský, 221.)
It.: Quello che s'usa non sempre si scusa (Pazzaglia, 360, 2.)
20. Böss Gewonheit ist ein schendlich Ding. – Petri, II, 49.
21. Böss gewonheit ist schändtlich gewonheit. – Henisch, 1608, 48.
22. Böss Gewonheit lest hart ab. – Petri, II, 49.
[1679] 23. Böss Gewonheit lonth endlich vbel. – Petri, II, 49.
Mhd.: Gewonheit diu ist rîch, tumben liuten schedelîch, boese gewoneheit machet schaden unde leit. (Freidank.) (Zingerle, 55.)
24. De Gewônhêt tut vîl. (Schles.) – Frommann, II, 409, 342.
25. Der Gewohnheit zu widerstehen, kann nur hart eingehen.
Es gibt eine gewisse Gattung von Dummheiten, welche in der sogenannten guten Gesellschaft gleichsam das Bürgerrecht erlangt haben. Wer diese anzugreifen wagt, gegen den zieht alles wüthend zu Felde.
Frz.: Qui a bu, boira. (Lendroy, 159.)
26. Di G'wu'het is an eisnene Pfoad, zoicht ma' s' oa, thuat ma se Load. (Alpach.) – Frommann, VI, 38, 40; hochdeutsch bei Eiselein, 230.
Die Gewohnheit ist ein eisern Hemd, wer sie anzieht, thut sich Leides. Auch die Russen sagen: Die Gewohnheit ist ein Hemd, was wir bis zum Tode an unserm Leibe tragen. (Altmann VI, 439.)
27. Die Gewohnheit ist ein eisern Band, das nicht bald zerreisst.
Frz.: A coutumance est trop poissans. (Leroux, II, 169.)
Lat.: Assueta relinquere durum est. (Binder I, 98; II, 270; Buchler, 172; Philippi, I, 45; Seybold, 42.)
28. Die Gewohnheit ist ein Rost, der jeder Feile lacht.
Lat.: Quo semel est imbuta recens, servabit odorem testa diu. – Quod nova testa capit, inveterata sapit.
Ung.: Az uj fazék meg tartya az első szagat.
29. Die Gewohnheit ist oft ein Tyrann.
Die wohlthätigsten Reformen scheitern oft unter dem eisernen Scepter ihrer Regierung. Sie hört wie alle übrigen Tyrannen nicht auf Gründe, sondern ihre Laune ist ihr Gesetz.
Lat.: Gravissimum est imperium consuetudinis. (Publ. Syr.) (Binder II, 1259; Philippi, I, 171.)
30. Die gewonheit ist der Natur Meister. – Lehmann, 318, 65.
31. Ein böss gewonheit macht kein Ding gut. – Henisch, 1608, 17; Lehmann, II, 147, 18; Gruter, III, 26; Petri, II, 171; Graf, 13, 175.
Böhm.: Při zlém návyku ctnost' nemá vzniku. (Čelakovský, 221.)
Frz.: Mauvaise coustume fait moult mal. (Leroux, II, 94.)
Poln.: Ze złego nałogu trudno ku bogu. (Čelakovský, 221.)
32. Ein jeder hat seine Gewohnheiten lieb.
Hält daran fest, lässt davon ungern.
Böhm.: Každý hoví mravu svému. (Čelakovský, 221.)
33. Ein jeder nach seiner Gewohnheit.
Frz.: Chacun s'ayde de sa pratique, l'un à la moderne, l'autre à l'antique. (Leroux, II, 198.)
34. Eine alte (eingewurtzelte) gewonheit kan man beugen, aber nicht brechen. – Henisch, 1608; Petri, II, 163.
35. Es ist alles eine Gewohnheit, nur 's Hängen nicht. (Nürtingen.)
36. Es ist alles eine Gewohnheit, sogar 's Hängen.
37. Es ist eine Gewohnheit, nicht fein, was fremd ist, muss allweg besser sein.
38. Es kommt alles auf Gewohnheit an, sagt die Köchin, und zieht dem Aal die Haut ab. – Frischbier2, 1266.
39. Es wird alles zur (oder: ist alles nur) Gewohnheit.
Dän.: Alting er en vane; jo meere man sover, jo meere man vil. (Prov. dan., 27.)
Holl.: Alle ding is maar eene gewoonte, hoe meer men slaapt, hoe meer men slapen wil. (Harrebomée, I, 236.) – Alle ding is maar eene weet, zei de gek. (Harrebomée, I, 134.)
40. Gewohnheit bricht Recht in den Weg. – Graf, 11, 131.
41. Gewohnheit der Schiffer hält man für Recht. – Graf, 11, 139.
Mhd.: Dat me wanheit der schipheren vor recht helde. (Lappenberg.)
42. Gewohnheit, die man findet im Lande, hält man für keine Schande.
43. Gewohnheit hat eine grosse Macht.
Mhd.: Abir want zû aller vrist menschlich sin geneigit ist, lîchtlich hin zû missetât und die sittim kûme lât die er ûf von jugint hat brâcht unz in des aldirs grât. (Jeroschin.) (Zingerle, 55.)
Holl.: De gewoonte maakt de wet. (Harrebomée, I, 236.)
Lat.: Consuetudinis magna vis est. (Cicero.) (Binder II, 564.)
[1680] 44. Gewohnheit hat grosse Kraft.
45. Gewohnheit hat leichte Bürde. – Henisch, 1608, 51; Petri, II, 338; Körte, 2155; Simrock, 3635.
It.: La catena non teme del fumo. (Gaal, 723.)
Ung.: Minden tereh szokással megkönnyedik. (Gaal, 723.)
46. Gewohnheit ist der Natur Meister.
Mhd.: Gewonheit is rîcher danne natûre. (Titurel.) (Zingerle, 55.)
Lat.: Regina rerum omnium est consuetudo. (Lehmann, 314, 2.)
47. Gewohnheit ist der Verstand der Menge.
48. Gewohnheit ist die beste Deuterin des Rechts. – Graf, 12, 156; Klingen, 29a, 2.
49. Gewohnheit ist ein eisern Pfaid (Hemd, Kleid), wer sie auszieht, thut sich leid. – Gaal, 724; Simrock, 3637; Mayer, I, 192; Parömiakon, 464, 473, 477, 479, 516 u. 1846; Graf, 11, 134.
Die Gewohnheit übt in so vielen Millionen gleich verbildeter Köpfe eine Macht aus, gegen die eine Opposition des freigeborenen und ungebundenen Genius sich kaum erheben kann, aber dennoch erheben soll.
Böhm.: Zvyk má železnou košili. (Čelakovský, 221.)
Frz.: Les habitudes contractées dans la jeunesse se quittent difficilement.
Krain.: Navada ima železno srajco. (Čelakovský, 221.)
50. Gewohnheit ist eine leichte Bürde. – Lehmann, 314, 3.
51. Gewohnheit ist grosso Gewalt. – Graf, 11, 133.
52. Gewohnheit lindert alle Dinge (alles). – Simrock, 3636; Graf, 11, 137; Körte, 2356; Braun, I, 814.
Wer sich zehn Jahre quälen lässt, ist im elften der Qualen gewohnt. »Gewohnheit ist dem Narrenfuss ein trockner Wassersteg, dem Weisen aber sperrt er oft des Stromes Segelweg.« (W. Müller.)
Dän.: Vane og venners samtale formilder sorg. (Prov. dan., 520.)
53. Gewohnheit macht alle Dinge leicht.
It.: L'uso fa facile ogni difficoltà. (Pazzaglia, 360, 2.)
54. Gewohnheit macht das Hinken (Rauchen) schön. – Sprichwörtergarten, 246.
55. Gewohnheit macht den Fehler schön.
56. Gewohnheit macht gute Arbeiter.
57. Gewohnheit macht harte Füsse.
Holl.: Gewoonte maakt eelt (of: harde voeten). (Harrebomée, I, 236.)
58. Gewohnheit macht Schafkötel zu englisch Gewürz.
Die Heiligkeit der Jaguirs und Fakirs in Hindostan besteht darin, dass sie alle ihre Speisen mit Kuhmist würzen. (Oettinger, Onkel Zebra, Leipzig 1846, S. 767.)
59. Gewohnheit nimmt den besten Speisen den Geschmack.
60. Gewohnheit, sagte die alte Frau zum Aal, da zog sie ihm die Haut ab. – Hoefer, 296.
61. Gewohnheit verdrängt ein Recht. – Graf, 12, 151; Klingen, 14b, 1.
Frz.: Convenances (coutumes) vainquent loy. (Leroux, II, 206.)
62. Gewohnheit wächst mit den Jahren. – Simrock, 3638; Braun, I, 813; Graf, 11, 132; Eiselein, 236.
Lat.: Taurum tollet, qui vitulum sustulerit. (Eiselein, 236.)
63. Gewohnheit will Recht sein (haben). – Simrock, 3639; Graf, 11, 130; Körte, 2160; Braun, I, 816; Petri, II, 338.
Frz.: La coûtume est souvent un grand tyran. (Kritzinger, 186a.)
64. Gewohnheit will Recht werden.
Span.: Costumbre hace ley. (Bohn I, 210.)
65. Gewonheit billigt alle ding, aber nit allzeit mit recht. – Henisch, 1608; Petri, II, 388; Graf, 11, 136.
66. Gewonheit bricht Aid vnnd Eisen. – Lehmann, 318, 68.
67. Gewonheit ist die andere Natur. – Luther, 372; Henisch, 1608; Petri, II, 338; Gruter, III, 44; Lehmann, II, 229, 116 u. 237, 55; Eyering, II, 666; Parömiakon, 2524; Bücking, 328; Hollenberg, I, 40; Bremser, 9; Lohrengel, I, 316; Simrock, 3633; Schlechta, 305; Eiselein, 236; Kirchhofer, 155; Körte, 2158; Braun, I, 815; Reinsberg VII, 77.
Die Araber sagen, sie sei die fünfte Natur, wobei sie die vier bekannten Temperamente voraussetzen. (Burckhardt, 133.) In Aegypten nennt man sie auch die Zwillingsschwester der Natur. (Burckhardt, 448; Reinsberg -II, 57.)
[1681] Mhd.: Gewonheit ist diu ander natûre. (Haslan.) – Gewonheit wirt nimmer laz, si grîfet vür natûre. (Krone.) (Zingerle, 55.)
Böhm.: Zvyk (svyklost, obyčej) jest druhé přirození. (Čelakovský, 221.)
Engl.: Custom is a second nature. (Gaal, 724; Eiselein, 236.)
Frz.: Coutume dure vaut nature. – Coutume est une autre nature. (Leroux, II, 207.) – L'accoutumance est une autre nature. (Kritzinger, 475a.) – L'habitude est une seconde nature. (Lendroy, 1063.)
Holl.: Aanwenst wordt eene tweede natuur. (Harrebomée, I, 236; Bohn I, 305 u. 319.)
It.: Il costume è una seconda natura. (Pazzaglia, 72, 2.) – L'abito è una seconda natura. (Bohn I, 105.) – L'uso si converte in nature. (Gaal, 724.) La natura non puo star contra 'l costume. – Quasi in natura l'uso si converte. (Pazzaglia, 360, 1.)
Lat.: Consuetudine efficitur quasi altera natura. (Cicero.) (Binder II, 563.) – Consuetudo (usus) est altera natura. (Galenus.) (Binder I, 222; Demokritos, IV, 52; Faselius, 30; Gaal, 724; Philippi, I, 91; Schulblatt, 476; Seybold, 87; Wiegand, 394.) – Consuetudo quasi secunda natura dicitur. (Augustin.) (Binder II, 563.)
Poln.: Nałog jest druga natura. – Nałog łamie przyrodzenie. (Čelakovský, 221.)
Span.: La costumbre es otra naturaleza. (Bohn I, 226.)
Ung.: A szokás természetté válik. (Gaal, 724.)
68. Gewonheit ist ein Recht, das im Land gebohrn, erzogen vnnd erwachsen ist. – Lehmann, 314, 5.
It.: Lunga usanza vince diritto ragione. (Gaal, 728.)
69. Gewonheit ist ein stählins Hemmet. – Henisch, 1608, 57; Petri, II, 338.
Frz.: Accoutumance est loy bien dure. (Leroux, II, 169.)
70. Gewonheit ist ein zwang. – Lehmann, 314, 1.
71. Gewonheit ist König vber den verstand. – Lehmann, 318, 62.
72. Gewonheit macht all ding milter. – Henisch, 1608, 59.
Böhm.: Co hanba a hřích, i to vešlo v zvyk. (Čelakovský, 221.)
Lat.: Ab assuetis non fit passio. (Gaal, 723.)
73. Gewonheit macht schwer ding leicht. – Henisch, 1608, 58; Petri, II, 338.
Lat.: Quod male fers, assuesce, feres bene, multa vetustas lenit. (Gaal, 723.)
74. Gewonheit machts, dass ein Schaf dem andern folgt. – Lehmann, 317, 48.
75. Gewonheit vnd warheit gelten nicht gleich. – Henisch, 1479, 40; Petri, II, 338.
76. Gewonheit vnd zucht lassen nicht vbel gerathen. – Henisch, 1608, 61; Petri, II, 338.
77. Gewonheyt entschuldiget nit die sünd, sonder beschwerts vnd mehrts. – Franck, I, 67a; Simrock, 3643; Körte, 2159.
78. Gewonheyt ist ein gross gewalt. – Franck, I, 69a; Henisch, 1608, 53; Lehmann, II, 229, 117; Graf, II, 133.
79. Gewunnheit mâket olles lichte. (Waldeck.) – Curtze, 342, 854.
80. Gut gewonheit ist wol zu dulden. – Henisch, 1608, 18; Petri, II, 364.
Frz.: Il ne faut pas laisser perdre les bonnes coutumes. (Cahier, 464.)
81. Gute Gewohnheit erhält Fried' und Einigkeit. – Graf, 12, 150.
82. Gute Gewohnheit, gut Recht. – Ficker, 61, 51; Graf, 12, 147; Nering, V, 53.
»Gewohnheit ist die älteste und ursprünglichste Offenbarungsform des Rechts.« Der Verfasser des Sachsenspiegels sagt: »Diese Rechte hab' ich nicht selbst erdacht, es haben's vom Alter auf uns gebracht unsre guten Vorfahren.«
Dän.: Sædvane (gammel brug og vedtægt) er den anden lov. (Prov. dan., 493.)
83. Gute Gewohnheit ist am Zehnten Gerechtigkeit. – Graf, 123, 340.
Es galt nicht blos, den Zehent in seiner vorschriftsmässigen Grösse und Beschaffenheit zu verabreichen, es musste dies auch unter bestimmten Förmlichkeiten geschehen, auf welche sehr streng gehalten wurde und über die in zweifelhaften Fällen das Gewohnheitsrecht entscheiden musste.
Mhd.: Gude wonheit is an der tegede rechtigheit. (Diplomat. Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin von Fidicin, I, 166.)
84. Gute Gewohnheit ist nichts Schlimmes. – Graf, 12, 149.
Holl.: Goed gebruik is nooit kwaad. (Harrebomée, I, 210.)
[1682] 85. Gute Gewohnheit ist so gut wie gute geschriebene Rechte. – Graf, 12, 146.
Mhd.: Gute gewonheit ist als gut als gute geschriebne recht. (Senckenberg, 6.)
86. Gute Gewohnheit soll man nicht schwächen. – Graf, 12, 144.
»Dass man keine alte gute gewonhait nit schweche.« (Lichner, 127, 221.)
Frz.: Il ne faut pas laisser perdre les bonnes coûtumes. (Kritzinger, 525b.)
87. G'wonat is en eisene Pfaed, wer's auszuiht, thuet si laed. – Schmeller, I, 325.
88. Ist die Gewohnheit gemein über alle Welt, so bricht sie alle Rechte. – Graf, 12, 153; Klingen, 5, 2.
89. Jeder hat seine besondern Gewohnheiten.
Die Einwohner von Madagaskar riechen abscheulich nach Ochsenfett, womit sie das Haar einschmieren. Ein Schiffskapitän bot einer Frau eine Krause mit guter französischer Pomade an; sie gab dieselbe aber zurück, weil ihr der Geruch derselben zu unangenehm war. (Ausland, 1855, Nr. 8.)
Böhm.: U každého obyčej (zvyk) svůj. (Čelakovský, 221.)
Lat.: Suus cuique most est. (Čelakovský, 221.)
90. Lange Gewohnheit gehört zur Gesundheit.
D.h. wer sich irgendeinen Genuss angewöhnt hat, wird, ist es kein unmässiger, die Gesundheit nicht fördern, wenn er ihn plötzlich abbricht.
Dän.: Hvo vanen forlader sin sundhed beskader. (Prov. dan., 559.)
91. Löbliche Gewohnheit ist oft besser als Gesetz.
Wenigstens besser als ein schlechtes Gesetz. »Gewohnheiten haltet heilig; sie wachsen langsam und sterben eilig.«
Dän.: Giør ei din sædvane til din lov, men giør loven til din sædvane. (Prov. dan., 233.)
92. Man muss der Gewohnheit etwas nachgeben.
93. Man muss sich der gebräuchlichen vnd nicht der guten gewonheit gemess halten. – Lehmann, 317.
94. New gewonheit vertreibt die alt. – Lehmann, 551, 43.
»Das Alt muss dem Newen weichen.«
95. Nimbt die gewonheit überhand, so geht sie durch ein gantzes Land. – Henisch, 1608, 64; Petri, II, 500; Körte, 2157; Eiselein, 236; Simrock, 3640; Graf, 12, 254; Schottel, 1135b.
Holl.: Neemt gewoonte de overhand, zoo gaat ze door 't gansche land. (Harrebomée, I, 236.)
Lat.: Gravissimum est imperium consuetudinis. (Eiselein, 236.)
96. Oltemots1 en is gên Gewunste2. (Franz. Flandern.) – Firmenich, III, 698, 10.
1) Bisweilen.
2) Keine Gewohnheit.
97. Unrechte Gewohnheit macht unrecht Leben. – Graf, 13, 177; Endemann, II, 47, 84.
98. Unrechte Gewohnheit pflanzt weit. – Graf, 13, 178; Endemann, II, 47, 83.
99. Unrechte Gewohnheit verläset die Leute. – Graf, 13, 179.
Mhd.: Unrecht gewonheit virlatet die lute. (Endemann, II, 47, 84.)
100. Unrechte Gewohnheit weicht dem Rechte. – Graf, 14, 188.
Altfries.: Onredelic pliga wyekt dat riucht. (Richthofen, 435, 2.)
101. Verjährte Gewohnheit wird zum Rechte.
It.: L'usanze invecchiate diventan leggi. (Gaal, 728.)
Lat.: Leges mori inserviunt. (Gaal, 728.)
102. Was doch die Gewohnheit thut, sprach der Schneider, warf er Lappen seines eigenen Tuches in die Hölle. – Hoefer, 934; Eiselein, 236; Simrock, 3646; Braun, II, 504.
103. Was thut Gewonheit nicht! – Petri, II, 610.
104. Wat de Gewennheit nich dêt, säd' de Snîder un stöhl 'n Stück von sîn êgen Buxe (Hosen). (Münster.) – Frommann, VI, 425, 23; Hagen, 97, 6; Hoefer, 935; Firmenich, I, 297, 2; Körte, 2158; hochdeutsch bei Reinsberg VII, 78.
105. Wer aus Gewohnheit Uebels thut, hat immer bösen Muth.
It.: Chi è avvezzo di far male non pensa mai che al male. (Pazzaglia, 123, 6.)
106. Wer die Gewohnheit zum sechsten Sinne macht, dem helfen die fünf andern nicht.
[1683] 107. Wer eine böse Gewohnheit ablegt, hat viel gewonnen.
Die Russen: Wer den bösen Gewohnheiten den Kopf einschlägt, hat selbst einen heilen Kopf. (Altmann VI, 461.)
108. Wer in der gewonheit erwarmet, der lest jhm den Peltz nicht gern nemen. – Lehmann, 316, 27.
109. Wer sein gewonheit bricht, der beleidigt sein gesundheit. – Lehmann, 316, 33.
Port.: Mudar costume, parelha da morte. (Bohn I, 284.)
110. Wider gewonheit, warheit vnd gewalt ist böss fechten. – Henisch, 1608, 68; Sailer, 96.
111. Wo Gewohnheit ist, da ist Recht. – Graf, 11, 128.
Mhd.: Wo gewonheit ist, da ist Recht. (Wackernagel, 40.)
*112. Er hat die üble Gewohnheit an sich, gut zu leben.
113. Böse Gewohnheit nimbt ein böss End. – Dietrich, I, 171.
114. Die Gewohnheit ist unsere Amme, wie der Dichter sagt.
Bei Schiller, Wallenstein's Tod, 1, 4, heisst es wörtlich: »Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.«
115. Eine alte Gewohnheit ohne Grund ist ein alter Irrthum. – Herberger, I, 558.
116. Es ist ein alte gewonheit, dass ohne scham sein arme leut.
Lat.: Ex ueteri more, pauper caret ecce pudore. (Loci comm., 156.)
117. Gewohnheit ist ein Rost, der jeder Feile trotzt. – Lausch, 123.
118. Gute Gewohnheiten sind aller ehren werth. – Herberger, I, 144.
119. Nach gwonheit der geselschafft dein, wird auch allzeit dein wandel sein.
Lat.: Fili talis eris, qualem socium tibi quaeris. (Loci comm., 31.)
120. Was böse Gewohnheit aufgebaut hat, soll durch gute niedergerissen werden.
Lat.: Bona consuetudo destruere debet, quod mala exstruxit. (Sailer, Sprüche, 197, 7.)
121. Wider die Gewohnheit kann niemand. – Lausch, 123.
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