1. Nebbig1 a Nejphele2. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
1) Leider.
2) Abortirtes Kind. – Von einem durchtriebenen Menschen, der sich einfältig stellt.
2. Nebbig, sagt Goethe. (Königsberg.) – Frischbier2, 2763.
Da mir ein solcher Ausspruch Goethe's nirgends begegnet war, wandte ich mich an den Herrn von Loeper, den auf gründliche Quellenstudien sich stützenden Herausgeber Goethe'scher Werke, der mir darüber Folgendes schreibt: »Nebbig, sagt Goethe nirgends. Es existirt auch meines Wissens kein Ausspruch von ihm, der hierauf bezogen werden könnte. An eine Corruption aus ›Mephisto‹ ist z.B. nicht zu denken. Ich finde vielmehr in den Ausdrücken eine scherzhafte Gegenüberstellung einer positiven und einer negativen Formel. Sagt der eine ›He‹, so sagt der andere ›Hott‹; sagt einer ›Ja‹, so der andere ›Nein‹. In ›Osser‹ steckt eine Bejahung, ein ›Oui Sire‹, oder Aehnliches. Hat nun Schiller ›Ja‹ gesagt; so muss Goethe ›Nein‹ sagen. Der Spruch könnte in Berlin auch lauten: ›Is nich, sagt Goethe‹; ›Nebbich‹ thut dieselben Dienste. Aehnlich ist das Dictum vom weisen Salomo und dem grossen Alexander, ob alle Weiber stinken oder nicht.« Tendlau (633) bei der Erklärung der jüdisch-deutschen Redensart Er is newich e Rachmones, d.i.: Er ist leider zum Erbarmen, sagt darüber: »›Newich‹ oder ›Nebich‹, das mir durch ›leider‹ gegeben, ist ein sehr schwieriges Wort. Es hat oft den Sinn von: ›Gott bewahre‹ oder ›leider‹, oft aber drückt es blos eine gemüthliche Theilnahme aus, ohne auf ein Unglück zu deuten. So heisst es z.B. in der Sage von Joseph (Tendlau, Buch der Sagen, XIX): ›Das war dem guten Joseph nebich eine grosse Freud, dass er einen solchen Fisch auf den Schabbes könnt bekommen.‹« – Zunz (Gottesdienstl. Vorträge, 441) hält das Wort für polnischen Ursprungs und schreibt »nebbach«. Andere nehmen es für zusammengezogen aus: »nit bei euch« altdeutsch »ne bi uch,« wie das gleichbedeutende hebräische lo aléchem, um bei dem Zuhörer das Anklagen eines Uebels zu verhüten, und das ebenfalls hebräische lo[976] nanu – nicht bei uns, und das chaldäische bar minon – fern von uns, um es von sich und dem Zuhörer abzuhalten, so wie der Römer sein quod absit, absit omen hatte. Ueber das Wort »Nebbich« im Sinn von: herzliche Theilnahme findet sich bei Frenkel (Libanon, 289) ein Gedicht, dessen erste Strophe lautet: »Ein Wörtchen geht von Mund zu Munde, sein Ursprung ist uns unbekannt, doch Zeugniss gibt's vom Bruderbunde, der mild dem Leid sich zugewandt. Wo sich menschlich Weh verschliesset, die Pilgerfahrt wird schwer und schwül, das Wörtlein von der Lippe fliesset, und ›Nabich‹ sagt das Mitgefühl.« – Damit ist nun aber noch gar nicht erklärt, warum das Wort gerade Goethe in den Mund gelegt wird.