Visipatenten

* Es sind Visipatenten.

Diese Redensart steht schon im ersten Bande unter Fisematenten; ich habe geglaubt, sie auch in der vorstehenden Form aufführen zu müssen, da es bisjetzt noch nicht gelungen ist, eine ausreichende Erklärung dafür aufzufinden. Bei Waldis (IV, 3, 76) heisst es: »der Luther sagt und sein Scribenten, die geistlichkeit sei visipatenten, sey gar vnnütz vnd nichts werd, vergebens gott damit wird geehrt.« Sandvoss (Sprichwörterlese, 132) führt auch noch eine Stelle aus Claws Bur (I, 7) an, wo es heisst: »Twelf kindern geve ik kleder unde scho; rekent, wat horen der vele bicht pennige to! Vorwar, wil min pastor unde averher (Oberherr) nicht gunnen, dat ik neme mer vor bichthoren und ander sacrament, so ist min pastorie visepetent und mach pipen sniden gahn unde late de kerke mit der capellen stan.« Und ebenda S. 62: »Peter Paul u.s.w. unde dat olde testament ere tuechnisse sind nene visepetent.« Sandvoss führt noch folgende Stelle aus Kirchhof's Wendvnmut an, die aber auch nicht weiter führt: »Auch hochmuht on gewisse rent ist ein lauter fisipotent, und nimpt, ehs mancher meint, ein end.« Schliesslich stellt er noch die Vermuthung auf, ob vielleicht visa patentia gemeint sein könnten, und fragt, ob visum patens etwa in der Bedeutung eines obrigkeitlichen Empfehlbriefs nachzuweisen sei. Dann, meint er, hätte man diese von marktschreierischen Quacksalbern ausgehängte visa patentia überhaupt zur Bezeichnung des Unreellen und Nichtigen, dessen, was einen grossen Namen hat, ohne dass viel dahinter steckt, verwendet.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 1644.
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