Bündniss

[349] Bündniss oder Allianz heißt ein Vertrag zwischen Staaten, wodurch sie sich zu gegenseitigem Beistande verpflichten. Ist der Zweck desselben die gemeinschaftliche Abwehr eines Feindes, so spricht man von einem Defensiv- oder Vertheidigungsbündnisse, soll aber ein gemeinschaftlicher Angriff gegen einen Staat unternommen werden, so wird ein Offensiv- oder Angriffsbündniß geschlossen; vereinigen jedoch Bündnisse beide Zwecke, so erhalten sie den Namen Schutz- und Trutzbündnisse. Außerdem benennt man Bündnisse und Allianzen häufig nach der Zahl der Mächte, die sie abschließen und spricht in diesem Sinne von einer Dupel-, Tripel- oder Quadrupelallianz, jenachdem zwei, drei oder vier Staaten einen solchen Vertrag abschließen. Unter die berühmtesten Bündnisse der neuesten Zeit [349] gehört die heilige Allianz, welche nach der völligen Besiegung Napoleon's zuerst vom Kaiser Alexander I. von Rußland angeregt und am 26. Sept. 1815 von ihm, dem Kaiser Franz II. von Östreich und dem Könige Friedrich Wilhelm III. von Preußen bei ihrer Anwesenheit in Paris persönlich und ohne Zuziehung der Minister vollzogen wurde, daher sie mehr den Charakter eines Fürstenbundes als den eines Staatsvertrages an sich trägt. Der bekannt gewordene Zweck dieser Allianz war ein Übereinkommen der Verbündeten, bei Verwaltung ihrer Staaten und bei den politischen Verhältnissen mit andern, nur den Vorschriften der Gerechtigkeit, des Friedens und der christlichen Liebe zu folgen und eingedenk der Worte der Schrift, welche allen Menschen gebietet, sich als Brüder anzusehen, einander stets gleich Landsleuten beizustehen. Alle christlichen Mächte wurden zum Beitritt eingeladen, welchen jedoch England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, als ihren Verfassungen entgegen, verweigerten; außerdem schlossen sich aber alle christlichen Regenten, den Papst ausgenommen, dem Bunde an, welcher auf den Congressen zu Aachen, Laibach und Verona seine weitere Ausbildung und Anwendung erhielt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 349-350.
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