Drechseln

[592] Drechseln (das) oder die Dreherkunst beschäftigt sich damit, allerlei harten und festen Körpern, wie Holz, Horn, Knochen, Elfenbein, Bernstein, Serpentin, Marmor, Alabaster und Metallen mehr und weniger künstliche, vorzugsweise jedoch runde Formen zu geben. Dies geschieht mittels verschiedener schneidender Instrumente, indem der zu bearbeitende Körper auf einer besondern mechanischen Vorrichtung, der Drehbank oder Drechselbank, zwischen zwei eisernen Spitzen, den Docken, eingespannt, oder an einer Spindel vermittels einer an einer Wippe oder einem derselben gleichwirkenden Bogen mit dem Tretbaume, oder an einem Schwungrade befindlichen Schnur, die wie ungefähr am Spinnrade wirkt, in schnell umdrehende Bewegung gesetzt wird. Zu dem besonders künstlichen Drechseln, dem Figuren- oder Passigdrehen, sind aber noch andere sogenannte zusammengesetzte Drehbänke nöthig, auf welchen die Arbeit auch während des Drehens hin- und herbewegt werden kann. Das Drechseln ist für viele Künste und Gewerbe sehr wichtig und wird außer von den eigentlichen Drechslern, von Zinn- und Gelbgießern zur Vollendung vieler ihrer Arbeiten, von Gürtlern, Uhrmachern, Instrumentmachern und Mechanikern geübt. Die eigentlichen Drechsler werden wieder in gemeine und in Kunstdrechsler unterschieden und Erstere fertigen vorzüglich aus Holz allerlei Spielwaaren, wie sie von Berchtesgaden, Gröden in Tirol, Nürnberg, Sonnenberg in Sachsen-Meiningen, Grünhainichen, Seifen im Erzgebirge und andern Orten aus in den Handel kommen, ferner [592] Spinnräder, hölzerne Teller, kleine Säulen zu Geländern u.s.w.; die Kunstdrechsler aber theilen sich wieder in Bein-, Bernstein- und Rothdrechsler, jenachdem sie vorzugsweise Elfenbein, Horn, Bernstein oder Metalle bearbeiten. Das Drechseln ist eine uralte Erfindung und gilt zugleich als eine der Gesundheit sehr zuträgliche, auch sonst angenehme Beschäftigung für Personen, welche von geistigen Anstrengungen Erholung suchen und bei sitzender Lebensweise der Bewegung bedürfen. Es haben sich daher von jeher selbst fürstliche Personen damit beschäftigt, wie z.B. Herzog Albrecht IV. von Östreich, gest. 1404, Peter der Große und Kaiser Leopold I., welcher auch den Drechslern mehre Privilegien verlieh. Als Meisterstück verfertigten sie in Deutschland sonst künstliche Spinnräder, Gewürzbüchsen mit 7 Fächern, deren Einsetzbüchsen in jedes Fach passen mußten, Schachspiele halb von Elfenbein und halb von Ebenholz, zwölf hölzerne Teller, jeder 9 Zoll übers Kreuz und alle 12 nur einen Zoll stark u.s.w. In neuerer Zeit hat die verbesserte Mechanik und Einrichtung der Werkzeuge auch die Drechslerkunst vielfach gefördert und vervollkommnet, und Anweisung dazu, sowie die neuesten Fortschritte derselben enthalten unter Anderm Guts Muth's »Praktische Anweisung zur Kunst des Drehens« (Lpz. 1817, mit Kupfern); Desormeau »Die Drehkunst in ihrem ganzen Umfange« (deutsch von Thon, Ilmenau 1825, mit Abbild.); »Abbildung und Beschreibung der in neuerer Zeit sehr verbesserten Drehbänke« (aus dem Englischen von Klinghorn, Quedlinb. 1834).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 592-593.
Lizenz:
Faksimiles:
592 | 593
Kategorien: