[82] Matthias, von 1612–19 deutscher Kaiser, geb. 1557, war der vierte Sohn des 1576 verstorbenen Kaisers Maximilian II. und zwar nicht an Gelehrsamkeit, allein an Trieb zur Thätigkeit seinem ältern Bruder, Kaiser Rudolf II. überlegen, der ihm wegen seines Bestrebens nach Macht und Einfluß sehr mistraute. M. war 1577 von den Niederländern zum Statthalter gewählt worden, mußte aber 1580 dieser Würde entsagen, weil er ihrer Behauptung den Foderungen Spaniens und dem freiheitslustigen Volke gegenüber nicht gewachsen war, worauf ihn Rudolf II. zum Statthalter in Ostreich ernannte. Da die schlaffe Regierung des Letztern dem östr. Hause unersetzlichen Nachtheil zu bringen drohete, trat M. mit seinen Brüdern und Vettern 1606 zusammen und ließ sich, als Nächstältestem, anstatt des Kaisers zum Haupt und Protector der Familie erklären. Vergeblich suchte der unvermählte Rudolf II. ihm dafür die Nachfolge in den Erblanden zu entziehen, M. zwang ihn vielmehr 1608 zur Abtretung von Östreich, Ungarn und Mähren, wo er sich durch Wiedereinräumung freierer Religionsübung einen mächtigen Anhang verschaffte. Dadurch angespornt, foderten die Protestanten und Hussiten in Böhmen dieselbe Freiheit von Rudolf II., der sie ihnen auch durch den sogenannten Majestätsbrief vom 11. Jul. 1609 ertheilte, allein als er hierauf die böhm. Krone dem Erzherzog Leopold von Steiermark zuzuwenden suchte, riefen die Böhmen selbst M. herbei und dieser zwang seinen Bruder, ihm am 12. Apr. 1611 auch die böhm. Krone abzutreten, worauf er den Böhmen und Schlesiern ihre Religionsfreiheiten bestätigte. Nach Rudolf II. bald darauf (20. Jan. 1612) erfolgtem Tode ward M. auch zum deutschen Kaiser gewählt, bewies sich aber in Reichsangelegenheiten wenig geschickt und verdarb es durch seine Unentschiedenheit, die ihn bald seinem ersten Rathe, dem vermittelnden Cardinal-Bischof Melch. Clesel zu Wien, bald der jesuitisch-span. Partei folgen ließ, am Ende mit Allen. Da er zur Ausführung seiner großen Entwürfe wider die Türken keine hinreichende Unterstützung fand, ging er 1615 eine zwanzigjährige Waffenruhe mit ihnen ein. Vergeblich suchte er durch einen kais. Machtspruch 1617 die Union der Protestanten und die Ligue der Katholischen aufzulösen, und im folgenden Jahre führte seine Entscheidung über die Geltung des böhm. Majestätsbriefs jenen Aufstand in Prag herbei, welcher der Anfang des dreißigjährigen Kriegs (s.d.) wurde. Noch war M. zu gütlicher Beilegung geneigt, allein der Erzherzog Ferdinand von Steiermark, welcher schon zum Nachfolger des kinderlosen M. bestimmt war, drang mit Erzherzog Maximilian auf gewaltsames Einschreiten und ließ den Cardinal Clesel, der an Allem schuld sein sollte, gefangen nach Tirol bringen. Als der am Podagra daniederliegende M. hinterher davon hörte, hüllte er sich vor Zorn erröthend in seine Decke, mußte aber dazu schweigen und starb am 20. März 1619, gebeugt durch die Behandlung von seinen Brüdern und Umgebungen und im Kummer über die Drangsale der Zeit, die er aber mit verschuldet hatte.