[392] Tertulliānus (Quintus Septimius Florens), der älteste und nächst Augustin der berühmteste unter den lat. Kirchenlehrern. Er war zu Karthago geboren, widmete sich den Wissenschaften und verwaltete zu Rom das Amt eines Rhetors und Sachwalters. Durch die Standhaftigkeit der Märtyrer zur Überzeugung von der Wahrheit des Christenthums geführt, war er nach der Annahme desselben im I. 185 wahrscheinlich Presbyter oder Ältester an der Gemeinde in seiner Vaterstadt. Seine gelehrte Bildung, sein Eifer für das Christenthum und seine strengen Sitten gaben ihm das größte Ansehen, und als Schriftsteller wirkte er wohlthätig auf die äußern Schicksale der Christen und wurde der Begründer der neuen Kirchenlehre, indem er den christlichen Volksglauben zur Wissenschaft erhob und ihn gegen den Einfluß der schwärmerischen alexandrinischen Philosophie zu verwahren suchte. Sein Hauptwerk ist seine »Apologie«. eine Schutzschrift für die Christen, veranlaßt durch die vom [392] Kaiser Severus über dieselben verhängte Verfolgung, in welcher er von der bürgerlichen Seite das Christenthum zu rechtfertigen sucht. Andere Schriften haben die Bekämpfung nicht christlicher Gegensätze, wie sie aus der verschiedenen Umgebung des Christenthums entsprangen, zum Gegenstande; noch andere sind erbaulichen asketischen Inhalts. Eine düstere und feurige Einbildungskraft, tiefes Gefühl und durchdringender Verstand neben einem grobsinnlichen Auffassen des Übersinnlichen und einer geistreichen Rhetorik sind die Eigenthümlichkeiten seiner Schriften, deren Verständniß hierdurch wie durch seine unvollkommene lat. Schreibart sehr erschwert wird. Gemäß den Grundsätzen der stoischen Philosophie, zu welcher er sich früher bekannte, hob er auch am Christenthum die äußerste sittliche Strenge hervor. Als er sich deshalb an die Montanisten in Asien näher anschloß, diese aber als eine Sekte von Rom aus verdammt wurden und T. ihre Vertheidigung unternahm, gerieth er selbst zu Rom in ein feindseliges Verhältniß, und es ist ungewiß, ob er noch vor seinem im I. 230 erfolgten Tode mit der Kirche ausgesöhnt worden ist.