Trieb

[470] Trieb bedeutet im Allgemeinen so viel wie eine nach bestimmter Richtung wirkende Kraft, also etwas Treibendes, doch wird mitunter auch das Getriebene so genannt, daher man von der Triebkraft einer Maschine, eines Wasserrades, auch von den frischen Trieben der Gewächse spricht. In Bezug auf Menschen und Thiere werden unter Trieben erstens jene auf der Organisation derselben beruhenden innern Anregungen verstanden, welche ohne Mitwirkung der Urtheilskraft auf Befriedigung von Bedürfnissen hinweisen und nicht empfunden werden, wenn sich letztere nicht fühlbar machen. Sie laufen im Allgemeinen auf Verlangen nach körperlichem Wohlsein und Abneigung wider Das hinaus, was jenes beeinträchtigt. Ist damit eine Ahnung oder dunkle Vorstellung des Bedürfnisses verbunden, so wird der Trieb Instinct, und man nennt ihn auch natürlichen Kunst, trieb, wenn er sich, wie z.B. bei den Bienen, dem Biber und andern Thieren, mit einer durch keine Übung erlangten, sondern ihnen von Natur eignen Geschicklichkeit äußert. In einer zweiten und engern Bedeutung wird unter Trieb ein menschliches Seelenvermögen verstanden, welches aus den Zuständen und Zusammenwirken des Gewissens, innerer Vorstellungen und des Urtheils als ein Bestreben sich gestaltet, zu seiner Befriedigung zu erfinden, zu verfertigen, erweitern und sonst thätig zu sein. Die innern Bestimmungsgründe, welche einen Menschen bewegen, etwas zu thun, werden im Gegensatze zu äußern auch die Triebfedern seines Handelns genannt. Sie können sinnliche sein, wie etwa die Furcht vor Strafe oder die Aussicht auf Belohnung und die Befriedigung einer physischen Leidenschaft, oder sittliche, welche den Menschen ohne Beachtung dessen, was in das Gebiet der vorigen gehört, durchdringen und immerfort antreiben, dem Gesetze der Vernunft gemäß oder sittlich gut zu handeln.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 470.
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