[745] Witwe, Witsrau ist eine ihres Ehemannes durch den Tod beraubte Frau, der in der Regel der Rang des verstorbenen Mannes und dessen Wohnsitz bis zu ihrer Wiederverheirathung zukommt. Die von ihr binnen zehn Monaten nach des Ehemannes Ableben geborenen Kinder sind für eheliche zu achten, wenn dem nicht andere Verhältnisse widerstreiten. Über das Erbrecht der Witwen bestimmen die verschiedenen Gesetzgebungen das Nähere. Sie sind gehalten, das Witwen- oder Trauerjahr (s. Trauer) zu beobachten, wovon aber leicht Befreiung zu erlangen ist, wenn sie sich vorher wieder verheirathen wollen. – Unter Witthum wird von dem Vermögen eines Ehemannes der Antheil verstanden, welchen nach seinem Tode dessen Witwe zu fodern hat. Über die Größe desselben kann der Ehevertrag Bestimmungen enthalten, ohne Rücksicht darauf, ob die Ehefrau Einbringen besitzt oder nicht, oder es kann in den doppelten Zinsen ihres als Leibrentencapital zurückbehaltenen Eingebrachten (s. Leibgedinge) bestehen. Das eigentliche Witthum, d.h. der standesmäßige Unterhalt, welcher der Witwe aus den Gütern des verstorbenen Ehemannes und bei fürstl. Witwen vom Lande gewährt wird, ist von dem eingebrachten Heirathsgute ganz unabhängig. Es gehören dazu Wohnung oder ein sogenannter Witwensitz, baares Geld und Naturalien, auch wird mitunter der Genuß eines Grundbesitzthums dazu angewiesen. Dieses Witthum geht für die Witwe verloren, sobald sie eine neue Ehe schließt. – Witwenkassen sind Anstalten, aus denen dazu berechtigte Witwen gewisse jährliche Einkünfte beziehen. Sie können sowol öffentliche als von deshalb zu Gesellschaften zusammengetretenen Privatleuten gestiftete sein. Am häufigsten sind die zum Besten der Witwen von Staatsdienern, welche mit des Mannes Tode zum Theil jede Versorgung verlieren, während den Witwen von Gewerbs- und Geschäftsleuten die Fortsetzung des Gewerbes ihres Mannes verbleibt. In der Regel wird von den Gehalten der Staatsdiener ein bestimmter Abzug für die betreffende Kasse gemacht und mitunter noch vom Staate ein bestimmter Beitrag dazu geleistet. Solche Anstalten sind demnach hauptsächlich von zweierlei Art. Entweder besitzen sie nämlich ein durch Schenkung oder Gehaltsabzüge entstandenes Capital, dessen Zinsen jährlich an die Witwen nach Verhältniß der früher von ihren Männern geleisteten Beiträge vertheilt wird, oder sie sind nach Art von Leibrenten (s.d.) eingerichtet, indem eine größere Anzahl verheiratheter Männer sich zur Aufbringung eines bestimmten Capitals durch Einzahlung auf einmal oder in Terminen vereinigen, um damit ihren etwaigen Witwen ein jährlich gleiches Einkommen bis zu ihrem Ableben oder für einen bestimmten Zeitraum, z.B. bis zur Mündigkeit der Kinder, zu sichern. Der Eintritt in eine solche Anstalt kann also durch einen ansehnlichern Beitrag auf einmal, oder durch fortgesetzte jährliche kleinere Beiträge erlangt werden, welche verloren sind, wenn der Mann die Frau überlebt. Die Größe derselben wird nach Verhältniß des Alters des eintretenden Mannes und seiner Frau berechnet. Ebenfalls jährliche Einkünfte gewähren die neuerlich errichteten Rentenanstalten. Die Sicherung eines Capitals von bestimmter Größe kann der Ehemann für den Fall seines Ablebens seinen Nachgelassenen auf dem Wege der Lebensversicherung (s.d.) erwerben.