Phosphor

[402] Phosphor (chem. Zeichen P), chem. Element, kommt in der Natur nicht frei, sondern nur in phosphorsauren Salzen (Apatit, Phosphorit etc., im Pflanzensamen, in der Knochenmasse, Nervensubstanz, Gehirn, Blut etc.) vor, 1669 von Brandt in Hamburg, 1674 von Kunkel im Harn entdeckt, wird dargestellt aus Knochenasche oder Phosphaten durch Erhitzen mit Schwefelsäure, Trennen des löslichen sauren Kalziumphosphats vom Gips, Eindampfen der Lauge und Glühen des Rückstandes mit Kohle. Der abdestillierende P. wird unter Wasser aufgefangen, in Stangen gegossen und unter Wasser im Dunkeln aufbewahrt. P. ist bei 0° hart, bei gewöhnlicher Temperatur wachsweich, kristallinisch, fast farblos und durchsichtig bis durchscheinend, weiß oder gelblich (gewöhnlicher, weißer oder gelber P.); schmilzt bei 45°, siedet bei 290°; spez. Gewicht 1,83, Atomgewicht 31; verflüchtigt sich langsam an der Luft und oxydiert sich unter Leuchten und Knoblauchgeruch zu phosphoriger Säure; in Gegenwart von Wasser bildet sich dabei Ozon. P. entzündet sich bei 50° und verbrennt zu Phosphoroxyden, gibt bösartige Brandwunden, ist in Wasser fast unlöslich, wenig löslich in Weingeist, Äther und fetten Ölen, leicht in Schwefelkohlenstoff. Mit den Halogenen verbindet er sich unter Feuererscheinung, mit den Metallen beim Erwärmen zu Phosphiden (Phosphoreten). P. ist ein äußerst heftiges Gift, wird erkannt dadurch, daß er beim Destillieren mit Wasserdampf und der Verdichtung des Dampfes im Dunkeln leuchtet; er dient zur Herstellung von Zündwaren, zu Brandgeschossen, in der Teerfarbenindustrie, zu Phosphorbronze und als Rattengift. Nach dem Gesetz vom 10. Mai 1903 darf vom 1. Jan. 1907 an im Deutschen Reich gewöhnlicher P. zu Zündhölzchen und Zündwaren nicht verwendet, Zündhölzchen daraus nicht feilgehalten, verkauft oder eingeführt werden. Roter oder amorpher (mikrokristallinischer) P. (1845 von Schrötter entdeckt) entsteht aus weißem bei längerm Erhitzen auf 200-250° unter Luftausschluß, auch durch die Einwirkung des Tages- oder Sonnenlichts; spez. Gewicht 2,12, leuchtet und entzündet sich nicht an der Luft, verbrennt erst bei 260°, in Schwefelkohlenstoff unlöslich und ungiftig, dient zur Herstellung der Reibeflächen der Sicherheitshölzer und, mit phospohrsaurem Kalium gemischt, zu Bombenfüllungen. – Verbindungen mit Metallen: Phosphorbronze (s.d.) und Phosphoreisen; letzteres macht Eisen und Stahl kaltbrüchig, muß durch den Thomas- oder basischen Martinprozeß entfernt werden. Phosphorwasserstoff entsteht als giftiges, übelriechendes Gas aus P. beim Kochen mit Alkalien, ist durch beigemengten flüssigen Phosphorwasserstoff selbstentzündlich. Die Halogenverbindungen des P. (Chlor –, Brom- und Jod-P.) entstehen direkt aus den Elementen und werden durch Wasser sehr leicht zerlegt. Unterphosphorigsaure Salze (Hypophosphite) entstehen beim Kochen von P. mit Alkalien, wirken reduzierend und gehen leicht in Phosphate über; unterphosphorige Säure, farbloser, bei 0° erstarrender Sirup, scheidet Metalle aus [402] ihren Lösungen ab, dient als starkes Reduktionsmittel; Phosphortrioxyd entsteht als weißes amorphes Pulver bei vorsichtigem Erwärmen von P.; phosphorige Säure und ihre Salze (Phosphite), aus Phosphortrichlorid gewonnen, wirken reduzierend, sind aber luftbeständig. Phosphorpentoxyd (Phosphorsäureanhydrid), aus P. beim Verbrennen an trockner Luft gewonnen, weiße, flockige Masse, außerordentlich hygroskopisch, dient zum Trocknen von Gasen, liefert mit Wasser die Phosphorsäuren. Orthophosphorsäure (Phosphorsäure) wird dargestellt aus Knochenasche durch Zerlegung mit Schwefelsäure und Abgießen vom sich abscheidenden Gips und Eindampfen, oder aus rotem P. durch Oxydation mit Salpetersäure: farblose, rhombische Kristalle, die bei 38° schmelzen und mit Wasser zu einem stark sauer schmeckenden Sirup zerfließen, ungiftig; eine Lösung von 25 Proz. ist als kühlendes Mittel und zur Beförderung der Knochenbildung offizinell; geht beim Erhitzen in die vierbasische Pyrophosphorsäure über, eine weiße kristallinische Masse, die mit kochendem Wasser wieder Orthophosphorsäure bildet, bei starkem Glühen aber Wasser abgibt und Metaphosphorsäure liefert, eine glasartige, durchsichtige Masse, die Eiweiß koaguliert (dient zum Nachweis von Eiweiß im Harn). Orthophosphorsäure ist eine dreibasische Säure, die drei Reihen von Salzen (Mono- oder saure, Di- oder neutrale, Tri- oder basische Phosphate) liefert. Mononatriumphosphat (primäres Natriumphosphat) findet sich im Harn der Fleischfresser; Dinatriumphosphat (sekundäres oder neutrales Natriumphosphat) findet sich in der Fleischflüssigkeit, bildet farblose Prismen, geht beim Erhitzen in Natriumpyrophosphat über; dieses löst Eisensalze und dient zur Entfernung von Eisenflecken und Tinte aus Leinwand. Die Kaliumphosphate ähneln den Natriumsalzen; ebenso die Ammoniumphosphate. Natriumammoniumphosphat (phosphorsaures Natriumammonium, Phosphorsalz) findet sich im Guano und im faulenden Harn, farblose Prismen; wandelt sich beim Glühen in Natriummetaphosphat um, welches in der Glühhitze Oxyde auflöst und in der Lötrohranalyse zur Erkennung der Metalle dient (Phosphorsalzperle). Phosphorsaures Magnesium (Magnesiumphosphat), s. Magnesium. Phosphorsaures Kalzium und Superphosphat, s. Kalzium. Phosphorsaures Eisen ist ein Bestandteil des Raseneisenerzes. Die phosphorsauren Salze sind notwendige Nährmittel der Pflanzen und Tiere und müssen, wo der Boden bei intensiver Wirtschaft nicht hinreichende Mengen für das Gedeihen der Pflanzen enthält, durch künstliche Düngung ersetzt werden (Guano, Knochenmehl, Superphosphat, Thomasmehl, Phosphorit).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 402-403.
Lizenz:
Faksimiles:
402 | 403
Kategorien: