Malerei

[81] Malerei, diejenige der bildenden Künste, welche das Schöne durch Zeichnung u. Farbe in Bildern (Gemälden) auf ebener Fläche darstellt. Das Feld der M. ist viel umfassender für die Darstellung als das der andern bildenden Künste, und weit mehr als diese ist sie im Stande das geistige Leben zur Anschauung zu bringen; dies begründet ihre Verwandtschaft zur Dichtkunst und ihre hohe Stellung unter den schönen Künsten. Die Ausübung der M. zerfällt in die Zeichenkunst u. die Farbengebung (Colorit). Erstere gibt die perspectivischen Umrisse der Körper, letztere deren Verhältniß zum Licht, sowohl in Beziehung auf die ihnen eigenthümlichen Farben als auf Schatten u. Licht. Die Zeichenkunst bildet somit die Grundlage der M. und durch sie spricht sich zunächst die künstlerische Idee des Malers aus (Erfindung, Composition); die Farbe verleiht dem Bilde erhöhte Natürlichkeit u. Leben. Composition, Zeichnung u. Colorit bestimmen daher den künstlerischen Werth eines Gemäldes. Man hat die M. in mehrfache Abtheilungen gebracht, entweder nach den Gegenständen, die sie darstellt oder nach den Stoffen, womit sie arbeitet und der verschiedenen Behandlungsweise. In Hinsicht der erstern theilt man sie in Historien-, Porträt-, Landschafts- und Genre-M. (s.d. Art.). Nach der 2. Eintheilung unterscheidet man Oel-, Pastell-, Aquarell-, Fresko-, Gouache-, Miniatur-M., Enkaustik, Wachs-M., Glas-, Porzellan-M., Mosaik (s. diese Art.). In geschichtlicher Beziehung sind zunächst die M. der Alten u. die neuere oder christliche M. zu unterscheiden. In Griechenland wurde die M. zuerst nur als Bemalung plastischer Arbeiten in Tempeln geübt, und erhielt sich lange in dieser Verbindung mit der Plastik. Erst spät tritt sie selbstständig auf. Die frühesten Denkmale der eigentlichen M. sind Monochromen, einfarbige Bilder, so auf den ältesten Vasen, zuerst silhouettenartig, sodann mit Angabe der Körperrundung durch Abstufung der Farben, Licht und Schatten. Zu dieser einfachsten M. genügte der Griffel, mit der mehrfarbigen wurde der Pinsel erforderlich. Berühmt aus dieser Zeit ist Panänus, der Gehilfe des Phidias; er malte die Wandgemälde im Athenäum zu Elis, im Jupitertempel zu Olympia etc., ferner Mykon. Auf eine bedeutend höhere Stufe wurde die M. durch Polygnotus erhoben, ungefähr [81] 420 v. Chr., nach ihm durch Apollodor aus Athen 404, zur eigentlichen Kunstschönheit aber durch Zeuxis, ungefähr 378 v. Chr., und dessen Zeitgenossen Parrhasius aus Ephesus, Thimanthes aus Samos und Apelles aus Kos 330, letzter mit hoher Grazie der Gestalten u. bewundertem Colorit. Nach Apelles Zeit gerieth die Kunst in Verfall. Nach Rom, wo sich viel weniger Interesse für die M. zeigte, wurde diese durch griech. Meister verpflanzt, aber erst in der spätern Zeit des Verfalls. Der Denkmale der alten M., der griech. u. röm., sind indeß sehr wenige. Im Ganzen erkennt man daraus, daß sie der Plastik nachstand. Mit dem Verfall des Alterthums ging auch die alte Kunst unter. In Konstantinopel (s. Byzantinische Kunst) fanden zwar die Künste, so auch die M., noch ein Asyl, indeß hatte sich mehr bloß das Technische der Kunst da selbst erhalten; die Bilder zeigen schroffe Zeichnung, grelle Farben, mit durchaus feststehenden traditionellen Formen. Die Kunst des Porträtirens war ganz verschwunden. Doch übte die byzantin. M. ihren Einfluß auf die Entwicklung dieser Kunst im christlichen Abendlande. Daselbst wurde die Kirche die Hauptpflegerin der M., die hier einen ganz anderen Aufschwung nahm als im Oriente. Dies geschah zunächst in Italien durch den Florentiner Maler Cimabue im 13. Jahrh., der sich zuerst von dem byzantin. Einflusse losmachte. Es bildete sich in selbständiger u. eigenthümlicher Weise die ital. M. aus (s. Italienische Kunst), die bald, besonders durch Michel Angelo, Rafael etc. ihre höchste Blüte erreichte. Auch im Norden nahm die M. seit dem 15. Jahrh. einen neuen Aufschwung; es entstanden die rheinische Schule, sodann die flandrische durch van Eyck, etwas später die süddeutschen Schulen, Dürer, Holbein, Kranach etc. (s. Deutsche Kunst). So auch in Frankreich, Spanien (s. Französische, Spanische Kunst). Nachdem später eine Zeit der Verflachung und Ausartung in Manier eingetreten, erhob sich gegen Ende des vorigen Jahrh. die M. wie die Kunst überhaupt durch das Studium der Antike wieder zu neuer Blüte, es entstanden die neueren classischen Schulen in Frankreich (David), Italien, Deutschland (Carstens). Die gegenwärtige deutsche M. mit ihren Hauptschulen in Düsseldorf u. München ist die blühendste von allen und zählt die größten Meister.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 81-82.
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