Kontinuebleiche

[609] Kontinuebleiche nennt man einige Verfahren zum Reinigen und Bleichen rohen baumwollenen Gewebes, bei welchen letzteres in der Regel in Strangform und fortwährender Bewegung der Einwirkung chemisch und physikalisch wirkender Agenzien unterliegt (s.a. Baumwollstückbleiche, Bd. 1, S. 622).

Das Mather-Thompsonsche Bleichverfahren [1], hervorgegangen aus der Vereinigung der Bleichmethode Thompsons, bestehend in der Wirkung der aus Chlorkalk durch Kohlensäure befreiten unterchlorigen Säure und der Kochmethode Mathers mit Anwendung von Natronlauge, zerfällt in zwei Teile. Zuerst werden die mit Natronlauge getränkten Stücke unter fortwährendem Zufluß von Natronlauge im Matherkier getränkt und in demselben Apparat gewaschen, dann im Kontinueapparat gebleicht. Der Matherkier ist ein liegender, durch eine automatisch bewegte Tür verschließbarer Kessel. Jedem Kessel entsprechen zwei auf Schienen laufende Wagen aus verzinktem Eisenblech, welche so gebaut sind, daß sie, mit Ware beladen, den Raum des Kessels ganz ausfüllen, unter der Ware aber einen freien Raum lassen, der mit dem oberen Teil des Kessels durch Rohre mit dazwischen geschalteter Flügelpumpe in Verbindung steht. Die Rohre münden oben in Brausen. Die Wagenkörbe sind mit Gitterwerk versehen und tragen in der Mitte eine gelochte Säule, welche der Flüssigkeit gestattet, zu zirkulieren und in das Innere der Zeugmasse einzudringen. Nachdem die mit der rohen Ware beschickten Wagen in den Kier geschoben sind, wird dieser geschlossen und durch Einblasen von Dampf die Luft ausgetrieben. Mittels der Flügelpumpe wird sodann Natronlauge in den Kier gepumpt, welche sich als Sprühregen in den Inhalt eines jeden Wagens ergießt. Die Lauge sickert durch die Ware und sammelt sich unter den falschen Böden der Wagen, um von dort durch Rohre abgezogen und wieder über das Gewebe gepumpt zu werden, so daß sich die Flüssigkeit in beständigem Kreislauf befindet. Der Inhalt des Kessels wird durch eine am Boden desselben liegende Dampfschlange indirekt erhitzt. Nach dem Bäuchen wird die Ware in demselben Kessel durch Ablässen der Lauge und Ersetzen derselben durch heißes Wasser gespült, die Wagen werden ausgefahren und die Ware wird dem Kontinueapparat zugeführt, in welchem sie gebleicht wird. Dieser Apparat besteht aus einem oder zwei in 15 Abteilungen geteilten langen Kasten, dessen einzelne Abteilungen mit Ausnahme der für die Bleichung mit Chlorkalk und Kohlensäure dienenden, oben offen sind. Passende Leit- und Quetschwalzen führen das Zeug auf- und absteigend zu mehreren Strängen nebeneinander durch den Apparat. In der ersten Abteilung läuft das Gewebe durch reines warmes Wasser, in der zweiten durch Chlorkalklösung 0,75° Bé. Die dritte Abteilung ist aus einer mit gasförmiger Kohlensäure gefüllten Kammer gebildet, in welche das Zeug durch einen engen Schlitz eintritt, um sie ebenso zu verlassen In der vierten, fünften und sechsten Abteilung wird es mit kaltem Wasser gewaschen; in der siebenten läuft es durch 60–75° warme, 0,1 prozentige Sodalösung und wird in der achten, neunten und zehnten wieder mit Wasser gewaschen. In der elften Abteilung läuft das Gewebe nochmals durch Chlorkalklösung von 0,35° Bé, in der zwölften trifft es wieder mit Kohlensäure zusammen, die dreizehnte, vierzehnte und fünfzehnte enthalten 1 prozentige Salzsäure. Nach Verlassen des Apparates wird das Gewebe auf der Waschmaschine gewaschen und dann getrocknet. Dem Verfahren wird ein gutes Resultat bei außerordentlicher Zeitersparnis nachgerühmt, indessen scheint die Benutzung des Kontinueapparates aufgegeben worden zu sein, während diejenige des Matherkiers bei der Natronbleiche von H. Köchlin und Mather und Platt [2] sich dauernd eingeführt hat. – Bezüglich des Kontinuebäuchverfahrens von Grether und Bentz, bei dem das baumwollene Gewebe in Strangform, teils durch kochende Lauge, teils mit letzterer imprägniert, in gespanntem Dampf fortbewegt wird, vgl. [3] und Bäuchkessel.


Literatur: [1] Thompson und Rickmann, D.R.P. Nr. 26839; Dingl. Polyt. Journ., Bd. 252, S. 392; Bd. 253, S. 428; Knecht, Rawson und Löwenthal, Handbuch der Färberei der Spinnfasern, Berlin 1900–01. – [2] D.R.P. Nr. 25804, 27 745; Dingl. Polyt. Journ., Bd. 251, S. 496; Bd. 253, S. 216; Bd. 274, S. 457; D.R.P. Nr. 35694;. Knecht, Rawson und Löwenthal, Handbuch der Färberei der Spinnfasern, Berlin 1900–01. – [3] The Dyer and Calico Printer 1891, S. 24. – [4] Theis, Die Strangbleiche, Berlin 1905. – [5] Ders., Die Breitbleiche, Berlin 1902.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 609.
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