[89] Betonzerstörung. Michaelis erzeugte 1883 erstmals das Kalktonerdesulfat, ohne es als kristallisierten Körper zu erkennen. Candelot stellte es erstmals synthetisch in deutlich erkennbaren Kristallen her, Michaelis erzeugte Kalktonerdesulfat durch Versetzen einer gesättigten Kalkhydratlösung mit Aluminiumsulfat. Kalktonerdesulfat besteht aus kleinen Kristallstäbchen, die sich anfangs sternförmig anordnen, nach Abschluß des Bildungsvorgangs, also nach Verbrauch der Komponenten aber zu einem regellosen Nadelgewirr werden. Wenn Kalkwasser, gefällte Tonerde und irgendein Sulfat zusammengebracht werden, bildet sich stets Kalktonerdesulfat, selbst wenn in Wasser fast unlösliche Sulfate, wie z.B. Bleisulfat, Verwendung finden. Die gefährliche Bedeutung des Kalktonerdesulfats für den Zementbetonbau beruht nun darin, daß im Bindemittel Zement ganz der gleiche Bildungsvorgang sich vollzieht, wenn Lösungen schwefelsaurer Salze Zutritt erlangen. Dem Zement werden Kalk und Tonerde entzogen, die sich mit der Schwefelsäure des Sulfatwassers zu Kalktonerdesulfat umsetzen. Die zerstörende Hauptwirkung ist dabei dem Kristallisationsdruck der hydratwasserreichen Kristalle zuzuschreiben, der den Mörtel sprengt, sobald die Hohlräume zur Aufnahme der Kristalle nicht mehr Raum bieten. Auch die Entziehung von Kalk und Tonerde wirkt zersetzend und entfestigend auf die Bindemittel.
Michaelis und Passow fanden, daß Kalktonerdesulfat nur in Kalkwasser beständig ist und schon in gewöhnlichem Wasser zerlegt wird in Gips, Kalkhydrat und Tonerde: erstere gehen dabei teilweise in Lösung, während Tonerde sich als weißer Schleim ausscheidet. Dieser weiße Schleim wird in sulfatzerstörtem Beton stets gefunden. Verfasser glaubt, daß Meerwasser die Bildung von Kalktonerdesulfat unterbindet. Er neigt der Ansicht zu, daß die Betonzerstörungen im Meerwasser auf andere Wirkungen zurückzuführen sind. Zum Aufsuchen des Kalktonerdesulfats im Mörtel wird dieser in handliche Stückchen zerlegt, die man trocknen läßt und bei 50 bis 100 facher Vergrößerung unter das Mikroskop nimmt. Man darf die Kalktonerdesulfatkristalle nicht in völlig zerstörtem Material suchen, weil an solchen Stellen die Kristalle bereits zerstört sind, da ja schon gewöhnliches Wasser Kalktonerdesulfat zerstört. Kalktonerdesulfat hält sich nur in Kalkhydratlösung. Bei Grundbauten ist es jedenfalls notwendig, die vorhandenen Wasser einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, insbesondere aber auch die umgebenden Bodenschichten, ob sie nicht lösliche Schwefelverbindungen enthalten. Die Betonschäden können bekämpft werden durch Verhinderung des Wasserzutritts, unter anderem auch durch Karbonisierung des Zementkalks in den Außenflächen, soweit sie möglich ist, da kohlensaurer Kalk durch Sulfatwssser nicht verändert wird. Auch durch Umhüllung der Bauteile mit wasserdichten Schichten aus bituminösen Stoffen läßt sich gegen derartige Schäden vorgehen, z.B. durch Verwendung der Hochofenzemente, die von Haus aus kalkarm sind und für die Zwecke der Betonsicherung als Spezialzemente angefertigt werden, sie verursachen gegenüber anderen hydraulischen Bindemitteln keine Mehrkosten und bieten heute wohl das beste Sicherungsmittel. Ferner kann man solche Bindemittel wählen, die von verbindungsfähiger Kieselsäure reiche Zuschläge erhalten, diese binden den überschüssigen Kalk des Zements zu Kalksilikat. Solche Zuschlagsmittel sind Traß, ferner andere Puzzolane wie Ziegelmehl, granulierte Hochofenschlacke, Santorinerde u.s.w. Diese Mittel wirken zugleich in vorteilhafter Weise porendichtend, jedoch muß ihre Wirksamkeit dadurch gewährleistet sein, daß die Kalkbindung in ausreichendem Maße gesichert ist, ehe das Aggressivwasser an den Beton herangelangt. Bekanntlich vollzieht sich aber die Silikatbildung sehr langsam, so daß die Anwendung dieses Mittels nicht in allen Fällen[89] geeignet erscheint. Wenn Zerstörungserscheinungen durch Beimischung von Kohle bei Beton auftreten, so handelt es sich dabei um Auslaugung der Kohle durch Feuchtigkeit und vielleicht auch um die Einwirkung des Schwefels der Kohle auf den Beton. Braunkohlenstückchen haben sich als nachteiliger erwiesen als Steinkohlenstückchen.
Literatur: Nietzsche, Zeitschr. f. angew. Chemie 1919, S. 21; Tonindustrieztg. 1919, S. 56.
Mezger.