[453] Mörtel sind Verbindungsmittel des Steinbaues, die vermöge ihrer Eigenschaft, aus einem halbflüssigen oder breiartig plastischen Zustande durch Austrocknen, Erstarren oder Erhärten in einen festen überzugehen, eine dauernde Ausfüllung von Hohlräumen (Fugen) oder ein Aneinanderhaften der Steine bewirken. Außerdem wird Mörtel zum Ueberziehen der Mauern, Wände und Decken in Form von Putz (s.d.) verwendet. Je nachdem das Festwerden des Mörtels auf mechanischem Wege durch einfache Wasserausdünstung oder durch[453] Erkalten des heiß und dadurch flüssig gemachten Bindemittels oder aber durch chemische Veränderung desselben erfolgt, unterscheidet Hauenschild [1] mechanische und chemische Mörtel.
Von den mechanischen Mörteln Lehm, Schamotte, Schwefel, Blei und den verschiedenen Kittarten (s. Kitt) finden Lehm- und Schamottemörtel bei Feuerungsanlagen und bei den unteren Teilen von Schornsteinröhren Verwendung, während Asphalt zur Isolierung von Mauerschichten und Mauerflächen gegen Feuchtigkeit benutzt wird. Die übrigen mechanischen Mörtel dienen hauptsächlich zur Befestigung von Metallteilen in Stein, wie dies bei den Klammer- und Dübelverbindungen (s.d.) besprochen ist. Als chemische Mörtel oder Mörtel im engeren Sinne sind die unter Abgabe von Wasser, aber unter darauffolgender chemischer Veränderung fest werdenden Kalk-, Zement-, Gips- und Magnesiamörtel anzusehen. Magnesiamörtel wird aus Magnesiakalk und Sand bereitet und kann, da er nach einiger Zeit den Einwirkungen des Wassers widersteht, sowohl zu künstlichen Blöcken für Hafenbauten als auch als Luftmörtel Verwendung finden. Er bindet weniger rasch ab als der Fettkalkmörtel und erfordert daher weniger Sorgfalt beim Mauern, hat aber die Eigenschaft, aus raucherfüllter Luft schweflige Säure zu absorbieren und infolgedessen, durch Bildung löslicher Magnesiasulfate, nässende Flecken an den Mauern hervorzurufen. Ferner können, je nach ihrer Verwendung bei trocken stehenden oder mit Wasser in Berührung kommenden Mauern, unter den chemischen Mörteln die Mauer-, Luft- bezw. Wassermörtel (vgl. Mörtelprüfung) unterschieden werden.
Der am meisten verwendete Luftmörtel ist der gewöhnliche Kalkmörtel, der durch Mengung von mehr oder weniger fettem Kalkbrei (s. Löschen des Kalkes) mit einer entsprechenden Sandmenge hergestellt wird. Der bloße Kalkbrei kann zwar bei ganz glatten, gut aufeinander passenden Mauersteinen in sehr dünnen Lagen ebenfalls als Mörtel verwendet werden, in dickeren Lagen jedoch und zwischen rauhen Steinen ist er als solcher nicht anwendbar, da er aus Mangel an Porosität Risse erhält und im Innern weich bleibt. Der Zusatz von Sand oder sandähnlichen Materialien ist also beim Kalkmörtel zur Herstellung der Porosität durchaus erforderlich; auch bieten die einzelnen Sandkörner den beim Abbinden (s.d.) sich bildenden Kristallen Flächen zur Ablagerung dar. Deshalb ist scharfkörniger Quarzsand dem aus abgerundeten Körnern bestehenden vorzuziehen. Dem Sande soll nach Wolfram so viel Kalkbrei zugemengt werden, daß der Rauminhalt des fertigen Mörtels nicht größer als derjenige des dazu verwendeten Sandes wird. Es kommt also darauf an, die Zwischenräume im Sande zu kennen, da diese vom Kalkbrei ausgefüllt werden müssen, und je nach dem Korn des Sandes wird ein andres Mischungsverhältnis zu wählen sein. Nach Manger schwankt dieses für Kalkbrei zu Sand zwischen 1 : 1,33 bis höchstens 1 : 4,5, je nach der geringeren oder größeren Fettigkeit des Kalkes und dem gröberen oder feineren Korn des Sandes. Auch auf die Zeit des Erhärtens hat der Sandzusatz Einfluß, da bei weniger Sand der Mörtel langsamer erhärtet, aber fester wird. Grober Sand wird vorteilhaft für Bruchsteinmauerwerk und für Fundamentmauern verwendet und ist bei fettem Kalk das Mischungsverhältnis 1 : 3 bis 1 : 4, bei Mauern über der Erde 1 : 2 bis 2 : 5. In Ermanglung von Sand wird bisweilen Torf-, Steinkohlen- oder Braunkohlen-, auch Ziegelmehl angewendet. Meersand kann seines Salzgehaltes wegen nicht ohne vorheriges mehrmaliges Auslaugen und Auswaschen verwendet werden, auch ist fein rundes Korn für die Mörtelbildung nicht günstig. Bei porösen Steinen ist der Mörtel dünner, bei Klinkern und festen Steinen steifer anzumachen. Zu Luftmörtel eignen sich ebenfalls die Mörtel aus Kalken mit hydraulischen Eigenschaften, ferner der verlängerte Zementmörtel, der Gipsmörtel (s.d.) sowie der Magnesiamörtel.
Alle diese chemischen Mörtel haben das Gemeinsame, daß sie, je nach der Verwendungsweise, durch Mischung einer bestimmten Menge des betreffenden Bindematerials mit einer entsprechenden Menge Sand und Wasser zu einem Brei angerührt werden, der, zwischen die Steine gebracht, nach kürzerer oder längerer Zeit abbindet und allmählich durch Bildung kohlen- und kieselsaurer Kalkverbindungen Steinhärte annimmt. Die Bereitung geschieht durch möglichst innige Vermengung der Bestandteile mittels geeigneter Krücken und Schaufeln durch Handarbeit oder in Mörtelmaschinen. Ueber die Prüfung des Mörtels s. Mörtelprüfung, über Mischmaschinen s. Beton.
Literatur: [1] Handb. d. Arch., 1. Teil, Bd. 1, S. 113. Ueber das Stefansche Gesetz der scheinbaren Adhäsion und die Kolloidtheorie Hauenschilds s.d. und Sitzungsber. d. math.-naturw. Kl. d. Kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. 69, 2. Abt. 1874, Heft I-V, S. 713, ferner Hauenschild, Katechismus der Baumaterialien, 2. Teil: Die Mörtelsubstanzen, Wien 1879, und Notizblätter des Deutschen Vereins für Fabrikation von Ziegeln u.s.w. 1879, II, S. 182. Vgl. a. die Literatur unter Magnesiakalk.
L. v. Willmann.