Armagnac [2]

[776] Armagnac (spr. -manjáck), Landschaft im südlichen Frankreich, ein Teil der Gascogne, jetzt größtenteils zum Depart. Gers gehörig, ist mäßig fruchtbar und besonders bekannt durch seinen Weinbau und seine Branntweinbrennereien. Das Ländchen führte den Titel einer Grafschaft und hatte Auch zur Hauptstadt. S. die Geschichtskarte bei »Frankreich«.

Das gräfliche Geschlecht der Armagnacs besaß vom 10. bis gegen Ende des 15. Jahrh. die Grafschaft A. nebst mehreren kleinern Herrschaften in Gascogne und Guienne. Der berühmteste aller Armagnacs war Bernhard VII., unter König Karl VI. seit 1407 Haupt jener antiburgundischen Partei, die nach ihm die Armagnacsche oder auch die Orléans-Armagnacsche hieß, und deren Kennzeichen im Gegensatze zu der blauen Farbe des Feindes die weiße Armbinde wurde. Nach dem Frieden von Pontoise (1. Aug. 1413) zwischen der Pariser Bürgerschaft und dem Dauphin, der sich mit den Armagnacs vereinigt hatte, zog Graf Bernhard A. in die Hauptstadt ein, verteidigte sie glücklich gegen die Burgunder, ward nach der Schlacht bei Azincourt (1415) Connétable und erster Minister und lenkte fortan den Staatsrat. Durch Despotismus und blutige Härte brachte er aber alle gegen sich auf, was den Herzog von Burgund veranlaßte, sich 1418 der Hauptstadt zu bemächtigen. A. wurde vom wütenden Volke grausam ermordet (12. Juni 1418). Sein ältester Sohn, Johann IV., Führer der berüchtigten Söldnerbanden (der Armagnaken) im französisch-englischen Kriege, ward vom Dauphin Ludwig gefangen genommen und von Karl VII. erst gegen Abtretung der Grafschaft Comminges und andrer Güter freigelassen. Er starb 1451. Sein Sohn Johann V. schloß sich 1465 der Ligue du bien public gegen Ludwig an, verband sich auch später mit England zur Eroberung Guiennes. 1473 ward er von dem königlichen Heer in Lectoure belagert und von seinen Soldaten ermordet. Der letzte seines Stammes war Karl von A., des vorigen Bruder, nach dessen 1497 erfolgtem Tode Franz I. die Grafschaft A. seinem Schwager, dem Herzog Karl von Alençon, verlieh, durch dessen Witwe sie an das Haus Albret in Navarra kam. Erst Heinrich IV. brachte sie für immer an die Krone von Frankreich. 1645 übertrug Ludwig XIV. den Titel eines Grafen von A. auf Heinrich von Harcourt, dessen Nachkommen ihn bis zur Revolution führten. Eine Nebenlinie des Hauses A. stiftete Jakob von A., Enkel Bernhards VII., durch Ludwig XI, Herzog von Nemours und Pair von Frankreich. Auch dieser A. trat als einer der Hauptanführer der Ligue du bien public gegen Ludwig XI. bei, ward aber gefangen, in einen eisernen Käfig gesperrt und 1477 enthauptet (vgl. Mandrot, Jacques d'A., duc de Nemours, Par. 1890). Mit dem Tode seines Sohnes Ludwig von Nemours, der 1503 in Cerignola in Italien gegen die Spanier fiel, erlosch auch diese Linie.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 776.
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