[862] Lupinose (bösartige oder akute Gelbsucht, Icterus gravis), eine durch Verfütterung von Lupinen entstehende Krankheit, tritt besonders bei Schafen auf, doch sind auch Pferde, Rinder und Ziegen und namentlich das Wild für die Schädlichkeit der Lupinen empfänglich. Die ersten Massenerkrankungen von [862] Schafen sind 1872 in Pommern beobachtet worden. Die L. wird hervorgebracht durch das Lupinotoxin (Ictrogen), das nicht das Produkt einer Verderbnis der Lupinen ist, sondern auch bei tadelloser Beschaffenheit in Körnern und Heu vorzugsweise bei gelben, aber auch bei blauen und weißen Lupinen sich findet, jedoch keineswegs konstant, sondern nur unter gewissen Umständen (Witterungseinflüsse während der Vegetation?) und dann in sehr wechselnder Menge; die Ursachen seiner Bildung in den Pflanzen sind noch nicht nachgewiesen. Die Lupinen sind daher an sich ein unschädliches und nahrhaftes Futter, das aber durch gelegentliches Vorhandensein des Toxins nachteilig wirken kann und deshalb stets mit Vorsicht, bez. nach Prüfung zu füttern ist. Das Toxin kann festgestellt werden durch chemische Analyse, praktisch am besten durch mehrtägige Verfütterung von Proben aus den verschiedenen Lupinenschlägen an einzelne Schafe; andernfalls muß bei der Fütterung sorgfältig auf das etwaige Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen geachtet werden, die sofortige Futteränderung nötig machen. Schädlich befundene Lupinen können unschädlich gemacht werden durch Dämpfen bei 2 Atmosphären Überdruck oder durch Auslaugen, wobei allerdings viel Nährstoffe verloren gehen (man läßt sie 48 Stunden mit 1 Proz. Sodalösung unter Erneuerung derselben stehen); Heu wird unschädlich, wenn es in kleinen Haufen längere Zeit im Freien, besonders im Regen, liegt. Die Symptome der L., die nach mehrtägiger Verfütterung auftreten, sind Appetitverringerung, insbes. Widerwille gegen die Lupinen, Fieber-, Puls- und Atembeschleunigung, Beeinträchtigung des Bewußtseins bis zu förmlicher Betäubung, Gelbfärbung aller Schleimhäute und der äußern Haut und Diarrhöe. Leichtere Fälle gehen in Genesung über, andre führen zur Abzehrung; bei hochgradiger Erkrankung erfolgt der Tod in 310 Tagen. Für die Behandlung ist sofortige Futteränderung die Hauptsache. Bei den gestorbenen Tieren ist am meisten auffällig die Gelbfärbung verschiedener Organe und Häute und die Veränderung der Leber, die geschwollen und hell- bis rotgelb ist. Ähnliche krankhafte Störungen sind auch beobachtet worden bei Schafen nach Verfütterung großer Quantitäten von Kartoffelschlempe, sollen gelegentlich auch durch Erbsen-, Bohnen- und Wickenstroh herbeigeführt sein. Vgl. Kühn und Liebscher, Untersuchungen über die L. der Schafe (Dresd. 1884); Dammann, Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Haussäugetiere (3. Aufl., Berl. 1902).