Pommern

[134] Pommern (hierzu die Karte »Pommern«), preuß. Provinz, ehedem ein Herzogtum, grenzt gegen W. an Mecklenburg, gegen S. an Brandenburg, gegen O. an Westpreußen, gegen N. an die Ostsee und umfaßt 30,120 qkm (547,04 QM.). P. gehört zu den am niedrigsten gelegenen Ländern Deutschlands, jedoch ist zwischen der eigentlichen Küstenebene und dem Pommerschen Landrücken zu unterscheiden. Im W. von der Oder tritt auf der Platte von Randow die liebliche Hügellandschaft bei Frauendorf (Vogelsang 131 m) hervor; an den Quellen der Rega, Persante, Drage und Küddow entwickelt sich die Pommersche Seenplatte mit dem 211 m hohen Hochratzenberg im Kreis Dramburg, noch weiter östlich, an den Quellen der Grabow, Wipper etc., die Ostpommersche Platte, die im Schimmritzberg im Kreis Bütow zu 256 m Höhe ansteigt und ganz im O., im Kreis Stolp, am Lebatal, noch 210 m erreicht. Auf der andern Seite der Küstenebene erheben sich noch einzelne Hügelmassen, so auf Rügen die Stubbenkammer (im Herthaberg 159 m), bei Köslin der Gollenberg (144 m) u. a. Der Hauptfluß der Provinz, die Oder, bildet zahlreiche Arme und bei Stettin den Dammschen See sowie das Pommersche Haff, aus dem die drei Arme Peene, Swine und Dievenow zur Ostsee abfließen. Zum Odersystem gehören noch: die Ihna, Ucker und Peene, alle drei streckenweise schiffbar. Unter den zahlreichen Küstenflüssen sind in Vorpommern einige schiffbar (Recknitz, Rykgraben), die hinterpommerschen (Rega, Persante, Wipper, Stolpe, Lupow, Leba) dagegen sowie die nach S. zur Netze gehenden Flüsse (Küddow, Dra ge) nur flößbar. Die Ostsee bildet an der Küste einige Busen, so bei Swinemünde die Pommersche Bucht, andre bei Rügen (s. d.). Reich ist die Provinz an Seen. Strandseen sind: der Leba-, Gardesche, Vietzker, Vitter, Bukowsche, Jamundsche und Kampsee; im Tiefland sind: der Kummerowsee an der Peene, der Dammsche, Plöne- und der Madüesee. Zahlreich sind die Seen des Landrückens, von denen hier nur der Wothschwien-, Enzig-, Große Lübbe-, Dratzig-, Pielburger, Vilm-, Virchow- und Papenzinsee erwähnt werden. Die Küste von Hinterpommern ist auf ihrer ganzen Länge (427 km) mit Sandhügeln oder Dünen besetzt. Von der Gesamtfläche entfielen nach der Aufnahme von 1900: auf Ackerland und Gärten 55,1, auf Wiesen 10,3, auf Weiden 6,2 und auf Waldungen 20,6 Proz. Das Klima ist am mildesten in der Umgegend von Stettin und auf Rügen, rauher schon in der Küstenlandschaft in Hinterpommern. Die durchschnittliche Jahreswärme beträgt in Stettin 8,4, in Lauenburg 7,2°. Die jährliche Regenmenge erreicht in Köslin 65, in Stettin und Putbus nur 54 cm Höhe.

Die Zahl der Bewohnerin der Provinz belief sich 1905 auf 1,684,326 Seelen (56 auf 1 qkm), darunter 1,616,550 Evangelische, 50,206 Katholiken und 9660 Juden, (1900) 14,162 Personen mit polnischer (an der Grenze gegen Westpreußen) und 310 mit kassubischer (am Leba- und Gardeschen See) Muttersprache. Vgl. auch Tafel »Volkstrachten I«, Fig. 16 u. 18. Landwirtschaft, Viehzucht und die gewöhnlichen bürgerlichen Gewerbe sowie in den Seestädten Handel, Schiffahrt, Fischerei und Schiffbau sind die Hauptbeschäftigungen der Bewohner. Der Großgrundbesitz beherrscht in P. (wie in Mecklenburg) die meisten Verhältnisse des Landes. Weizen wird zur Ausfuhr in den fruchtbaren Gegenden Vorpommerns und im Weizacker bei Pyritz gewonnen; sonst sind der Roggen und die Kartoffel die Hauptfeldfrüchte, Gerste und Hafer decken den Bedarf. Garten- und Obstbau blühen in der Umgegend von Stettin (Stettiner Äpfel), auch im Regbez. Stralsund. Vortreffliche Wiesen gibt es im Odertal und an der Peene. Unter den Handels- und Fabrikpflanzen sind noch zu nennen: Flachs in der Küstenebene, besonders an der Rega, Persante und Wipper; Zuckerrüben bei Stettin und zwischen der Oder und Rega; Tabak an der brandenburgischen Grenze im W. von der Oder; Hopfen bei Pölitz. Die Ernte lieferte 1905: 646,350 Ton. Roggen, 126,219 T. Weizen, 111,087 T. Gerste, 439,398 T. Hafer, 3,237,309 T. Kartoffeln und 1,167,627 T. Wiesenheu. Sonst wurden noch gewonnen (1904): 1,792,954 kg Tabak. Von Zuckerrüben wurden 1904/05 in 11 Fabriken 4,983,224 dz zu 743,070 dz Rohzucker verarbeitet. Die Waldungen sind im Kreis Ückermünde am Haff und auf dem Landrücken am umfangreichsten; das Nadelholz herrscht vor, jedoch gibt es auch schöne Laubwaldungen. Die Viehzählung von 1904 ergab 218,799 Pferde, 731,117 Stück Rindvieh, 1,113,686 Schafe, 1,061,845 Schweine und 94,482 Ziegen. Die Pferdezucht wird durch das Landgestüt zu Labes unterstützt. Umfangreich ist die [134] Geflügelzucht, besonders in Hinterpommern (Gänse), wichtig auch die Fischerei (Aale, Lachse, Neunaugen, Herin ge, Flundern). Von den Produkten des Mineralreichs ist nur der Torf von besonderer Wichtigkeit. Die Salzquellen zu Kolberg und Greifswald werden nur noch zu Solbädern benutzt; unter den übrigen Mineralquellen sind die zu Polzin nennenswert. Die Industrie ist nur in Stettin und Umgegend bedeutend, wo große Maschinenbauanstalten, Schiffswerften, chemische und Zuckerfabriken, Ziegeleien etc. vorhanden sind. Außer ähnlichen Fabriken gibt es in der Provinz noch mehrere große Fabriken für Papier, Tabak etc. und in den hinterpommerschen Walddistrikten neben Holzstoffabriken einige große Glashütten. Von großer Bedeutung ist der Handel, besonders zur See. Handelskammern befinden sich in Stettin, Swinemünde und Stralsund. Der Hauptsitz des pommerschen Seehandels ist Stettin (s. d.) mit dem Hafen zu Swinemünde; indessen sind auch Stralsund, Greifswald, Wolgast, Anklam, Kolberg, Stolp etc. bei demselben beteiligt. Die pommersche Reederei zählte zu Anfang 1905: 318 Seeschiffe zu 63,396 Reg.-Ton. Raumgehalt, netto, davon 136 Dampfschiffe zu 56,007 Reg.-Ton., von denen die meisten nach Stettin, Stralsund und Barth gehörten. In den bedeutendern pommerschen Häfen (Swinemünde, Stettin, Kratzwiek, Heringsdorf, Stralsund, Göhren, Sellin, Binz und Saßnitz) kamen 1904 an: 10,760 beladene Seeschiffe zu 2,840,322 Reg.-Ton. Raumgehalt; es liefen aus: 9417 beladene Seeschiffe zu 1,803,733 Reg.-Ton. Der Binnenhandel wird durch die Schiffahrt auf der Oder und einigen andern Flüssen und durch mehrere Eisenbahnen (im Betriebsjahr 1904: 2008,7 km vollspurige Linien und 1347,6 km nebenbahnähnliche Kleinbahnen), die erstern fast sämtlich Staatsbahnen (von den Direktionen in Stettin, Danzig und Bromberg ressortierend), befördert. Für die geistige Kultur bestehen: eine Universität (Greifswald), 19 Gymnasien, 4 Realgymnasien, 3 Progymnasien, 3 Realprogymnasien, 3 Realschulen, 2 Landwirtschaftsschulen, 8 Schullehrerseminare, eine Kriegsschule (Anklam), mehrere Gewerbe- und Navigationsschulen, 3 Taubstummen-, 2 Blindenanstalten etc. Die Provinz zerfällt in drei Regierungsbezirke: Stettin, Köslin, Stralsund, mit 14, bez. 13 und 5 Kreisen. Für das Justizwesen bestehen unter dem Oberlandesgericht in Stettin die 5 Landgerichte zu Greifswald, Köslin, Stargard, Stettin und Stolp (s. die Textbeilage zum Artikel »Gerichtsverfassung«). Militärisch gehört die Provinz größtenteils zum Bezirk des 2. Armeekorps, die Kreise Stolp, Lauenburg, Schlawe, Bütow und Rummelsburg sind dem 17. Armeekorps zugeteilt. In den deutschen Reichstag entsendet sie 14 (s. Karte »Reichstagswahlen«), in das preußische Abgeordnetenhaus 26 Mitglieder. Sehr gebräuchlich ist noch die durch die Oder bewirkte Einteilung der Provinz in Vor- und Hinterpommern. Vorpommern zerfällt wiederum durch die Peene in Alt- und Neuvorpommern, von denen dieser Teil, der Regbez. Stralsund, auch Schwedisch-P. genannt wird, weil er bis 1815 zu Schweden gehörte. Das Wappen Pommerns ist ein goldbewehrter roter Greif im silbernen Felde (s. Tafel »Preußische Provinzwappen«); die Farben der Provinz sind Blau und Weiß.

Geschichte.

P. wurde in der ältesten Zeit von den zum Stamme der Wandalen gehörigen Rugiern und Turcilingern bewohnt und, als diese in der Völkerwanderung neue Sitze im Süden aufsuchten, gegen Ende des 5. Jahrh. von slawischen Völkern in Besitz genommen. Sie nannten sich westlich der Oder Wilzen und später Liutizen, östlich davon Pommern (Pomerani), ein Name, der zu Karls d. Gr. Zeit auftaucht. Karls Vordringen bis zur Peene war ohne nachhaltige Wirkung, ebenso wie die Kämpfe unter den Königen aus sächsischem Stamm. Im östlichen P. konnte auch Polen, dessen Herzog Boleslaw Chrobry 995 das Land unterwarf, sich auf die Dauer nicht in diesem Besitz behaupten. Der erste Fürst in P. wird um 1100 erwähnt. Nach seinem Tode fand, wie es scheint, eine Teilung des Landes unter seine Söhne statt. Es bildete sich ein Herzogtum Slawien zwischen Peene und Persante mit der Hauptstadt Stettin und ein Herzogtum Pommern (später Pomerellen genannt) zwischen Persante und Weichsel mit der Hauptstadt Danzig. Wartislaw I., der Stifter der Linie P.-Stettin, ward 1124 mit einem Teil seines Volkes vom Bischof Otto von Bamberg zum Christentum bekehrt; zu Julin auf der Insel Wollin ward ein Bistum gegründet, das (um 1175) nach Kammin verlegt ward. Doch wurde das Heidentum erst zu Ende des 12. Jahrh. völlig ausgerottet. Wartislaws Söhne, Bogislaw 1. und Kasimir I., nahmen um 1170 den Herzogstitel an und schlossen sich 1181 dem Deutschen Reich an, doch verlieh Kaiser Friedrich I. die Lehnshoheit über P. dem Markgrafen Otto I. von Brandenburg. Die Linie P.-Demmin, von Kasimir I. gegründet, erlosch schon 1264, und Barnim I. (gest. 1278) vereinigte noch einmal alle Lande (s. Barnim 1). Als 1295 die Linie P.-Danzig ausstarb, fiel der westliche Teil Pomerellens an P.-Stettin, während der östliche 1309 zwischen dem Deutschen Orden und Brandenburg geteilt wurde (s. Pomerellen). Barnims Söhne teilten 1295 von neuem: Bogislaw IV. stiftete die Linie P.-Wolgast (in Vor- und Hinterpommern), Otto I. in den Gebieten an beiden Seiten der Oder die Linie P.-Stettin.

Die Linie P.-Stettin gewann unter Wartislaw IV. 1320 die Ukermark. Als Ludwig der Bayer 1323 seinem Sohne Ludwig die Mark nebst P. verlieh, kam es zu jahrelangen Fehden mit Brandenburg. 1338 entsagte dieses der Lehnshoheit und erhielt dafür die Zusage der Erbfolge, die aber 1348 von Karl IV. aufgehoben ward. Barnim III., Ottos I. Sohn, erwarb 1354 die östliche Ukermark. 1370 entspann sich ein mit häufigen Unterbrechungen fast 30 Jahre währender Krieg mit Brandenburg über den Besitz mehrerer Städte der Ukermark. 1373 schlossen sämtliche pommersche Linien ein Bündnis zur Aufrechterhaltung des gemeinsamen Besitzes. Swantibor III., der allein von Barnims III. Söhnen 1405 noch am Leben war, wurde 1409 vom Markgrafen Jobst auch zum Statthalter der Mark Brandenburg ernannt; doch endete diese Statthalterschaft schon 1411, als Siegmund den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Zollern, zum Statthalter der Mark erhob. Hiermit unzufrieden, verbündete sich ein Teil des brandenburgischen Adels mit Swantibors Söhnen gegen Friedrich, und auch nach Swantibors Tod (1413) ward dieser Krieg von seinen Söhnen Kasimir VI. und Otto II., die nun gemeinschaftlich regierten. fortgesetzt. Am Kremmer Damm 1412 geschlagen, errang Friedrich von Brandenburg 1420 einen Sieg bei Angermünde. Nach dem Frieden von Templin (1427) heiratete Joachim, Kasimirs Sohn, eine Tochter des Kurprinzen Johann, und P. verzichtete auf Prenzlau. Mit Otto III. erlosch 1464 die Linie Stettin, ihre Lande fielen an die Linie Wolgast.[135]

Die Linie P.-Wolgast hatte Bogislaw IV., den Sohn Barnims I., zum Stifter, der 1309 starb. Sein Nachfolger Wartislaw IV. schloß 1321 mit dem Fürsten Wizlaw von Rügen eine Erbverbrüderung und erwarb 1325 nach dem Erlöschen dieses Hauses die Insel Rügen und das Herzogtum Barth auf dem Festland. Er hinterließ 1326, unter Vormundschaft der Herzoge von Stettin, seine Söhne Bogislaw V. und Barnim IV. als Nachfolger, die ihre Herrschaft gegen Mecklenburgs Ansprüche verteidigen mußten. Auf die Lehnshoheit über P.-Wolgast scheint Brandenburg um 1334 verzichtet zu haben. Ein 1350 begonnener Krieg mit Mecklenburg endete 1354 mit dem Frieden zu Stralsund, ein neuer wegen der Stadt Pasewalk, die P. den Brandenburgern entrissen hatte, damit, daß nicht nur diese Stadt, sondern auch Alt- und Neu-Torgelow 1359 an P. fielen; desgleichen erwarb es 1359 nach dem Erlöschen des gräflichen Stammes v. Gützkow diese Grafschaft. Nach Barnims Tode (1365) wurde 1372 in Stargard P.-Wolgast geteilt, und es entstanden nun die Linien Hinterpommern (bis zur Leba, nebst Stargard) und Vorpommern (Wolgast nebst Rügen). Die hinterpommersche Linie stiftete Bogislaw V., Barnims IV. Bruder. Ihm folgte 1374 sein ältester Sohn, Kasimir V., starb aber schon 1377 ohne männliche Nachkommen. Sein Nachfolger in P. war sein Bruder Bogislaw VIII., vorher Verwalter des Bistums Kammin. Derselbe vergrößerte auf kurze Zeit sein Land durch Bütow, Schlochau, Baldenburg, Hammerstein und Schivelbein, polnische Gebiete, die ihm als Entschädigung für die Kriegskosten wegen der dem Polenkönig Wladislaw Jagiello gegen den Deutschen Orden in der Schlacht bei Tannenberg 1410 zugeführten Hilfsvölker abgetreten waren, und starb 1418. Sein Sohn und Nachfolger Bogislaw IX. wurde wegen Streitigkeiten mit dem Stift Kammin und den Hansestädten gebannt, erhielt aber 1436 in dem Vergleich von Kolberg eine Entschädigung von 20,000 Mk. Er starb 1447, und es folgte ihm der Sohn seines Oheims Wartislaw VII., Erich I., der ehemalige König von Dänemark, Schweden und Norwegen, der in Rügenwalde Hof hielt. Die vorpommersche Linie hatte Barnims Söhne zu Stiftern. Sie teilten Vorpommern 1377 so unter sich, daß Bogislaw VI., der älteste, Wolgast, Wartislaw VI. aber die rügenschen Lande erhielt. Nach Bogislaws VI. Tode (1393) ward ganz Vorpommern unter Wartislaw wieder vereinigt. Sein Sohn Barnim VI., der in fortwährendem Streit mit den Hansestädten und den Vitalienbrüdern lag, starb 1405. Seine beiden Söhne Wartislaw IX. und Barnim VII. teilten das Land; da letzterer aber 1449 ohne männliche Nachkommen starb, so vereinigte ersterer ganz Vorpommern wieder. Wartislaw stiftete 1456 die Universität Greifswald; er starb 1457, zwei Söhne, Erich II., dem bereits 1455 Bütow und Lauenburg von Polen übergeben waren, und Wartislaw X., hinterlassend, die nun abermals teilten, und zwar so, daß Wolgast an Erich, Barth mit Rügen an Wartislaw fiel. Nach Erichs I. von Hinterpommern Tod (1459) erhielt Erich II. auf Grund eines mit den Landständen geschlossenen Vertrags zu Rügenwalde auch die Regierung in Hinterpommern. Mit dem Erlöschen der Linie Stettin durch den Tod Ottos III. (gest. 1464) geriet P. in langwierige Streitigkeiten mit Kurbrandenburg, das Anspruch auf diese Erbschaft machte, bis Albrecht Achilles nach heftigem Krieg im Vertrag von Prenzlau 1479 auf die Nachfolge im Herzogtum Stettin verzichtete, aber die Herzoge zur Anerkennung der Lehnshoheit zwang. Erichs II. Nachfolger, Bogislaw X. (seit 1474), stellte allmählich die Ordnung im Lande wieder her und vereinigte 1478 nach Wartislaws X. Tode ganz P. in seiner Hand.

Bogislaws X. beide Söhne, Georg I. und Barnim XI., regierten gemeinsam. Sie schlossen 1529 mit Brandenburg den Vergleich zu Grimnitz, der Pommerns Reichsunmittelbarkeit und Brandenburgs Erbfolgerecht von neuem bestätigte. Auf Herzog Georg I. folgte 1531 sein Sohn Philipp I. Barnim XI. teilte 1532 mit seinem Neffen, wobei er selbst Hinterpommern und Stettin behielt, während Philipp Vorpommern, Wolgast und Rügen bekam. So entstanden die Stettiner und die Wolgaster Linie. 1534 führten beide Fürsten auf dem Tage zu Treptow die Reformation ein, und Johann Bugenhagen (Pomeranus) erhielt den Auftrag, eine neue Kirchenordnung herzustellen. Das Bistum Kammin wurde 1556 für das Herzogshaus erworben, indem Philipps I. ältester Sohn, Johann Friedrich, zum Bischof gewählt ward, dem bis zum Aussterben des Hauses nur pommersche Herzoge folgten. Philipp hinterließ 1560 fünf Söhne: Johann Friedrich, Bogislaw XIII., Ernst Ludwig, Barnim XII. und Kasimir IX., von denen die minderjährigen unter die Vormundschaft des Bruders ihres Großvaters, Barnims XI. von Stettin, gestellt wurden, dessen Erben sie waren. Nachdem dieser 1569 seine Regierung niedergelegt hatte, teilten sich seine Erben in der Art, daß nur zwei Regierungen bestanden, nämlich Stettin mit Hinterpommern unter Johann Friedrich, und Wolgast mit Vorpommern unter Ernst Ludwig; die jüngern drei Brüder wurden mit kleinern Gebieten ohne Landeshoheit abgefunden, und Barnim XI. reservierte sich die Oberleitung bis an seinen Tod (1573). Da Johann Friedrich 1600 und sein Bruder und Nachfolger Barnim XII. 1603 ohne männliche Nachkommen starben, so war der nächste Erbe Kasimir, der wegen Kränklichkeit auf die Regierung zugunsten seines Bruders Bogislaw XIII. (gest. 1606) verzichtete. Dessen Sohn, der hochgebildete Philipp II., starb schon 1618. Die Regierung seines Nachfolgers und Bruders Franz (gest. 1620) ist durch den Hexenprozeß der Sidonia v. Bork (s. Bork) merkwürdig geworden. Ihm folgte sein Bruder Bogislaw XIV., der mit dem Herzog von Wolgast, Philipp Julius, den gemeinschaftlichen Landständen 1622 einen großen Freibrief ausstellte. 1623 zum Bischof von Kammin gewählt und 1625 durch den Tod Philipp Julius' auch in den Besitz von Wolgast gelangt, war Bogislaw XIV. der alleinige Regent in P. Ohne sich am Dreißigjährigen Krieg zu beteiligen, wurde sein Land doch durch die Kaiserlichen verwüstet. Als der kaiserliche Oberst v. Arnim eine Kontribution von 150,000 Tlr. von Stralsund verlangte, weigerte sich die Stadt und ertrug heldenmütig die Belagerung durch Wallenstein (13. Mai bis 23. Juli 1628). Zwar wurden, nachdem Gustav Adolf 1630 an Pommerns Küste gelandet war, die Kaiserlichen aus dem Lande vertrieben; doch mußte der Herzog mit den Schweden ein Bündnis schließen, demzufolge er denselben Zutritt in alle seine Städte und Festungen gestattete und 200,000 Tlr. zahlte. Später hatte das Land von schwedischen Durchzügen und Streifereien der Kaiserlichen viel zu leiden und ward 1636 abermals der Schauplatz des Krieges. In diesen Wirren starb Bogislaw XIV. 20. März 1637, und mit ihm erlosch das pommersche Herrschergeschlecht.

Obgleich dem Haus Brandenburg nach den Erbverträgen[136] die Erbfolge in P. unbezweifelt zustand, so machten doch die Schweden keine Miene, es zu räumen. In den Friedensverhandlungen zu Osnabrück beanspruchte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm zwar ganz P., mußte aber gegen eine Entschädigung durch die Stifter Halberstadt, Minden, Magdeburg und Kammin Vorpommern nebst Rügen und von Hinterpommern Stettin, Garz, Damm, Gollnow, das Haff und die drei Odermündungen an Schweden abtreten. Ein späterer Versuch des Großen Kurfürsten (1675–79), sich in den Besitz von ganz P. zu setzen, ward durch den von Frankreich erzwungenen Frieden von St.-Germain vereitelt. Als nach der Schlacht bei Poltawa (1709) Russen und Polen in Schwedisch-P. einfielen, besetzte es Friedrich Wilhelm I. von Preußen zu seiner Sicherung und eroberte, von Karl XII. zum Kriege gezwungen, 1715 Greifswald, Anklam, Wolgast, Stralsund und Rügen. Im Frieden zu Stockholm 1720 erhielt er Vorpommern bis zur Peene, Stettin, die Inseln Usedom und Wollin, das Haff und die Städte Damm und Gollnow sowie die Odermündungen Dievenow und Swine. Dagegen hatte er an Schweden 2 Mill. Tlr. zu zahlen und 600,000 Tlr. pommersche Schulden zu übernehmen. Schweden, dem bloß das sogen. Schwedisch-P. oder Neuvorpommern links der Peene verblieb, versuchte im Siebenjährigen Kriege vergeblich, die verlornen Besitzungen in P. wiederzuerlangen. Nach dem Sturz Napoleons I. 1814 wurde der schwedische Anteil von P. gegen Norwegen von den Schweden an Dänemark abgetreten, das denselben für das von Hannover abgetretene Herzogtum Lauenburg um die Summe von 2,600,000 Tlr. an Preußen überließ. Dieses zahlte an Schweden noch 3,500,000 Tlr.

Vgl. Joh. Bugenhagens »Pomerania« (hrsg. von O. Heinemann, Stett. 1900); Kantzow (gest. 1542), Geschichte von P. in niederdeutscher Mundart (hrsg. von Böhmer, das. 1835), dieselbe in zwei Bearbeitungen in hochdeutscher Sprache (hrsg. von G. Gäbel, das. 1897 u. 1898); v. Bohlen, Die Erwerbung Pommerns durch die Hohenzollern (Berl. 1865); Berghaus, Landbuch des Herzogtums P. (Anklam u. Wriezen 1862–76, 9 Bde.); »Pommersches Urkundenbuch« (hrsg. von Klempin, Prümers, Winter und Heinemann, Stett. 1868–1906, Bd. 1–6); F. Rachfahl, Der Stettiner Erbfolgestreit 1464–1472 (Bresl. 1890); Blümcke, P. während des nordischen Siebenjährigen Kriegs (Stett. 1890); Bär, Die Politik Pommerns während des Dreißigjährigen Kriegs (Leipz. 1896); Klaje, Der Feldzug der Kaiserlichen unter Souches nach P. im Jahr 1659 (Gotha 1906); v. Sommerfeld, Geschichte der Germanisierung des Herzogtums P. (Leipz. 1896); Spahn, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des Herzogtums P., 1478–1625 (das. 1896); Wehrmann, Aus Pommerns Geschichte. Vorträge (Stett. 1902), und Geschichte von V. (Gotha 1904–06, 2 Bde.); Dannenberg, Münzgeschichte Pommerns im Mittelalter (Berl. 1893, Nachtrag 1896); Knoop, Volkssagen, Aberglauben etc. aus dem östlichen Hinterpommern (Posen 1885); Jahn, Volkssagen aus P. und Rügen (2. Aufl., Berl. 1890); v. d. Dollen, Streifzüge durch P. (Ankl. 1884, 12 Hefte); Hanncke, Pommersche Geschichtsbilder (2. Aufl., Stett. 1899); Volger, Handbuch des Grundbesitzes in P. (3. Aufl., Berl. 1893); »Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz P.« (Stett. 1881 ff.); Schumann, Die Kultur Pommerns in vorgeschichtlicher Zeit (Berl. 1897); »Gemeindelexikon für die Provinz P.« (vom königlichen Statistischen Bureau, das. 1888); »Viehstands- und Obstbaumlexikon« (desgl., 1903); »Blätter für Pommersche Volkskunde« (hrsg. von Knoop und Haas, Stett. 1892–1902); Deecke, Geologischer Führer durch P. (Berl. 1899); W. Müller, Flora von P. (2. Aufl., Stett. 1904); Halbfaß, Beiträge zur Kenntnis der Pommerschen Seen (Gotha 1901); Uecker, P. in Wort und Bild (Stett. 1904). Die Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde gibt seit 1832 die »Baltischen Studien« und seit 1885 »Quellen zur pommerschen Geschichte« heraus, der Rügisch-Pommersche Geschichtsverein seit 1900 »Pommersche Jahrbücher« (Greifswald).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 134-137.
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