[504] Nekromantīe (griech., »Totenorakel«), Heraufbeschwörung von Toten, um sie über die Zukunft zu befragen. So ließ König Saul den Schatten Samuels durch eine Zauberin aus dem Scheol heraufbeschwören (1. Sam. 28, 7 ff.), im 11. Buch der »Odyssee« beschwört Odysseus den Geist des Sehers Teiresias, ihm Rede zu stehen, und ebenso kehrt die N. in verschiedenen Eddaliedern wieder. Bestimmte Örtlichkeiten, namentlich wilde Schluchten in vulkanischen Gegenden, die für Eingänge in die Unterwelt galten, mit heißen Mineralquellen oder Dunstgrotten, bei denen man Tempel des Hades und der Persephone errichtete, bildeten das Lokal für diese Totenorakel. Als Haupterfordernis galt bei der N. warmes Tierblut, von dem die Schatten schlürften, um dadurch die Kraft zu erhalten, dem Fragenden Rede zu stehen. N. oder Nekyia hieß bei den Griechen auch das zu diesem Zwecke vollzogene Totenopfer. In Thessalien artete die N., auch Skiamantie und Psychomantie (Wahrsagen der Schatten oder abgeschiedenen Seelen) genannt und durch sogen. Psychagogen (Heraufführer der Schatten) geübt, zu verschiedenen Greueln aus, z. B. zum Schlachten lebender Menschen, um ihre Geister, noch ehe sie in die Unterwelt hinabstiegen, zu befragen. Auch in den Gesängen der schottischen Barden finden wir Spuren von dieser Wahrsagungsart. Vgl. Rhode, Psyche (3. Aufl., Freiburg 1903, 2 Bde.); Dieterich, Nekyia (Leipz. 1893).