[775] Philanthropīn (griech.-lat., Philanthropinum), nach Basedow soviel wie Schule der Menschenfreundschaft, Name des von ihm 1774 mit Beihilfe des wohlwollenden Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau gegründeten Erziehungsinstituts in Dessau. Die Anstalt bestand unter manchen Schwankungen nur bis 1793, übte jedoch mittelbar bedeutenden Einfluß auf den Entwickelungsgang der Pädagogik aus. Basedow selbst blieb am P. nur bis 1778 tätig und hatte dessen Leitung schon 177677 an seinen Mitarbeiter I. H. Campe (s. d.) abgetreten. Alle redlichen Bemühungen seiner Gehilfen und Nachfolger Wolke (bis 1784) und Neuendorf konnten dem auf ungesunde Reklame berechneten Unternehmen nicht zu dauernder Blüte verhelfen. Philanthropismus, das von Basedow begründete und zuerst in seinem P. praktisch durchgeführte pädagogische Systen i, das wesentlich nach J. J. Rousseaus Grundsätzen die Erziehung der Jugend naturgemäß und menschenfreundlich gestalten sollte. Neben vielem Seltsamen und Verkehrten brach:en die um Basedow gescharten Philanthropen oder Philanthropisten (Philanthropinisten) auch manche heilsame Änderungen auf und beförderten bei Freunden und Gegnern das Streben nach naturgemäßen Methoden des Unterrichts. Namentlich ist die vermehrte Aufmerksamkeit auf körperliche Erziehung (Gymnastik) ihrer Anregung zu danken. Neben dem Dessauer P. erregten durch kürzere Zeit die nach diesem benannten Anstalten zu Marschlins (Graubünden) und Heidesheim (Pfalz) Aufsehen, das freilich bei der unlautern und marktschreierischen Art ihres Leiters K. F. Bahrdt nur zuungunsten der ganzen Sache ausfallen konnte. Dauern der Blüte erfreute sich fast nur das Salzmannsche P. zu Schnepfenthal (1784). Als Führer unter den Philanthropisten galten namentlich: J. H. Campe, Salzmann, Wolke, Trapp, Guts Muths, Olivier u.a. Im weitern Sinne kann man auch E. F. v. Rochow und Pestalozzi dieser Richtung zuzählen. Vgl. Pinloche, Geschichte des Philanthropinismus (deutsch von Pinloche und Rauschenfels, Leipz. 1896); »Der Philanthropinismus« (von Schmid, Israel, Gundert und Brügel, in Schmids »Geschichte der Erziehung«, 4. Bd., 2. Abt., Stuttg. 1898).