Bahrdt

[276] Bahrdt, Karl Friedrich, protest. Theolog und Freigeist, geb. 25. Aug. 1741 in Bischofswerda, gest. 23. April 1792 in Halle, 1766 ordentlicher Professor der biblischen Philologie in Leipzig. Als ihn eine sinnliche Verirrung 1768 um sein Amt brachte, verhalf ihm Klotz in Halle zu einer Professur der biblischen Altertümer in Erfurt; durch seine heterodoxen Lehren bald in Verruf gekommen, folgte er 1771 einem Ruf als Prediger und Professor nach Gießen. Wegen der hämischen Polemik seiner Schriften gegen den herrschenden theologischen Lehrbegriff erhielt er 1775 auch hier seinen Abschied. Nach einem kurzen Aufenthalt in Graubünden ging er 1776 als Generalsuperintendent nach Dürkheim a. d. Hardt und gründete auf dem ihm überlassenen Schloß in Heidesheim bei Worms ein Philanthropin. Infolge einer Schrift gegen den Weihbischof v. Scheben wurde er durch einen oft angefochtenen Beschluß des Reichshofrats für unfähig erklärt, irgend ein geistliches Amt zu verwalten, erhielt jedoch 1779 vom preußischen Ministerium die Erlaubnis, in Halle zu leben, woselbst[276] er eifrig schriftstellerte und in der philosophischen Fakultät Vorlesungen hielt. Bald jedoch legte er mit seiner Dienst inagd auf einem bei Halle gekauften Weinberg eine Gastwirtschaft an, die viel Ärgernis erregte. 1789 geriet B. als Verfasser des Lustspiels »Das Religionsedikt«, eines die preußische Regierung verspottenden Pasquills, in Untersuchung und wurde nach fast achtmonatiger Inquisitionshaft zu einjährigem Festungsarrest in Magdeburg verurteilt. Nach einer halbjährigen Hast begnadigt, kehrte er nach Halle zurück. Seine Schriften (im ganzen 102, darunter auch mehrere Romane) zeichnen sich durch Reinheit und Gefälligkeit der Sprache aus. Erwähnt seien davon. »System der Moraltheologie« (Eisenach 1770), »Briefe über die systematische Theologie« (das. 1770 bis 1772, 2 Bde.) und die vielberufenen »Neuesten Offenbarungen Gottes in Briefen und Erzählungen« (Riga 1773–75, 4 Tle.), eine angebliche Übersetzung des Neuen Testaments, die vom jungen Goethe in dem bekannten satirischen »Prolog« (1774) verspottet und vom Reichshofrat verboten wurde. Eine »Geschichte seines Lebens«, von B. selbst während seiner Hast geschrieben, erschien Berlin 1790–91, 4 Bde. Vgl. Leyser, Karl Friedr. B., der Zeitgenosse Pestalozzis (2. Aufl., Neustadt a. d. Hardt 1870).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 276-277.
Lizenz:
Faksimiles:
276 | 277
Kategorien: