[51] Pneumatische Kuren (Atmungskuren, Aerotherapie, Pneumotherapie), mechanische Heileinwirkungen auf die Atmungstätigkeit. Bei den aktiven Methoden nimmt der Kranke durch tiefes Ein- und Ausatmen methodische Übungen seiner Atmungsmuskulatur vor oder beeinflußt durch anderweitige Muskeltätigkeit die Atmung. Übungen in tiefstem Ein- und Ausatmen, am besten im Freien, steigern die physiologischen Einwirkungen der Atmung auf die Ausdehnung der Lunge, ihren Gasaustausch und den Blutkreislauf. Einseitige Hemmung der Brustkorbbewegung durch seitliche Rumpfbeugung zwingt die andre Seite zu vermehrter Ausdehnung und dient zur Wiederausdehnung der Lunge und der Brustwand nach Brustfellentzündung. Die beim Lungenemphysem erschwerte Ausatmung wird erleichtert durch den Atmungsstuhl von Roßbach. Bei diesem ruhen die Arme auf zwei nach außen und innen beweglichen Lehnen, die sich in senkrecht stehenden, an jeder Seite der hohen Rückenlehne drehbar angebrachten Walzen bewegen. Von den Walzen gehen Bänder aus Hanfgurten nach vorn über die Brust des Kranken und werden hier von hinten zusammengehakt. Dreht der Kranke durch Führung der Armhölzer nach innen die Walzen, so werden die Bänder verkürzt und befördern die gleichzeitige Ausatmung durch Druck auf den Brustkorb. Bei der Einatmung werden die Armlehnen nach außen geführt und die Bänder erschlafft. Bei den passiven Methoden der pneumatischen Kuren wird der Luftdruck in der Lunge des Patienten ohne seine Mithilfe erhöht oder erniedrigt. Die Luftdruckveränderung wirkt dabei entweder nur in den Luftwegen selbst, wenn gegen erhöhten, bez. verringerten Luftdruck geatmet wird, oder sie wirkt allseitig auf den ganzen Körper, wenn sich dieser vollständig in verdünnter oder verdichteter Luft befindet. Im erstern Fall stehen die Atmungsorgane mittels eines Schlauches und eines Mundstücks oder einer Nase und Mund luftdicht umschließenden Maske in Verbindung mit dem Apparat, in dem sich die zu atmende Luft befindet. Im Apparat kann die Luft verdichtet oder verdünnt sein; wenn nun am Schlauch ein Zweiwegehahn angebracht ist, dessen Drehung abwechselnde Verbindung mit dem Apparat und der Außenluft herstellt, so kann verdichtete Luft zur Einatmung gelangen bei normaler Ausatmung, oder die Ausatmung kann in verdünnte Luft erfolgen bei normaler Einatmung. Läßt sich aus dem Apparat gleichzeitig verdichtete und verdünnte Luft entnehmen, so gebraucht man meistens Einatmung verdichteter, Ausatmung in verdünnte Luft. Die Verdichtung der Luft soll hierbei 1/40 Atmosphäre gewöhnlich nicht überschreiten, die Verdünnung etwa 1/30 Atmosphäre betragen. Einatmung verdichteter Luft erleichtert die Arbeit der Atmungsmuskulatur bei zahlreichen Atemstörungen, Ausatmung in verdünnte Luft, die eine Art Saugwirkung auf die im Brustkorb enthaltene Luft ausübt, erleichtert die erschwerte Exspiration beim Lungenemphysem. Die in Betracht kommenden Apparate sind der Schöpfradventilator von Geigel und Mayr, der ähnlich wie eine Gasuhr mittels eines Zellenrades Luft in einen über Wasser abgesperrten Hohlraum sammelt, ferner der nach dem Prinzip der Wasserluftpumpe gebaute praktische Apparat Fleischers und der transportable Waldenburgsche Apparat, eine Art Gasometer, in dem die über Wasser abgesperrte Luft durch Belastung des glockenförmigen schwimmenden Zylinders verdichtet, durch Vermehrung der ihn balancierenden Gegengewichte verdünnt wird. Allseitig auf die Körperoberfläche wirken die pneumatischen Kammern; solche existieren in Aachen, Baden-Baden, Ems, Kissingen, Reichenhall, Wiesbaden u. a. Es sind luftdichte Zimmer aus Eisenblech für etwa zehn Personen, in denen bei gleichzeitiger lebhafter Ventilation der Druck maschinell um eine halbe Atmosphäre langsam erhöht und wieder erniedrigt wird. Die »Sitzung« dauert zwei Stunden. Man fühlt in der Kammer eine Erleichterung der Atmung, die zugleich langsamer und tiefer wird; auch der Puls wird langsamer. Diese Veränderungen werden nach mehrfachen Sitzungen dauernd. Chronische Bronchialkatarrhe älterer Leute, Lungenblähung und Asthma erfahren so zuweilen eine erhebliche Besserung. Vgl. Artikel »Luftdruck« und Lange, Über komprimierte Luft, ihre physiologische Wirkung und therapeutische Bedeutung (Göttingen 1864); Vivenot, Zur Kenntnis der physiologischen Wirkungen und der therapeutischen Anwendung der verdichteten Luft (Erlang. 1868); Knauthe, Handbuch der pneumatischen Therapie (Leipz. 1876); Waldenburg, Die pneumatische Behandlung der Respirations- und Zirkulationskrankheiten (2. Aufl., Berl. 1880); Simonoff, Aërotherapie (Gieß. 1876); Örtel, Respiratorische Therapie (Leipz. 1882); Lazarus, Pneumatotherapie (Wien 1898); Goldscheider u. Jakob, Handbuch der physikalischen Therapie, 1. Teil, Bd. 1 (Leipz. 1901).[51]
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Eisler-1904: Pneumatische Sensation
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