Seeräuberei

[267] Seeräuberei (Seeraub, Piraterie), auf offener See von Schiffen (Raub-, Piratenschiffen) unter willkürlicher Flagge und aus eigner Macht ausgeübte Räubereien oder Gewaltakte, namentlich im Gegensatz zur Kaperei (s. d.); Seeräuber (Freibeuter, Flibustier, Korsaren, Piraten), diejenigen, die Seeraub zu treiben pflegen. Im Altertum wurde die S. als ein gewinn- und ruhmbringendes Gewerbe vielfach betrieben. Später waren vom 8. bis ins 11. Jahrh. die Normannen der Schrecken der abendländischen Küsten; nordafrikanische und griechische Seeräuber (Korsar, s. d.) durften ihr Wesen selbst bis in die neueste Zeit treiben, und ein gewisser romantischer Nimbus umgab die Flibustier und Bukanier in Westindien. Infolge des Unabhängigkeitskampfes des ehemaligen spanischen Amerika[267] gegen das Mutterland beunruhigten Seeräuber die west indischen und südamerikanischen Gewässer, während solche von persischer und indischer Nationalität im Persischen Meer dem indischen Handel großen Abbruch taten. Gefürchtete Seeräuber sind gegenwärtig noch die malaiischen Freibeuter im Ostindischen Archipel, wie denn auch an der westafrikanischen Küste von den Aschanti und andern Negervölkern noch S. getrieben wird. Auch die Unterdrückung der chinesischen Seeräuber ist noch nicht vollständig gelungen trotz der seitens der chinesischen Regierung hierzu an den chinesischen Küsten organisierten bewaffneten Dampferflottille und des energischen Eingreifens der Mächte, deren Kriegsschiffe den Auftrag haben, stets und überall gegen die S. einzuschreiten. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch bezeichnet den Raub auf offener See als besonders strafbaren Fall des Raubes (s. d.). Nach Völkerrecht ist jeder Staat befugt, auf hoher See festgenommene Seeräuber zu bestrafen. Zur uneigentlichen S. rechnet man vielfach den Betrieb von Negersklavenhandel und unter gewissen Umständen die Kaperei (s. d.). Vgl. Stiel, Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Völkerrecht unter vergleichender Berücksichtigung der Landesgesetzgebungen (Leipz. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 267-268.
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