Taborīten

[275] Taborīten, die radikale Partei der Hussiten (s. d.), die sich in Prag und den böhmischen Städten schon zu Lebzeiten König Wenzels (gest. 1419) ausgebildet hatte, aber erst nach ihrem Zusammenschluß in der an Stelle einer frühern Feste begründeten Stadt Tabor (d. h. das Lager) zu entscheidender Bedeutung gelangte. 1420 schloß sich ihr Johann Žižka an und ward ihr Führer. Die T. bestanden zumeist aus niederm Volk, Handwerkern, kleinen Landleuten, die durch übereifrige hussitische Priester zu ihrem Radikalismus gebracht wurden. Ihr religiöses Glaubensbekenntnis war die Anerkennung der individuellen Überzeugung auf Grund der Heiligen Schrift, das politische eine republikanische Verfassung ohne Unterschied der Stände und des Eigentums. Žižka organisierte sie militärisch, so daß sie sich lange Zeit hindurch in den Kämpfen im Lande gegen die gemäßigten Parteien und besonders gegen die deutschen Kreuzheere als unüberwindlich zeigten. Sie verheerten Böhmen und die Nachbarländer durch Plünderungszüge, standen nach Žižkas Tode unter der Anführung der beiden Prokope, wurden aber schließlich in der Schlacht bei Böhmisch-Brod am 30. Mai 1434 durch die gemäßigte Partei vernichtet. Nach Žižkas Tod hatten sich seine Anhänger als gemäßigtere Partei unter dem Worte »Die Waisen« von den T. losgetrennt; anderseits entwickelten sich aus den T. besondere Sekten, z. B. Adamiten, Horebiten und Picarden (s. diese Artikel). Vgl. Krummel, Utraquisten und T. (Gotha 1871); Preger, Über das Verhältnis der T. zu den Waldesiern (Münch. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 275.
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