Eigentum

[442] Eigentum (Dominium), die vollkommenste, ausschließliche, rechtliche Herrschaft über eine Sache. Während alle andern dinglichen Rechte nur einzelne Befugnisse von dem Gesamtrechte des Eigentums enthalten, gewährt das E. selbst das volle Nutzungs- und Verfügungsrecht. Der Besitz (s. d.) erfaßt zwar auch die Sache in ihrer Gesamtheit, aber er ist nur tatsächliche Herrschaft über dieselbe, während das E. die rechtliche Herrschaft ist. Neben dem Erbrecht ist das E. der Grundpfeiler der gegenwärtigen Wirtschaftsorganisation. Deshalb bekämpfen auch deren Gegner, die Sozialisten (s. Sozialismus) und Kommunisten (s. Kommunismus), das Institut des Eigentums mit dem Hinweis darauf, daß das Sondereigentum volkswirtschaftlich unzweckmäßig, und daß es die Quelle der Ungleichheit und der Armut sei. Zum geflügelten Wort ist aus Proudhons (s. d.) Schrift »Qu'est-ce que la propriété« (Par. 1840) das Zitat geworden: »La propriété c'est le vol« (Eigentum ist Diebstahl, s. den besondern Artikel, S. 445). Dem gegenüber fehlt es natürlich nicht an Versuchen, das Eigentumsrecht theoretisch zu rechtfertigen. Insbesondere sind zu erwähnen die sogen. Persönlichkeitstheorie (Fichte, Stahl, Bluntschli), derzufolge das Privateigentum notwendige Folge der menschlichen Persönlichkeit ist, die zu ihrer wirtschaftlichen Betätigung eine Herrschaft über Sachgüter brauche; die sogen. Arbeitstheorie (Locke, Thiers, Bastiat), nach der der Mensch das Ergebnis seiner Arbeit beanspruchen dürfe; die sogen. Okkupationstheorie (Hugo Grotius), wonach das E. aus der Besitzergreifung zu erklären ist, und endlich die sogen. Legaltheorie (Hobbes, Montesquieu), die das E. aus dem Gesetz, aus der staatlichen Anerkennung erklärt.

Die gegenwärtige gesetzliche Regelung des Eigentums, d.h. die bezüglich des Eigentumsrechts gegenwärtig geltenden rechtlichen Bestimmungen finden sich in § 903 mit 1011 des Bürgerlichen Gesetzbuches und in § 366 mit 368, 474 mit 478 des Handelsgesetzbuches.

Eine Definition des Begriffes E. hat das Bürgerliche Gesetzbuch nicht gegeben, dagegen zählt es in § 903 die Hauptbefugnisse des Eigentümers auf, nämlich mit einer Sache nach Belieben verfahren und andre von jeder Einwirkung ausschließen zu können; der Eigentümer kann also frei über sein E. verfügen, soweit nicht durch Gesetz oder Rechte Dritter ihm hierbei Schranken gezogen sind.

Subjekt des Eigentums kann jede physische und juristische Person sein, jedoch sind die Beschränkungen, die landesrechtlich den Ausländern beim Erwerb von Grundstücken bisher auferlegt waren, durch Artikel 88 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch aufrecht erhalten. Ebenso sind durch das Einführungsgesetz die landesherrlichen Beschränkungen der Eigentums-, bez. Erwerbsfähigkeit der Religionsgesellschaften (Artikel 84), der Toten Hand (s. d.; Artikel 86), der Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ähnliche Vereinigungen aufrecht erhalten. Anderseits sind die zahlreichen landesherrlichen Vorschriften, nach denen Klosterpersonen zu gunsten ihrer Klöster selbst eigentumsunfähig waren, seit Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuches außer Kraft getreten.

Gegenstand des Eigentums kann jede verkehrs- und veräußerungsfähige Sache sein, jedoch ist nur an den einzelnen Sachen und nicht an einer Sachengesamtheit (z. B. einer Herde) E. möglich; eine Ausnahme hiervon bildet nur der Bienenschwarm. An Rechten, z. B. Forderungen, kennt das Bürgerliche Gesetzbuch kein E., eine Ausnahme bilden nur die Inhaberpapiere, die in sachenrechtlicher Beziehung als körperliche Sachen aufgefaßt werden. Über die dem Verkehr entzogenen Sachen, den sogen. res extra commercium, findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch keine Bestimmung. Es ist daher ein E. an den im Gemeingut aller Menschen stehenden Sachen, nämlich Luft, offenem Meer und frei fließendem Wasser, auch heute nicht möglich. Dagegen sind die res sacrae, d.h. die zum Gottesdienst bestimmten Gebäude und Geräte, die res religiosae, d.h. die Begräbnisstätten, Kirchhöfe etc., und die res publicae, wie die öffentlichen Wege, Flüsse etc., heute nicht mehr dem Verkehr entzogen, sondern stehen im E. der betreffenden Kirchenstiftung, der kirchlichen oder politischen Gemeinde oder des Staates.

Der Inhalt des Eigentums ist, wie bereits erwähnt, nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 903, 905) dahin bestimmt, daß der Eigentümer einer Sache, soweit nicht Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andre von jeder Einwirkung ausschließen kann, wobei bezüglich des Rechts des Grundstückeigentümers noch besonders hervorzuheben ist, daß sich dasselbe auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche erstreckt. Das E. hat also eine positive und eine negative Seite; nach beiden Richtungen sind jedoch dem Eigentümer Schranken gezogen. Zunächst können an der Sache Dienstbarkeiten (s. d.) bestehen; ferner sind generelle Beschränkungen des Eigentumsrechts im Interesse der Allgemeinheit getroffen, und zwar sowohl öffentliche Beschränkungen, z. B. Einschränkungen des Eigentums am Walde durch forstpolizeiliche Vorschriften (s. Forstrecht), an Baugrundstücken durch baupolizeiliche Bestimmungen (s. Baupolizei) etc., als auch private Beschränkungen, die der Beteiligte mittels Klage zur Geltung bringt. Von diesen privaten Beschränkungen sind die wichtigsten die unter dem Namen Nachbarrecht zusammengefaßten.

Die Regelung dieses Nachbarrechts ist in seinen wichtigsten Teilen eine reichsgesetzliche (Bürgerliches Gesetzbuch, § 906 mit 924). Zunächst ist dem Grundstückseigentümer geboten, gewisse unerhebliche oder ortsübliche Einwirkungen, sogen. Immissionen, zu dulden, insbes. die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen; er kann jedoch auch seinerseits verlangen, daß auf dem Nachbargrundstück nicht Anlagen gehalten oder hergestellt werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Eine mit obrigkeitlicher Genehmigung errichtete gewerbliche Anlage kann aber wegen schädlicher Einwirkungen nicht zur Einstellung des schadenbringenden Betriebes genötigt werden, vielmehr nur zur Herstellung von Einrichtungen, welche die nachteilige Wirkung ausschließen, eventuell zur Schadloshaltung (Reichsgewerbeordnung, § 26). Verboten ist dagegen, sein Grundstück derart zu vertiefen, daß das Nachbargrundstück seine Stütze verliert. über wachsende Wurzeln und überragende Zweige eines [442] Baumes oder Strauches, welche die Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigen, kann der Eigentümer desselben dann abschneiden und behalten, wenn er vergeblich dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat. Entsprechend dem gemeinen Rechte gelten auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch Früchte, die auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, als Früchte desselben, es sei denn, daß das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauche dient, sogen. Überfallsrecht (s. d.). Einen sogen. Überbau, d.h. das Bauen über die Grenze, muß der Nachbar dulden, falls jener in entschuldbarem Irrtum und ohne sofortigen Widerspruch des Nachbars ausgeführt wurde, dafür hat er jedoch Anspruch auf eine Geldrente, welche die Natur einer bevorzugten Reallast (s. d.) hat. Ebenso kann der Grundstückseigentümer, falls seinem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege fehlt (sogen., Zufuhr), von den Nachbarn gegen Entschädigung verlangen, daß sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Entstehen Zweifel über die Grundstücksgrenzen, so kann ein Nachbar vom andern verlangen, daß er zur Errichtung fester Grenzzeichen und zur Wiederherstellung erkenntlicher Grenzen mitwirke (Abmarkungspflicht). Ist Ermittelung der richtigen Grenzen unmöglich (Grenzverwirrung), so ist Grenzscheidungsklage zu erheben, bei der mangels andrer Beweise der augenblickliche Besitzstand maßgebend, eventuell jedem Grundstück ein gleiches Stück der streitigen Fläche zuzuteilen ist. Bei Grenzanlagen, wie Zwischenräumen, Rainen, Winkeln, Mauern, Hecken und Gräben, die beiden Nachbargrundstücken zum Vorteile dienen, ist im Zweifel gemeinschaftliches Benutzungsrecht, bei Bäumen und Sträuchern, die auf der Grenze stehen (Grenzbaum), E. zu gleichen Teilen anzunehmen. Ebenso aber kann jeder Nachbar auch die Beseitigung des Baumes oder Strauches verlangen, es sei denn, daß dieselben die Bedeutung von Grenzzeichen haben. Neben diesen reichsrechtlichen Vorschriften kann die Landesgesetzgebung nach Artikel 122 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch eine weitere Regelung des Nachbarrechts vornehmen. Auf Grund dieses Vorbehalts hat z. B. Bayern in Artikel 62–80 seines Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in vielfachen Beziehungen ergänzende Bestimmungen getroffen, soz. B. über das Fensterrecht (s. d.), Luftrecht (s. d.), Grenzabstand (s. d.); ähnlich ist auch Württemberg vorgegangen, während Preußen in Artikel 23 und 24 seines Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch nur einige Vorschriften über die Scheidungsmauer des rheinischen Rechts hat.

Was den Erwerb des Eigentums betrifft, so unterscheidet das Bürgerliche Gesetzbuch im Anschluß an das ältere deutsche Recht und im Gegensatze zum römischen Recht zwischen unbeweglichen und beweglichen Sachen (Immobilien und Mobilien). An unbeweglichen Sachen, d.h. an Grundstücken, wird das E. übertragen durch Einigung des Veräußerers und Erwerbers über den Eigentumsübergang und durch Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch (s. d.). Die Einigung muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor dem zuständigen Grundbuchamt erklärt werden, sogen. Auslassung (Bürgerliches Gesetzbuch, § 925). Die Veräußerung eines Grundstücks erstreckt sich im Zweifel auch auf das Zubehör, das mit dem Grundstückseigentum auf den Erwerber übergeht. An Grundstücken, deren Eigentümer im Wege des Aufgebotsverfahrens (s. d.) ausgeschlossen ist, erlangt derjenige, der das Ausschlußurteil erwirkt hat, durch die Eintragung im Grundbuch E. An herrenlosen Grundstücken hat der Fiskus des Bundesstaates, in dessen Gebiet das Grundstück liegt, ein Aneignungsrecht (§ 928). Endlich wird E. an Grundstücken noch erworben auf Grund einer Zwangsversteigerung (s. d.), im Enteignungsverfahren (s. d.) und nach Landesrecht auf Grund wasserrechtlicher Bestimmungen, z. B. am verlassenen Flußbett, sich neu bildenden Inseln etc. (vgl. Anwachsung). An beweglichen Sachen wird E. erworben durch Übertragung seitens des bisherigen Eigentümers, bei welcher Einigung der Beteiligten bezüglich des Eigentumsüberganges und Übergabe der Sache notwendig ist. Erforderlich ist die Übergabe jedoch dann nicht, wenn der Erwerber schon im Besitze der Sache ist, sogen. brevi manu traditio; ersetzt wird sie durch die Vereinbarung, daß der bisherige Eigentümer die Sache als unmittelbarer Besitzer für den Erwerber als mittelbaren Besitzer behalten soll, sogen. constitutum possessorium, sowie durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe der Sache an den Erwerber, wenn ein Dritter sich im Besitze der Sache befindet (§ 929 mit 932). Der Erwerber erlangt E. jedoch auch dann, wenn der Veräußerer nicht Eigentümer der Sache war, vorausgesetzt, daß er zur Zeit der Übergabe den Veräußerer im guten Glauben für den Eigentümer hielt. An Sachen, die dem Eigentümer oder Besitzer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen sind, erlangt aber auch der gutgläubige Erwerber kein E., es sei denn, daß es sich um Bargeld, Inhaberpapiere und in öffentlicher Versteigerung veräußerte Sachen handelt (§ 932 mit 935). Im Gegensatz hierzu erlangt dagegen derjenige, dem ein Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes eine ihm nicht gehörige Sache veräußert, auch dann deren E., wenn er zwar weiß, daß der Kaufmann nicht Eigentümer der Sache ist, ihn aber für verfügungsberechtigt hielt (Handelsgesetzbuch, § 366). Wie Grundstücke innerhalb 30 Jahren ersessen werden können (§ 927, vgl. auch Tabularersitzung), so ersitzt man das E. an beweglichen Sachen (§ 937 mit 945) innerhalb zehn Jahren durch gutgläubigen Eigenbesitz (vgl. Ersitzung). Den gemeinrechtlichen Eigentumserwerb durch Vermischung (commixtio), Verbindung (confusio) und Verarbeitung oder Umbildung (specificatio) kennt auch das Bürgerliche Gesetzbuch. Werden Sachen derartig vermischt oder verbunden, daß sie nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten getrennt werden können, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer im Verhältnis des Wertes ihres bisherigen Eigentums; erscheint eine Sache als Hauptsache, so wird deren bisheriger Eigentümer Alleineigentümer der verbundenen Sachen. Durch Verarbeitung oder Umbildung fremder Stoffe wird das E. an der neuen Sache erworben, wenn hierdurch ein erheblich höherer Wert geschaffen wurde. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche. In all diesen Fällen sind demjenigen, der auf diese Weise sein E. verliert, Entschädigungsansprüche vorbehalten (§ 946 mit 952). Erzeugnisse (Früchte) einer Sache gehören nach ihrer Trennung dem Eigentümer der Muttersache, wenn nicht einem andern das dingliche oder persönliche Recht zur Aneignung der Erzeugnisse eingeräumt ist (§ 953 mit 957). Die Aneignung [443] herrenloser Sachen erfolgt durch Inbesitznahme, sogen. Okkupation; die Aneignung von wilden Tieren, insbes. von Bienenschwärmen, ist eingehend geregelt in den § 958 mit 965 (vgl. Bienenrecht). An verlornen Sachen erwirbt der Finder E., und zwar bei Sachen, die nicht 3 Mk. wert sind, ein Jahr nach dem Funde, bei Sachen von höherm Wert ein Jahr nach Anzeige des Fundes bei der Polizeibehörde; meldet sich in der Zwischenzeit der Verlierer, so hat der Finder Anspruch auf Finderlohn (vgl. Fund). Für Sachen, die in den Geschäfts- oder Beförderungsräumen einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsanstalt gefunden werden, gelten diese Bestimmungen nicht. Ein Schatz, d.h. eine Sache, die so lange verb orgen gelegen hat, daß der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, ist zwischen dem Entdecker und dem Eigentümer des Fundortes zu teilen (§ 965 mit 984). An Schiffen, die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmt sind, sowie an Schiffsparten wird E. auch ohne Übergabe auf Grund der Vereinbarung, daß das C. sofort auf den Erwerber übergehen solle, erworben (Handelsgesetzbuch, § 474). Ähnlich ersetzt die Übergabe des Konnossements (s. d.), des Ladescheins (s. d.) und des Lagerscheins (s. d.) die Übergabe des Gutes (Handelsgesetzbuch, § 647, 450, 424). Ebenso geht, wenn ein Bankier Wertpapiere als Kommissionär eingekauft hat, das E. auf den Kommittenten mit Übersendung des Stückverzeichnisses über, letzterer kann also die Wertpapiere im Konkurse des Bankiers aussondern, ohne daß vorher eine Übergabe stattgefunden zu haben braucht (Bankdepotgesetz, § 7). Beim Erbschaftserwerb (s. d.) und bei Eingehung der allgemeinen partikulären Gütergemeinschaft (s. Ehegüterrecht) geht das E. sowohl an beweglichen als an unbeweglichen Sachen ipso jure über; bei der Zwangsversteigerung erfolgt Eigentumsübergang mit dem Zuschlag. Über Eigentumserwerb bei Einziehung s. Einziehung. In den dem Landesrecht vorbehaltenen Rechtsgebieten kann die Landesgesetzgebung besondere Erwerbsarten des Eigentums schaffen; hierher gehört insbes. der Eigentumserwerb an jagdbaren Tieren und an Fischen.

Der Verlust des Eigentums tritt bei beweglichen wie unbeweglichen Sachen stets dann ein, wenn ein andrer das E. erwirbt. Außerdem aber wird bei Grundstücken das E. durch Ausschluß im Wege des Aufgebotsverfahrens sowie durch einen dem Grundbuchamt gegenüber erklärten und in das Grundbuch eingetragenen Verzicht verloren (Bürgerliches Gesetzbuch, § 927 u. 928). Bei beweglichen Sachen geht das E. durch Untergang der Sache sowie Aufgabe des Besitzes in der Absicht, auf das E. zu verzichten, sogen. Dereliktion, verloren (Bürgerliches Gesetzbuch, § 959).

Der Schutz des Eigentums ist in wesentlicher Übereinstimmung mit dem römischen Recht nach drei Richtungen hin ausgebildet, indem das Bürgerliche Gesetzbuch dem Eigentümer drei Schutzmittel gibt: die Klage wegen Besitzentziehung, sogen. Eigentumsklage (rei vindicatio), die Klage wegen Eigentumsstörung, sogen. Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria), und die Klage aus dem frühern Besitz, bei welcher der Kläger nur seinen frühern Besitz darzulegen, nicht aber den schwierigen Eigentumsbeweis zu führen hat (probatio diabolica). Außer diesen Klageansprüchen, den sogen. petitorischen Rechtsmitteln, hat der Eigentümer noch den Abholungsanspruch, kraft dessen er seine auf ein fremdes Grundstück geratene bewegliche Sache aufsuchen und wegschaffen darf, sofern nicht die Sache inzwischen in Besitz genommen worden ist (Bürgerliches Gesetzbuch, § 1005). Mit der Eigentumsklage kann der nichtbesitzende Eigentümer von dem besitzenden Nichteigentümer die Herausgabe der Sache verlangen, der Beklagte aber kann die Herausgabe verweigern, wenn er ein dingliches oder persönliches Recht zum Besitz hat, ferner hat er einen Ersatzanspruch wegen Verwendungen, die er auf die Sache gemacht hat, sogen. Impensenanspruch (Bürgerliches Gesetzbuch, § 985 mit § 1003). Die Eigentumsfreiheitsklage ist gegeben, wenn der besitzende Eigentümer in der vollen Ausübung seines Eigentums gestört oder beeinträchtigt wird, und geht auf Beseitigung der Beeinträchtigung und auf Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen (Bürgerliches Gesetzbuch, § 1004). Die Klage aus früherm Besitz geht gegen den bösgläubigen Erwerber auf Herausgabe der Sache, gegen den gutgläubigen Erwerber aber nur, wenn die Sache dem frühern Besitzer gestohlen worden, verloren oder sonst abhanden gekommen ist (Bürgerliches Gesetzbuch, § 1007).

Trotz del geschilderten ausschließlichen Herrschaft des Eigentums über eine Sache kennt das Recht gleichwohl auch ein Miteigentum mehrerer an derselben Sache. Ein solches Miteigentum kommt in zwei Formen vor: als Gesamteigentum mehrerer, bei dem der einzelne über seinen Anteil nicht beliebig verfügen kann, sogen. Gemeinschaft zur gesamten Hand, und als Gemeinschaft nach Bruchteilen, dem Miteigentum im eigentlichen Sinne (Bürgerliches Gesetzbuch, § 1008 ff.). Das Eigentum steht hier den einzelnen Teilhabern zu, Dritten gegenüber kann jeder Miteigentümer die Eigentumsansprüche hinsichtlich der ganzen Sache geltend machen, die gemeinschaftliche Sache kann auch zu gunsten eines Miteigentümers belastet werden, wie auch jeder über seinen Anteil frei verfügen kann. Auf Antrag eines Teilhabers hat die Aufhebung der Gemeinschaft zu erfolgen, ist dies jedoch vertragsmäßig ausgeschlossen, so ist hieran auch der Rechtsnachfolger des einzelnen Teilhabers gebunden, bei gemeinschaftlichen Grundstücken jedoch nur, wenn der Ausschluß dieses Rechts im Grundbuch eingetragen ist. Über die persönlichen Beziehungen der Miteigentümer zueinander vgl. Gemeinschaft. Das früher vielfach übliche Stockwerkseigentum ist durch Artikel 182 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ausdrücklich aufrecht erhalten, soweit es beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bereits bestand, die Neubegründung eines solchen hat das Bürgerliche Gesetzbuch jedoch mit Recht ausgeschlossen, gleichwohl kann das selbe Ergebnis in der Form des Miteigentums, Teilung des Gebäudes nach Stockwerken, dauernde vertragliche Ausschließung der Teilungsklage und Eintragung dieses Übereinkommens ins Grundbuch, auch heute noch erzielt werden.

Außer dem Eigentumsrecht als einem dinglichen Recht an Sachen spricht man im übertragenen Sinn auch von einem E. an Rechten, indem man darunter die Inhaberschaft eines Rechts versteht. – Als geistiges E. wird das Recht des Urhebers an seinen Geisteserzeugnissen bezeichnet (s. Urheberrecht) sowie das Recht auf Verwertung einer Erfindung (s. Patentrecht). Letzteres wird auch gemeinsam mit dem Marken- und Musterschutzrecht (s. Fabrik- und Handelszeichen) als gewerbliches E. bezeichnet. Vgl. Lehrbücher u. Kommentare des Bürgerlichen Gesetzbuches, ferner Buhl, Das Necht der beweglichen Sachen nach[444] dem bürgerlichen Gesetzbuch (Berl. 1901); Randa, Das Eigentumsrecht, 1. Hälfte (2. Aufl., Leipz. 1893).

Volkswirtschaftliches.

Die Eigentumsordnung ist nicht immer und überall die gleiche gewesen. Bei vielen Völkern befand sich in den frühesten Zeiten der Geschichte der Grund u. Boden im E. einer Wirtschaftsgemeinschaft (Stamm, Sippe, Dorf). Bebauung desselben und Verteilung der Produkte waren verschieden geregelt. Reste eines Gemeineigens reichen bis in die Gegenwart herein, so in den Gehöferschaften, Haubergsgenossenschaften, dann in den verschiedenen Formen der Realgemeinden mit ihren Allmandenverteilungen (s. Allmande). In größerer Ausdehnung kommen die Dorfgemeinschaften (Feldgemeinschaften) heute vor in Rußland (Mir), bei den Südslawen (Hauskommunionen) und auf der Insel Java. In den Kulturländern hat sich schon frühzeitig individuelles E. (Sondereigen, Privateigentum) neben dem Gemeineigen entwickelt. Bei vielen Gütern ist Gemeinbesitz, gemeinschaftliche Bewirtschaftung und Benutzung schon durch die Natur der Sache ausgeschlossen (insbes. bei Gütern des Verbrauchs), bei andern nur in beschränktem Maß zulässig oder deswegen unzweckmäßig, weil bei mangelndem Interesse des Einzelnen an besserer Leistung der Gemeinbesitz eine unvollständige Ausnutzung von Kräften und Mitteln zur Folge hat. Demgemäß waren von jeher die beweglichen Güter auch vorzugsweise Gegenstand des Individualeigens. Letzteres erlangte mit Entwickelung von Industrie und Verkehr eine wachsende Bedeutung. Aber auch bei Grund und Boden hat es aus verschiedenen Ursachen (wirtschaftliche Entwickelung, Politik, Gesetzgebung) das frühere Gemeineigentum mehr und mehr verdrängt. Heute haben wir fast ausschließlich Sonderbesitz an Nutzungsgütern wie an Produktionsmitteln. Auch ein großer Teil des Vermögens der meisten Gemeinwirtschaften (Staat, Gemeinde etc.) trägt insofern keinen kollektivistischen Charakter, als es nach den Gesetzen der kapitalistischen Wirtschaftsverfassung bewirtschaftet und auch meist verwertet wird. Die Theorien, welche das E. rechtfertigen wollen, haben nur das Sondereigen mit Sondernutzung im Auge. Die einen bezeichnen es als ein Urrecht der menschlichen Persönlichkeit oder als göttliche und darum unantastbare Einrichtung, ohne welche Bedürfnisbefriedigung und menschliche Freiheit unmöglich sei (natürliche Eigentumstheorie). Diese Anschauung reicht jedoch nicht aus, das Privateigentum an allen Gütern zu rechtfertigen. Andre erblicken in dem E. eine Forderung der Gerechtigkeit, indem das C. teils auf die erste Besitzergreifung herrenloser Gegenstände und deren Vererbung (Okkupationstheorie), teils auf die Arbeit zurückgeführt wird (Arbeitstheorie); doch ist die Vorwegnahme vor andern ebensowenig ein Grund für Achtung des Eigentums, wie der heutige Besitz allein aus der Okkupation hergeleitet werden kann; ferner geht nicht alles Sondereigen aus der eignen Arbeit des Besitzenden hervor, wie auch der vorhandene Besitz keineswegs lediglich ein Erzeugnis der Arbeit des Besitzers und seiner Rechtsvorfahren ist. Auch der Versuch, das E. damit zu rechtfertigen, daß dasselbe ein Sporn für Fleiß und Tüchtigkeit sei, reicht allein nicht hin, da die meisten Arbeiter gar nicht Eigentümer der Produktionsmittel und der erzeugten Produkte sind. Diese natürlich-ökonomische Theorie müßte eigentlich eine Ausdehnung des Gemeineigens verlangen, da nach ihr der Arbeiter als Miteigentümer ein regeres Interesse für eine gesunde Wirtschaft haben müßte, als wenn er dem Unternehmen fremd gegenübersteht. Die Vertragstheorie will die Einrichtung des Eigentums durch die hinfällige Annahme eines stattgehabten (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Vertrags zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft begründen, während die Legaltheorie in ihr eine Schöpfung der rechtsbildenden Kräfte erblickt, die nach Umfang und Inhalt veränderlich sei. Eine soziale Rechtfertigung kann das E. nur insoweit finden, als es für den Bestand einer lebensvollen sittlichen Gemeinschaft und für allgemeine Förderung der Kul tur dienlich ist. Die heutige Gestaltung von Verkehr und Technik, dann der menschliche Charakter machen den Bestand des (wenn auch nicht immer unbeschränkten) Sondereigens an den meisten Gütern unumgänglich nötig, da nur durch ihn die fruchtbarste Verwendung von Kräften und Mitteln gesichert erscheint. Auch in Zukunft wird voraussichtlich das Sondereigen nicht beseitigt werden können. Wie aber früher das Gemeineigen vorherrschte und heute große Unternehmungen bestehen, ohne daß der Besitzer sein Interesse wie eine Privatperson überall wahrnehmen kann (Aktiengesellschaften, staatliche und gemeindliche Erwerbsanstalten), so können auch in Zukunft die Gebiete, in denen die Produktionsmittel der ausschließlichen Verfügung zu gunsten eines Einzelnen entzogen und mehr dem Interesse der Gesamtheit dienstbar sind, an Ausdehnung zunehmen. Vgl. Thiers, De la propriété (Par. 1848; deutsch, Berl. 1848); A. Wagner, Die Abschaffung des privaten Grundeigentums (Leipz. 1870); Mayer, Das E. nach den verschiedenen Weltanschauungen (Freiburg 1871); Laveleye, De la propriété et de ses formes primitives (Par. 1874; deutsche erweiterte Bearbeitung von Bücher u. d. T.: »Das Ureigentum«, Leipz. 1879); Felix, Entwickelungsgeschichte des Eigentums (das. 1883–1903, Bd. 1–4); ferner die neuern Lehrbücher der Nationalökonomie, in denen diesem Gegenstand mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als in den ältern. S. auch Sozialismus und Kommunismus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 442-445.
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