Cento [1]

[810] Cento (lat.), 1) aus verschiedenen Stücken zusammengesetztes Zeuch; 2) grobes Tuch, welches unter den Tragsattel der Lastthiere gelegt od. womit die Belagerungsmaschinen zur Schwächung der Kraft der geworfenen Geschosse überdeckt wurden; auch ließ man dieselben an der Mauer herab, um die Stöße des feindlichen Aries (s.d.) zu schwächen; 3) (Poet.), Gedicht aus verschiedenen Stellen eines od. mehrerer Dichter (meist Virgils, daher Centones Virgiliani) so zusammengesetzt, daß sie in dieser neuen Zusammenstellung anderen Inhalt erhielten. Ausonius versuchte diese Künstelei zuerst in einem Epithalamium (C. nuptialis) mit virgilianischen Versen; ihm folgte Hosidius Geta in seinem Trauerspiel Medea, Tertullian in der metrischen Einkleidung von Kebes Tafel, Proba Falconia od. Faltonia (am Ende des 4. Jahrh. über die biblische Geschichte aus virgilianischen Versen, herausgeg. Basel um 1475, Antw. 1489, Par. 1550, von Meibom, Helmst. 1597, von Kromayer, Halle 1719); der Mönch Metellus in Tegernsee (im 12. Jahrh. geistliche Lieder aus Horatius u. Virgilius), Capilupus ans Mantua u. sein Enkel (im 16. Jahrh. unsittliche); Etienne de Pleure (Sacra Aeneis, die Thaten Christi, aus virgilischen Versen, Pat. 1618), der Schotte Alexander Rosse (Virgilius christ ian iza ns, Lond. 1638, Rotterd. 1653 u.ö.), Fulvio Ursini, Marc. Welser, H. Meibom, Otto Gryphius (Vita Christi, Regensb. 1594); Chr. Dietr. Steinmann (De nativitate Servatoris, Helmst. 1670), Ägidius Bavarius (Catechismus versibus virgilianis, Antw. 1622); auch mit weltlichen Sujets, wie Bern. Ramazzini (De bello siculo, Mod. 1677), Daudé (Sibylla Capitolina, eine Satyre gegen die Bulle Unigenitus, Oxf. 1726). Auch griechische C-en hat man, z.B. Homerocentones aus der byzantinischen Zeit (nach Ein. von Eudokia, od. nach And. von Pelagios Patrikios), wo biblische Geschichten aus homerischen Versen zusammengesetzt sind, herausgeg. Vened. 1504, Frankf. 1541 (mit denen der Proba Falconia), Par. 1578, von Teucher, Lpz. 1793. Mehrere italienische Dichter machten C-en (Centoni) aus Petrarca, u. zwar theils aus ganzen Versen od. aus Halbversen, welche sie dazu aus Petrarcas Gedichten nahmen u. zu neuen Gedichten zusammensetzten, so Bembo, Vittoria Colonna, Lelio Capilupi, Sig. Filogenio Paolucci, Fil. Massim, Giul. Bidelli, Bern. Tomitano, Rom. Merighi, Hier. Maripetro u. A. Aus Ottaven verschiedener Dichter setzte Ottavio Betramo sein Gedicht Il Vessu vio (Neap. 1634) zusammen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 810.
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